Handelskonflikt : Laufende Gespräche zwischen EU und China: Druck ohne Druckmittel?

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Die EU will China zur Einhaltung von Zusagen in Fragen des Handels- und Klimaschutzes bewegen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel tauschten sich dazu mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang aus. Am Nachmittag sollte dann noch ein Gespräch mit Präsident Xi Jinping folgen.

Die Zusammenarbeit mit der EU überwiegt nach Worten von Chinas Ministerpräsident Li Keqiang den Wettbewerb seines Landes mit Europa. China sei gewillt, die Kooperation mit der Europäischen Union für eine Schutzimpfung gegen Covid-19 und die Entwicklung von Medikamenten gegen die Viruserkrankung zu vertiefen, sagte der Regierungschef nach chinesischen Medienberichten. China hoffe darauf, dass die EU Ausfuhrkontrollen gegen China lockern werde, sagte Li.

Ärgernis für die EU sind unter anderem die langsamen Fortschritte bei den Verhandlungen über ein Investitionsabkommen. Diese laufen bereits seit mehr als sechs Jahren, haben bisher aber noch keine konkreten Ergebnisse gebracht.

Die EU hatte China deswegen zuletzt offen mangelnden Einigungswillen und einen Verstoß gegen Absprachen vorgeworfen. Im vergangenen Jahr eingegangene Verpflichtungen zu Themen wie Marktzugang wurden demnach bislang nicht ausreichend umgesetzt.

Als ein Beispiel für ungerechte und diskriminierende Behandlung nannte eine EU-Beamtin den Umgang mit Unternehmen aus der Fleischwirtschaft. So hätten die chinesischen Behörden bereits mehr als 1000 US-amerikanischen Betrieben eine Erlaubnis für Exporte nach China erteilt. Aus der EU hätten hingegen bisher gerade einmal 100 Unternehmen eine entsprechende Zulassung bekommen.

Auch um den Druck auf China zu erhöhen, kündigte die EU-Kommission jüngst Arbeiten an neuen Abwehrinstrumenten gegen unfaire Konkurrenz an. Sie sollen sich vor allem gegen Subventionen richten, die die Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen in der EU verzerren.

Bei alldem muss die EU allerdings immer aufpassen, nicht den Interessen europäischer Unternehmen auf dem riesigen chinesischen Markt zu schaden. Dieser ist für viele EU-Unternehmen als Wachstumsmarkt weiter äußerst relevant.

Von chinesischer Seite bestand wohl auch deswegen die Hoffnung, die Gespräche auch für ihre Zwecke nutzen zu können. "Ich glaube, dieser China-EU-Gipfel wird ein klares Signal senden, dass China und Europa den Multilateralismus nachdrücklich unterstützen", zitierte das chinesische Staatsfernsehen Zhang Ming, den chinesischen EU-Botschafter in Brüssel. Beide Seiten seien entschlossen, die Stabilität der globalen Lieferketten aufrechtzuerhalten und Reformen bei der Welthandelsorganisation WTO voranzutreiben, so der Botschafter.

Indirekt machte er damit deutlich, dass Peking darauf setzt, die EU im Handelskonflikt mit den USA auf seine Seite ziehen zu können. Wie China ist nämlich in den vergangenen Jahren auch die EU Ziel von Sonderzöllen von US-Präsident Donald Trump geworden.

Dem entgegen steht, dass China aus EU-Sicht auch in Umweltschutz-und Menschenrechtsfragen alles andere als vorbildlich agiert. Zunehmend problematisch wird so zum Beispiel Pekings Engagement beim Klimaschutz gesehen.

"China sorgt sich um das Klima, aber die Frage ist, ob es sich genügend sorgt, um sich so schnell zu bewegen wie es sich bewegen sollte", hieß es aus der EU-Kommission. So habe das Land noch immer eine Industrie mit "schrecklich geringer Energieeffizienz" und wieder damit begonnen, Kohlekraftwerke zu bauen. Zudem sei trotz mehrfacher Ankündigungen noch immer nicht das geplante Emissionshandelssystem gestartet.

Die EU wollte bei den Spitzengesprächen zudem auch die Entwicklungen in der chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong ansprechen. Dort kam es zuletzt wegen eines von China geplanten Sicherheitsgesetzes wieder zu großen Protesten. Auch aus EU-Sicht steht das Gesetz nicht in Einklang mit den internationalen Verpflichtungen Chinas und dem Grundgesetz Hongkongs.

Um den Abschluss des Investitionsabkommens feiern zu können, hatte es eigentlich im September einen großen EU-China-Gipfel in Leipzig geben sollen. Dieser wurde jüngst allerdings ohne Angabe eines neuen Termins verschoben - offiziell allerdings nicht wegen den ausgebliebenen Fortschritten in den Verhandlungen um das Investitionsabkommen, sondern wegen der Corona-Pandemie. (dpa/reuters/apa/red)