F&E : Innovationen am laufenden Band

Oberösterreich gilt als das Herz des heimischen Industriestandortes – hier finden sich KMU neben Großkonzernen, die sich bedeutende Marktanteile oder sogar die Spitze des Weltmarktes erobert haben. Sie kommen aus so unterschiedlichen Branchen wie dem Anlagenbau und Maschinenbau, dem Fahrzeugbau und seinen Zulieferfirmen; die chemische Industrie und Papierhersteller sind hier ebenso ansässig wie ein echter Stahlriese wie die Voestalpine. All diesen Unternehmen ist ein Aspekt gemeinsam: Bei allen spielt eine intensive Forschungstätigkeit eine zentrale Rolle, weil sie ein entscheidender Grund für die starke Position im internationalen Wettbewerb ist.

Tatsächlich gibt Österreich drei Prozent des BIP für Forschung aus, das ist deutlich über dem Schnitt der OECD und die vierthöchste Forschungsquote in Europa – übrigens noch vor Deutschland, wie der "Forschungs- und Technologiebericht 2015" des Wirtschaftsministeriums meldet. Im Vorjahr sind die Ausgaben für F&E zum ersten Mal auf über zehn Milliarden Euro gestiegen und werden heuer weiter steigen, am stärksten im Unternehmenssektor.

Was allerdings in feierlichen Reden zum Thema eher selten erwähnt wird: Eine intensive Forschungstätigkeit in den Betrieben ist kein Selbstläufer. In einer Umfrage für den jüngsten Forschungsbericht nennen Unternehmen die größten drei Schwierigkeiten, die mit F&E verbunden sind: Die hohen Kosten, das hohe wirtschaftliche Risiko bei ausbleibendem Erfolg sowie der Mangel an geeigneten Experten. Zumindest was die Kosten angeht, können Firmen auf eine breite Palette an Förderungen zurückgreifen. Doch da wartet schon die nächste Hürde: Die enorme Vielfalt an hunderten Programmen und ihren Regularien ist alles andere als übersichtlich.

Unternehmen beraten und begleiten

Genau hier kommt die oberösterreichische Wirtschaftsagentur Business Upper Austria ins Spiel. Sie begleitet die Industrie und Forschungseinrichtungen auf dem Weg zu einer gezielten Forschungsförderung und zum Erfolg am Markt. Sie berät und vermittelt Kooperationspartner – und arbeitet so aktiv an der Attraktivität des Standortes mit. "Unsere zentrale Aufgabe: Wir stehen als regionale Förderberatungsstelle den Unternehmen zur Seite, wenn es darum geht, das richtige Förderprogramm für F&E-Projekte auszuwählen – und sich auch mit Erfolg darum zu bewerben", sagt Geschäftsführer Werner Pamminger.

Doch Business Upper Austria ist weit mehr als das. Die Agentur tritt gleichsam wie ein Mittler zwischen den Unternehmen, den verschiedenen Förderstellen, den Auftragsforschern und der Wissenschaft auf – und stellt gleichzeitig auch ihr branchen-übergreifendes Netzwerk für mögliche Kooperationen bereit. Entsprechend reicht die Bandbreite von allgemeiner Beratung zu Innovationsförderungen über Beratung zu internationalem Technologietransfer und spezifischen Programmen bis zur Begleitung von Projekten. Das wichtigste Ziel dieser Expertenorganisation: Unternehmen im Innovationsprozess zu unterstützen. Das Rezept: Eine genau auf den Betrieb und sein Projekt zugeschnittene Beratung, die genau das passende Programm dafür – und bei Bedarf auch die Partner – auswählt.

Vom Workshop zu konkreten Schritten

Wie das in der Praxis ausschaut, erklärt Manfred Ruhmer, Leiter des Bereichs Forschungs- und Innovationsförderung: Zu Beginn eines Kundenkontaktes steht typischerweise ein Workshop zur Strukturierung der internen Innovationsprojekte. Auf dieser Basis werden danach konkrete Maßnahmen definiert. Eine Maßnahme könnte beispielsweise die Entwicklung einer Förder-Roadmap sein. Für die Projektideen dieser Roadmap werden dann geeignete Förderinstrumente ausgewählt und je nach Bedarf dazu auch Beratung für die eigentliche Antragsentwicklung angeboten. Dazu gehört auch die Klärung von Schutzrechtsfragen – ein wesentlicher Teil jedes Förderantrages.

