Chemische Industrie : Kanzler Kern für ein komplettes Verbot von Glyphosat

SPÖ-Chef Christian Kern tritt für ein Totalverbot des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat ein. Die SPÖ werde im EU-Unterausschuss des Nationalrates am 3. Oktober versuchen, eine Mehrheit zu finden, um Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) dazu zu verpflichten, auf EU-Ebene gegen eine weitere Zulassung zu stimmen. Ziel sei ein EU-weites Verbot, alternativ eines in Österreich.

Kern gab sich überzeugt davon, im Unterausschuss die entsprechende Mehrheit zu finden. Bei den Grünen bestehe kein Zweifel, diese hatten dieses Vorgehen im Unterausschuss ja selbst vorgeschlagen. Und auch die FPÖ habe bereits signalisiert, für ein Verbot eintreten zu wollen, die Bindung werde daher voraussichtlich eine Mehrheit finden.

Gefragt, ob Kern glaube, dass der Landwirtschaftsminister auf EU-Ebene gegen eine weitere Zulassung stimmen werde, sagte Kern: "Er wird das müssen, weil ihn der Nationalrat dafür bindet." Sollte dieses Eintreten mit nur wenig Leidenschaft erfolgen, so sei das kein Problem: "Ich werde mich selbst um die Überzeugungsarbeit kümmern", so der Kanzler.

Weltgesundheitsorganisation: Pflanzengift "wahrscheinlich krebserregend"

Untermauert wurde die Position der SPÖ durch den Hinweis darauf, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Pflanzenvernichtungsmittel als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft hat. In Österreich würden pro Jahr rund 300 Tonnen des Mittels verkauft und aufgebracht, Experten würden dringend vor einer weiteren Benützung von Glyphosat warnen, so die SPÖ. Daher trete man für ein Totalverbot ein, so Kern.

Auch Helmut Burtscher-Schaden, Buchautor ( "Die Akte Glyphosat") und Global 2000-Umweltchemiker, der gemeinsam mit Kern an der Pressekonferenz teilnahm, sprach sich für ein Totalverbot aus. Er bat Kern darum, in dieser Sache Allianzen auf EU-Ebene zu suchen. Einen Partner habe man hier mit Frankreich, dass sich bereits zum Ausstieg bekannt habe. Er hoffe, dass es im Unterausschuss eine breite Mehrheit für eine Bindung für ein Nein zur weiteren Zulassung gebe, sagte er.

Burtscher-Schaden verwies auch auf die Problematik der Studien, die zu unterschiedlichen Bewertungen des Mittels kommen. Ein Institut, die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (Efsa), dass die Mitteln für die EU-Kommission bewertet, habe auch teilweise vom Genehmigungsantrag, den der Agrarriese Monsanto gestellt hat, abgeschrieben - und komme zum Schluss, dass das Mittel nicht schädlich für die Erbsubstanz sei.

Die Efsa hält den Stoff für wahrscheinlich nicht krebserregend bei Menschen. Ähnlich sieht das ein Ableger der Weltgesundheitsorganisation WHO, das Joint FAO/WHO Meeting On Pesticide Residues (JMPR). Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der WHO stuft die Substanz hingegen als wahrscheinlich krebserregend ein. Allerdings bewertet die Behörde die Beweislage dafür, dass Glyphosat Krebs auslösen könnte - und nicht das Risiko, tatsächlich an Krebs zu erkranken.

Neben dem Eintreten für ein Totalverbot für Glyphosat machte sich Kern am Dienstag auch noch für weitere Umweltthemen stark. So gelte es für die nächste Regierung, ein Gesamtkonzept zur Umweltpolitik vorzulegen, was bisher an der ÖVP gescheitert sei. Als Beispiel brachte er die Problematik von Nitrat im Grundwasser. Der entsprechende Aktionsplan sei bisher an den Interessen der industriellen Schweinemastbetriebe gescheitert.

Auch gelte es, einen Rückzug aus Palmöl zu forcieren, auf EU-Ebene müsse es zum Versuch kommen, hier die Grenzwerte in Lebensmitteln zu reduzieren. Und auch die Beimischung in Dieselkraftstoffe müssten reduziert - und letztlich abgeschafft - werden. Grundsätzlich gelte es, Maßnahmen im Umweltbereich als Chance, auch für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt zu erkennen, so Kern. Man müsse verstärkt auf effizientere Energiegewinnung wie Photovoltaik, Windkraft und Kleinkraftwerke setzen. Außerdem formulierte Kern das Ziel, Elektroautos bis ins Jahr 2030 genauso attraktiv zu machen wie Verbrenner-Modelle. (apa/red)