Chemische Industrie : Konzernchef: Prozesse zu Glyphosat schaden Bayer "massiv"

Die Prozesse um die angeblich krebserregende Wirkung des Unkrautvernichters Glyphosat kratzen nach den Worten von Konzernchef Werner Baumann am Image von Bayer. "Wir haben zwei Fälle erstinstanzlich verloren. Aufgrund dieser Tatsache ist das Unternehmen ziemlich massiv betroffen, Sie sehen es an unserem Aktienkurs", sagte Baumann auf einer Tagung in Köln.

Baumann: "Sie sehen es an unserem Aktienkurs"

Deutlich werde dies an den Reputationswerten vor allem in Deutschland und Frankreich, weniger in den USA. "Und deshalb sind die Herausforderungen in diesem Bereich mit der Akquisition von Monsanto erheblich gestiegen", sagte der Bayer-Chef. "Es wird viel Politik, viel Stimmung und Meinung gemacht, die vollkommen dem derzeitigen Regulierungsstatus unserer Produkte entgegensteht."

In den USA sieht sich der Leverkusener Pharma- und Agrarchemiekonzern mit mehr als 11.200 Klägern wegen des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Roundup von Monsanto konfrontiert. In zwei Fällen wurde das Unternehmen zu millionenschweren Schadenersatzzahlungen verurteilt. Bayer hat zwar Berufung eingelegt, viele Experten gehen aber bereits von einem teuren Vergleich aus.

Aktuell zu Bayer:

Nach Megaübernahme in den USA: Bayer streicht 12.000 Arbeitsplätze >>

Bayer: "Kauf von Monsanto war und ist eine gute Idee" >>

Hintergrund: Wie gefährlich wird Monsanto für Bayer? >>

Kürzlich hatte Baumann noch bekräftigt: "Der Monsanto-Kauf war und ist eine gute Idee." Die milliardenschwere Übernahme des Glyphosat-Entwicklers habe Bayer mit "größter Sorgfalt" geprüft. Der Kauf von Monsanto kostete Bayer 63 Mrd. Dollar (55,86 Mrd. Euro). Seit August hat der Konzern gut 31 Mrd. Euro an Börsenwert eingebüßt. (reuters/apa/red)

Aktuell zu Glyphosat:

Bayer veröffentlichte 107 Studien zu Glyphosat >>

Wiener Linien: Kein Pflanzengift Glyphosat mehr auf die Gleise >>

Französischer Bauer fordert eine Million Euro von Bayer - und bekommt recht

Im Rechtsstreit um Gesundheitsschäden mutmaßlich durch ein Unkrautvernichtungsmittel der Bayer-Tochter Monsanto hat ein französischer Landwirt erneut Recht bekommen. Das Berufungsgericht in Lyon entschied, Monsanto sei wegen "fehlerhafter Produkte" verantwortlich.

Der heutige Biobauer Paul Francois führt schwere Gesundheitsprobleme auf den inzwischen verbotenen Unkrautvernichter Lasso von Monsanto zurück, mit dem er früher seine Felder behandelte. Der Landwirt gibt an, unter schweren neurologischen Schäden zu leiden, seit er 2004 Dämpfe des Herbizids einatmete.

Erkrankter Bauer will mehr als eine Million Euro Schadenersatz

In erster Instanz 2012 und im Berufungsverfahren 2015 gaben französische Gerichte Francois Recht, Monsanto legte jedoch Rechtsmittel ein. Seit Anfang Februar verhandelte das Berufungsgericht in Lyon daher erneut über den Fall. Francois will mehr als eine Million Euro Schadenersatz von dem Unternehmen erstreiten. Lasso ist seit 2007 in Frankreich verboten.

In den USA war Monsanto im August zur Zahlung von Schadenersatz an einen früheren Hausmeister verurteilt worden, der den Unkrautvernichter Roundup für seine Krebserkrankung verantwortlich macht. Ende März befand eine Jury in einem weiteren Verfahren zudem, dass Monsanto nicht ausreichend vor den Risiken des Einsatzes von Roundup gewarnt habe. Monsanto muss demnach fast 81 Millionen Dollar (knapp 72 Millionen Euro) an einen an Krebs erkrankten Kläger aus den USA zahlen. Tausende weitere Klagen sind in den Vereinigten Staaten anhängig. (afp/apa/red)

Nach zwei Niederlagen in Prozessen um angebliche Krebsrisiken von Produkten der Tochter Monsanto soll der Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer nach einer gütlichen Einigung mit Klägern suchen. US-Richter Vince Chhabria, bei dem mehrere Hundert Klagen von Bauern, Gärtnern und Konsumenten gebündelt sind, forderte Bayer und Kläger in einer Anweisung vom Donnerstag auf, einen Mediator einzuschalten.

Sollten sich die beiden Seiten nicht einigen können, werde ein Mediator gerichtlich bestellt. Zudem strich der Richter einen für Mitte Mai angesetzten Prozess vorerst. Bereits in der vergangenen Woche hatte es Spekulationen über eine Aufforderung zur Mediation gegeben.

Bayer hatte Ende März einen richtungweisenden Fall am Bundesbezirksgericht in San Francisco unter Vorsitz von Chhabria verloren. Die Geschworenen-Jury urteilte, dass Monsanto für Krebsrisiken des Unkrautvernichters Roundup haftbar ist und dem 70-jährigen Kläger Edwin Hardeman Schadenersatz in Gesamthöhe von 80,3 Millionen Dollar (71,4 Mio. Euro) zahlen muss. Bereits im vergangenen Jahr hatte eine Jury an einem anderen Gericht Monsanto in einem anderen Fall zu einer Millionenzahlung verdonnert.

Bayer betont weiterhin die Sicherheit glyphosatbasierter Herbizide und beruft sich auf zahlreiche wissenschaftliche Studien. Der Dax-Konzern geht gegen die Urteile vor.

Aktuell läuft ein weiteres Verfahren - allerdings bei einem Landgericht - im kalifornischen Oakland. Bei den Klägern handelt es sich um ein krebskrankes Pensionistenehepaar, das jahrelang mit Roundup hantierte und den Unkrautvernichter für sein Leiden verantwortlich macht.

Per Ende Jänner lagen Bayer bereits Klagen von 11.200 Klägern vor. Analyst Richard Vosser von der US-Bank JPMorgan geht davon aus, dass die Zahl auf mindestens 15.000 steigen wird. Er rechnet mit Belastungen für Bayer von fünf Milliarden Euro. (dpa/apa/red)