Transportwesen : Lkw-Kartell: Erste Klagen aus Österreich

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Rund 3, 8 Milliarden Euro mussten Daimler, Volvo/Renault, Iveco und DAF aufgrund von Preisabsprachen bereits an Bußgeldern zahlen, jetzt geht die Causa in die nächste Runde. Am Wort sind die geschädigten Kunden, den am Lkw-Kartell beteiligten Unternehmen drohen Schadenersatzforderungen in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro.

Während die Klagswelle in Deutschland bereits voll angelaufen ist, agiert man hierzulande noch zurückhaltend. Die Frächter- und Speditionsbranche sei eher kleinteilig aufgestellt. Um einen derartigen Gutachterstreit vor Gericht auszutragen, brauche es einen langen Atem, sagt Peter-Michael Trotter, Geschäftsführer des Fachverbands Güterbeförderungsgewerbe in der WKO: „Für mittelständische Unternehmen ist das vor allem eine Frage der finanzielle Möglichkeiten. Da überlegt man zweimal, ob man es sich mit einem Weltkonzern anlegen will.“ Die fehlende Möglichkeit von Sammelklagen sei da sicher ein wichtiger Aspekt, dass Geschädigten oftmals nicht zu ihrem Recht verholfen werde.

Verjährungsfristen sind zu beachten.

Noch bis Mitte des Jahres haben Unternehmen die Möglichkeit, sich via Creditale an einer gemeinsamen Klage zu beteiligen. Hannes Eisner, Geschäftsführer der Österreich-Tochter des Prozessfinanzierers, mahnt zur Eile, schließlich gelte es auch Verjährungsfristen zu berücksichtigen. Bereits im Vorjahr hat Eisner im Namen von österreichischen Unternehmen Klagen in München und Stuttgart eingebracht. Künftig wird der Gerichtsstand Österreich sein. Klagen kann jeder, der im Kartellzeitraum von 1997 bis 2011 Lkw der Firmen Daimler, Volvo/Renault, Iveco, DAF und MAN gekauft oder geleast hat. MAN kam als Kronzeuge ohne EU-Strafe davon, Schadensansprüche können jedoch geltend gemacht werden.

Uneinigkeit herrscht über die Höhe der zu erwartenden Entschädigungsleistungen. Deutsche Kartellexperten gehen davon aus, dass die Kaufpreise um bis zu 20 Prozent zu hoch ausgefallen sein dürften. Eisner kalkuliert vorsichtiger. Er rechnet mit acht bis zehn Prozent. Pro LKW käme man da im Schnitt auf 8.000 bis 10.000 Euro, so Eisner. Creditale vertritt vorerst nun jene geschädigten Großkunden, die im Kartellzeitraum mindestens 50 Lkw gekauft haben. Man überprüfe allerdings eine Lockerung der Voraussetzungen, so Eisner. Gemeinsam mit der WKO ist in den nächsten Wochen eine Informationsveranstaltung geplant, bei der sich betroffene Spediteure noch einmal alle Infos zur Causa holen und sich gegebenenfalls an der Klage beteiligen können. Spätestens im Sommer will man den Datenpool schließen, die fertige Klage wird soll Anfang 2019 eingebracht werden, sagt Eisner. Wird der Prozess gewonnen, erhält Creditale 30 Prozent und die geschädigten Frächter 70 Prozent, verlieren die Kläger den Prozess, müssen sie die 30 Prozent des Erfolgshonorares an den Prozessfinanzierer bezahlen.

ÖBB überlegt Klage.

Bislang nicht geklagt hat Österreichs größtes Infrastrukturunternehmen, die ÖBB. „Wir denken noch darüber nach“, heißt es dazu aus der Konzernzentrale. Der Flughafen Wien wurde bereits im Vorjahr aktiv. „Wir haben uns den deutschen Flughafenbetreibern angeschlossen und gemeinsam eine Feststellungsklage eingebracht“, sagt Flughafen-Sprecher Peter Kleemann. Derzeit werde überprüft, welche Schadenersatzforderungen legitim sind.

In Deutschland schlägt diese Klage bereits jetzt schon hohe Wellen. Schließlich betrifft sie nicht nur die Betreibergesellschaften der deutschen Flughäfen, sondern auch die Deutsche Bahn, die Bundeswehr und rund 35 weitere geschädigte Großunternehmen. Die Rede ist von einer der größten Kartellklagen in der Geschichte des Landes, Brancheninformationen zufolge geht es um 35.000 Fahrzeuge im Einkaufswert von mehr als zwei Milliarden Euro.