Kraftwerkbau : Iraker Milliardenaufträge: Siemens kämpft weiter - auch für Werke in Österreich

Siemens und sein US-Rivale General Electric teilen sich offenbar Großaufträge zum Ausbau der Energieversorgung im Irak. Beide Firmen gaben bekannt, sie hätten mit dem irakischen Energieministerium Vorverträge über Großprojekte unterzeichnet.

Standorte in Wien und Weiz könnten profitieren

Vom geplanten Milliarden-Auftrag im Irak könnte auch Siemens Österreich profitieren.

Falls Siemens den Auftrag gewinnt, wären das wohl auch für Siemens Österreich mit seinen rund 10.000 Mitarbeitern gute Nachrichten. Die kriselnde Siemens-Kraftwerkssparte hat nämlich auch einen Standort in Wien. Vergangenen November waren für Wien wegen rückläufiger Aufträge rund 200 Stellenstreichungen angekündigt worden.

Werk in Weiz bereits beim Großprojekt in Ägypten beteiligt

Das Projekt im Irak wäre innerhalb von nur etwas mehr als zwei Jahren schon das zweite Großprojekt, das Siemens im Nahen Osten für seine Kraftwerksparte gewinnen würde.

Vor wenigen Monaten schloss der Konzern in Ägypten den Bau von drei neuen Gas- und Dampfturbinen mit einer Stromerzeugungskapazität von 14,4 Gigawatt ab - nur rund zwei Jahre, nachdem man den Zuschlag mit einem Volumen von 8 Mrd. Euro erhalten hatte. Das Siemens-Werk im oststeirischen Weiz steuerte dabei die 24 Transformatoren bei. Mehr zu diesem Projekt hier: Rekordtempo beim größten Einzelauftrag von Siemens in Ägypten >>

Sprecher: Noch viel zu früh für konkrete Aussagen

Für konkrete Auswirkungen der Vorhaben im Irak auf Siemens Österreich sei es noch viel zu früh, betonte ein Siemens-Sprecher in Wien gegenüber der APA unter Verweis auf die Tatsache, dass der Deal im Irak noch nicht fix ist. Denn sowohl die unterzeichneten Erklärungen von Siemens als auch von GE sind derzeit rechtlich bindend - und genau deshalb machen sowohl Washington als auch Berlin hinter den Kulissen mächtig Druck.

Joe Kaeser: Siemens baut Kapazitäten von elf Gigawatt

Siemens-Chef Joe Kaeser twitterte zuletzt, man habe eine richtungweisende Absichtserklärung unterzeichnet und wolle auf den Gebieten Energieversorgung, Gesundheit und Ausbildung zusammenarbeiten. Siemens werde im Irak elf Gigawatt an zusätzlichen Kraftwerkskapazitäten aufbauen. GE gab ebenfalls am Sonntag eine Vereinbarung mit dem Ministerium bekannt, nach der der US-Konzern in dem Land bis zu 14 Gigawatt Stromerzeugung aufbauen werde.

Kaeser und der irakische Elektrizitätsminister Kasim al-Fahdawi unterzeichneten eine Absichtserklärung für den Wiederaufbau der Energieinfrastruktur in dem Land, wie Siemens und das Ministerium am Sonntag mitteilten. Mit GE wurde eine ähnliche Absichtserklärung unterzeichnet, wie das irakische Elektrizitätsministerium mitteilte.

Insider: Noch nichts entschieden

Eine mit den Verhandlungen vertraute Person sagte der Nachrichtenagentur AFP in Bagdad, die Absichtserklärungen für den potenziellen Milliardendeal seien nicht bindend. Noch sei nichts entschieden und alle Gespräche könnten auch in letzter Minute platzen.

Washington hat offenbar direkt interveniert

Der Wert der Aufträge wurde nicht genannt. In den vergangenen Tagen war spekuliert worden, Siemens könne nach einer Intervention der US-Regierung zugunsten von GE bei dem Milliardenprojekt leer ausgehen. Die "Financial Times" hatte am Mittwoch unter Berufung auf Insider berichtet, die USA hätten Druck auf die Regierung in Bagdad ausgeübt. Siemens hatte angeboten, in den nächsten vier Jahren im Irak Kraftwerke mit einer Leistung von elf Gigawatt zu bauen. Dabei war ein Auftragsvolumen von rund elf Milliarden Euro genannt worden.

"Der Druck der Amerikaner war heftig"

Ein Vertreter des Energieministeriums in Bagdad bestätigte, dass die USA auf die Auftragsvergabe Einfluss genommen hätten. Es hätten Angebote von beiden Firmen vorgelegen, sagte er: "Der Druck der Amerikaner war heftig." Mehr dazu: "America First": Milliardenauftrag im Irak geht an GE statt an Siemens >>

Berlin hält dagegen

Die deutsche Regierung wiederum unterstützte Siemens beim Bemühen um den Großauftrag. Kaeser wurde in Bagdad vom parlamentarischen Wirtschaftsstaatssekretär Thomas Bareiß (CDU) begleitet. Am Sonntag begrüßte Bareiß die Unterzeichnung der Absichtserklärung. Die Bundesregierung "unterstützt diesen langfristigen Prozess", erklärte er. Das Siemens-Konzept sei "sehr überzeugend".

Um den Münchnern einen Vorteil zu verschaffen, soll sich laut "Handelsblatt" sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eingeschaltet haben. Sie habe dafür den irakischen Ministerpräsidenten Haider al-Abadi angerufen.

Eckdaten zu den Plänen von Siemens im Irak

Allerdings ist al-Abadi nicht mehr lange im Amt. Der neue irakische Präsident Barham Saleh hatte Anfang Oktober den unabhängigen Politiker Adel Abdel Mahdi mit der Regierungsbildung beauftragt, die seit den Parlamentswahlen im Mai stockte.

Der Irak soll im Zuge des Wiederaufbaus nach den immensen Kriegszerstörungen verlässlich elektrifiziert werden. Der Vorschlag von Siemens sieht vor, binnen vier Jahren die Stromversorgung von 23 Millionen Irakern sicherzustellen. Dafür will der Konzern Energieerzeugungskapazitäten von elf Gigawatt aufbauen. Iraks Stromerzeugung würde dadurch um fast 50 Prozent steigen. Außerdem sollen mehrere zehntausend Arbeitsplätze entstehen.

(red mit reuters/afp/apa)