Luftfahrt : Lufthansa: Wieder Verhandlungen in Berlin - Rettung auch der AUA gefährdet

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Zwei Minister, der Vorstandschef und der Großaktionär der AUA-Mutter Lufthansa haben Insidern zufolge über das staatliche Rettungspaket für die Airline bei einem Treffen im deutschen Finanzministerium beraten.

An dem rund eineinhalb Stunden langen Gespräch nahmen Finanzminister Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Lufthansa-Chef Carsten Spohr sowie Hauptaktionär Heinz Hermann Thiele teil, sagten drei mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Nach dem Gespräch im Finanzministerium gaben die Teilnehmer vor Journalisten keinen Kommentar ab.

Milliardär Thiele bringt gesamten Rettungsplan in Gefahr

Thiele begehrt vor allem wegen des Staatseinstiegs bei der Lufthansa mit 20 Prozent gegen den mühsam ausgehandelten Rettungsplan von bis zu neun Mrd. Euro Finanzhilfen auf. Der 79-Jährige hält inzwischen 15,52 Prozent und könnte mit seinen Anteilen den Plan auf der außerordentlichen Hauptversammlung am Donnerstag zu Fall bringen.

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Finanzminister Scholz hatte Änderungen an dem Plan vergangene Woche ausgeschlossen und setzt jetzt auf Überzeugungskraft: Die Regierung habe mit der Lufthansa ein sehr gutes Paket ausgehandelt, das auch die Zustimmung der EU-Kommission finde, sagte er vor dem Gespräch mit Thiele bei einer Finanzkonferenz in Frankfurt, zu der er zugeschaltet war. "Ich glaube, über den Vorschlag zu diskutieren - was wir tun, um klarzumachen, worum es geht - könnte einen Konsens bringen", ergänzte er in seinem Redebeitrag.

Die Lufthansa sei ein sehr erfolgreiches Unternehmen. Die Regierung müsse es möglich machen, dass es die kritische Lage durch die Coronapandemie überlebe. Die Unsicherheit über die Zukunft von Europas größter Airline ließ Lufthansa-Aktien am ersten Handelstag nach dem DAX-30-Abstieg um fast neun Prozent absacken.

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Rettung auch der AUA in Gefahr

Falls in Deutschland das staatliche Rettungspaket für die Lufthansa am Widerstand des Großaktionärs Heinz Hermann Thiele doch noch scheitern sollte, wäre auch der Deal zur Rettung der österreichischen Lufthansa-Tochter AUA gefährdet. "Bei einer eventuellen Ablehnung des vorliegenden deutschen Deals muss man die Situation in Österreich neu bewerten", hieß es aus Regierungskreisen in Wien.

"Der AUA-Deal sieht als Grundvoraussetzung eine Einigung der deutschen Regierung mit der Lufthansa vor", hieß es auf Anfrage der APA. Daher gelte es jetzt die Hauptversammlung der Lufthansa am Donnerstag abzuwarten.

Sprecher: Paket in Österreich hält

Bei der AUA selbst gab man sich zuversichtlich. "Das österreichische Corona-Hilfspaket ist fertig geschürt und alle Stakeholder inklusive der Lufthansa haben dem Deal zugestimmt", sagte AUA-Sprecher Peter Thier zur APA. Es gebe daher Grund zur Annahme, dass unabhängig von der Lufthansa-Hauptversammlung das Paket in Österreich hält.

Lufthansa aus dem Dax abgestiegen

Nach fast genau 32 Jahren ist vorerst Schluss: DAX-Gründungsmitglied Lufthansa muss den Platz in der ersten deutschen Börsenliga räumen. Seit dieser Woche werden die Aktien der größten Fluggesellschaft Deutschlands und Muttergesellschaft der AUA im MDAX der mittelgroßen Werte gehandelt. Den Platz im Deutschen Aktienindex übernimmt die Deutsche Wohnen.

Sollte der Rettungsplan scheitern, könnte die Lufthansa Spohr zufolge ein Schutzschirmverfahren beantragen - ein auf Sanierung ausgerichtetes Insolvenzverfahren. Dies sei mit großen Risiken verbunden, weil nur wenig Zeit für einen Neustart sei, warnte Ruxandra Haradau-Döser, Branchenexpertin vom Investmentberater Kepler Cheuvreux. "Ein Schutzschirmverfahren für die Lufthansa wäre für die Exportnation Deutschland eine große Blamage", sagte sie. Lufthansa-Rivalen wie Air France KLM oder Easyjet und US-Airlines wurden weitaus geräuschloser mit staatlich abgesicherten Krediten versorgt.

Konzernchef Spohr: Vermeidung der Pleite ist oberstes Ziel

Bei einem Schutzschirmverfahren bräuchte die Lufthansa umgehend mehrere Milliarden Euro Kredit, um den Flugbetrieb nicht einstellen zu müssen. Sie hätte dann drei Monate Zeit, um mit Geldgebern einen Sanierungsplan zu erstellen. Lufthansa-Chef Spohr hatte in einem Brief an die rund 138.000 Mitarbeiter am Sonntag erklärt, oberstes Ziel sei, die Insolvenz zu vermeiden.

Da das Unternehmen unter dem Schutzschirm alle Verträge - auch Arbeitsverträge - kündigen kann, würde sich der Druck auf die Gewerkschaften erhöhen. Spohr wollte mit der Vereinigung Cockpit (VC) für die Piloten, der Flugbegleitergewerkschaft UFO und der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi bis zum heutigen Montag ein Sparpaket aushandeln. Damit soll verhindert werden, dass die rechnerisch 22.000 überzähligen Vollzeitstellen gestrichen werden. Bis zum Mittag zeichnete sich noch keine Einigung bei den noch laufenden Verhandlungen mit VC und UFO ab. (reuters/dpa/apa/red)