Internethandel : Internethandel: Löwenanteil des Umsatzes an ausländische Konzerne

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© APA/HELMUT FOHRINGER

Erstmals hat das heimische Finanzministerium offizielle Zahlen zum Onlinehandel veröffentlicht. Demnach ist die Übermacht von Amazon, Zalando & Co im Coronajahr 2020 noch größer geworden. Der Umsatz in Österreich registrierter, ausländischer Onlinehändler und Versandhandelsfirmen legte um rund 30 Prozent auf 4,4 Mrd. Euro zu, die Erlöse von Internet- und Versandhändlern mit Sitz in Österreich stiegen um 13 Prozent auf 1,3 Mrd. Euro, teilte das Finanzministerium mit.

Bisher basierten die Zahlen zum Onlinehandel in Österreich auf Befragungen und Hochrechnungen. Wie viel Geld die Konsumenten bei heimischen oder ausländischen Anbietern ausgeben, konnte nur geschätzt werden.

Die Steuerdaten der Finanzbehörden liefern jetzt ein genaueres Bild. Ausländische Onlinehändler und Versandhandelsunternehmen, die in Österreich keinen Sitz oder keine Betriebsstätte haben, werden in der Finanzamt-Dienststelle Graz-Stadt umsatzsteuerlich erfasst, zahlen jedoch keine Gewinnsteuern.

Im Jahr 2020 haben alle in Österreich registrierten Online- und Versandhändler Umsatzsteuer in Höhe von 944,5 Mio. Euro bezahlt (2019: 770 Mio. Euro). Davon entfielen 790 Mio. Euro (2019: 628 Mio. Euro) auf ausländische Händler. In der Coronapandemie haben heimische Konsumenten bei immer mehr Onlinehändlern aus dem Ausland bestellt. Die Zahl der in Österreich registrierten ausländischen Internet- und Versandhändler schnellte um 82 Prozent nach oben und lag zum Jahresende bei 9.736 Betrieben (2019: 5.335).

Minister Blümel fordert Steuergerechtigkeit für heimische Händler

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) drängt weiterhin auf "eine gerechte Besteuerung" von multinationalen Online-Konzernen: "Ausländische Versandhandelsunternehmen machen in Österreich seit Ausbruch der Krise sehr viel Umsatz, zahlen hier aber, im Gegensatz zu heimischen Unternehmen, keinen Cent Steuer auf ihre Gewinne", sagte Blümel. Dies führe "zu einem massiven Ungleichgewicht und somit Wettbewerbsnachteil" für heimische Händler.

Österreich hat mit 1. Jänner 2020 über eine erhöhte Werbeabgabe von fünf Prozent eine Digitalsteuer eingeführt, die gezielt auf große internationale Digitalkonzerne wie Google und Facebook abzielt. Die Online-Werbeabgabe betrifft Unternehmen, die weltweit einen Umsatz von mehr als 750 Mio. Euro, davon 25 Mio. Euro in Österreich, machen.

Die Einnahmen aus der Digitalsteuer beliefen sich 2020 laut Finanzministerium statt der budgetierten 20 Mio. Euro auf 43,1 Mio. Euro. "Mit der Digitalsteuer sind wir als Österreich eigenständig einen Schritt vorangegangen", so der Finanzminister. Nun sei die Besteuerung der Gewinne internationaler Onlinehändler "ein Gebot der Stunde" und die OECD müsse auf internationaler Ebene "rasch zu einer Lösung" kommen.

Positive Signale aus Washington, Berlin und Paris

Die jüngsten Aussagen der neuen US-Regierung zu einer Firmen-Mindeststeuer, aber auch die europäische Zustimmung der letzten Tage, stimmen den heimischen Finanzminister optimistisch, dass es bald zu einer internationalen Lösung kommen kann. Deutschland und Frankreich wollen den von der US-Regierung ins Spiel gebrachten weltweiten Mindeststeuersatz von 21 Prozent für Unternehmen mittragen. "Wir erwarten uns bis Mitte des Jahres eine Einigung", so Blümel.

Die Wirtschaftskammer hofft auf baldige Steueränderungen für Online-Riesen."Wir freuen uns, dass Finanzminister Blümel diesem unfairen Match nicht weiter zusehen will und auf eine gerechte Besteuerung internationaler Konzerne drängt", so WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik in einer Aussendung. Es sei "daher goldrichtig, eine globale Lösung anzustreben". Der Handelsverband ortet eine Ungerechtigkeit auf allen regulatorischen Ebenen: "Österreichische Händler müssen zahlreiche Zwangsabgaben, Gebühren und hohe Lohnnebenkosten stemmen, die europaweit ihresgleichen suchen", sagte Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. Dies führe dazu, dass österreichische Händler im Vergleich weniger Werbebudgets und auch weniger Gelder für Investitionen in ihr digitales Geschäftsmodell zur Verfügung hätten.

Die Gewerkschaft GPA fordert von Blümel auf nationaler Ebene eine Steuer für internationale Online-Riesen einzuheben. "Konkret könnte man für Online-Konzerne wie Amazon, die keine Betriebsstätte in Österreich haben, eine fiktive Gewinnbesteuerung auf Basis des Umsatzes, etwa 5 Prozent, einführen", so GPA-Chefin Barbara Teiber. "Mittelfristig betrachtet wird es zentral sein, auch eine digitale Betriebsstätte einzuführen, mit der auch eine Gewinnbesteuerung von Online-Unternehmen möglich wird." (apa/red)