Von Kooperationen profitieren

Allerdings braucht ein Hersteller nicht nur zielgerichtete und ausreichend finanzierte Forschungsprojekte, um innovativ zu sein – sehr oft bringen auch geeignete Kooperationen mit anderen enorme Vorteile mit sich. Gerade kleine und mittlere Unternehmen haben oftmals Bedarf an Technologie, aber gleichzeitig zu wenig Wissen darüber, wo sie dieses Know-how finden. Genau dieser Nachfrage komme Business Upper Austria mit ihrem Netzwerk und mit Kontakten zu Forschungseinrichtungen in ihrem Bundesland und in ganz Österreich entgegen: Vom ersten Kontakt zum Forscher bis zur Beantragung und Abwicklung bei einer Förderstelle erhalten die Unternehmen eine intensive Begleitung über den gesamten Projektlebenszyklus.

Gezielt auf die Förderung von Kooperationen sind Initiativen für Cluster und Netzwerke ausgerichtet. Die Clusterinitiativen richten sich an mindestens drei Unternehmen. Dieses Angebot von Business Upper Austria gilt für alle der aktuell fast 2.000 Partnerunternehmen – darunter Betriebe der Automotive-Industrie, der IT, der Umwelttechnik, Mechatronik, Medizintechnik, Kunststoffhersteller und weitere Branchen. Schließlich bieten die Clusterinitiativen auch ein Rahmenprogramm mit Workshops, Lehrgängen und Öffentlichkeitsarbeit.

Geometrie von Turbinen neu gedacht

Ein anschauliches Beispiel für Förderprogramme auf regionaler Ebene bietet der in Goldwörth ansässige Turbinenhersteller Gugler. Der Familienbetrieb mit 45 Mitarbeitern liefert Wasserturbinen in die ganze Welt. Die Geometrie der Laufräder und aller wasserführenden Bauteile sind dabei zentrale Aspekte für den Wirkungsgrad, die Laufruhe und andere Betriebsparameter jeder Maschine. Zugleich werden die Projekte immer größer und anspruchsvoller – und Kunden erwarten oft schon im Vorfeld gewisse Berechnungen. Also nahm Gugler am oberösterreichischen Förderprogramm "InnovationsassistentInnen und BeraterInnen für KMU" teil. Über dieses Programm bekommen Firmen bei einer Laufzeit von zwei Jahren einen Zuschuss von bis zu 40.000 Euro vom Land, die Umsetzung übernehmen Hochschulabsolventen gemeinsam mit einem externen Berater. Business Upper Austria managt den Ablauf und unterstützt das Unternehmen während der gesamten Projektlaufzeit. Offenbar mit Erfolg, denn das Programm ist begehrt: In Oberösterreich haben rund 190 Unternehmen

bisher daran teilgenommen.

Für das Projekt bei Gugler konnte Martha Rossgatterer als Innovationsassistentin gewonnen werden, die als Absolventin der technischen Industriemathematik an der JKU Linz über fundierte Kenntnisse in genau diesem Bereich verfügt. Im Rückblick zieht Gerhard Gugler, einer der beiden Eigentümer des Herstellers, eine positive Bilanz: "Das Programm hat uns veranlasst, die F&E-Aktivitäten in systematischer Weise voranzutreiben. Auch innerbetriebliche Prozesse wurden angeregt." Übrigens hat der Hersteller die Jungakademikerin nach Ende des Projekts weiter beschäftigt.

Von der Idee zur Markteinführung

Auf regionaler Ebene weiters begehrt sind die Programmlinien "easy2research" und "easy2market". Sie richten sich an KMU, regen zur Kooperation mit einer Forschungseinrichtung an und fördern eine Projektidee bis zur Markteinführung mit bis zu 35.000 Euro. Wie ein mit diesen Programmen gefördertes Projekt aussehen kann, zeigt die Firma Bembu aus Steyregg, die ein innovatives Notrufsystem entwickelt hat. Dabei handelt es sich um ein Armband, das sich im Notfall auf Knopfdruck automatisch mit dem Smartphone des Trägers verbindet. Das Smartphone sendet dann vollautomatisch eine Notrufnachricht mit

der aktuellen Position an mehrere vordefinierte Empfänger oder es verständigt direkt die Rettung oder die Polizei. Dahinter steht komplexe Entwicklungsarbeit an der App, der kompakten Bauweise und auch der Eingrenzung von Elektrosmog. Bei der Entwicklung und Tests der Hardware sowie der Auswahl der Mikrocontroller holte Bembu die FH Hagenberg und das LCM in Linz als Forschungspartner dazu.

Folienstrukturen im Nanobereich

Sehr viel größer ist ein Forschungsprojekt, an dem Greiner Bio-One Diagnostics mit Sitz in Rainbach arbeitet. Der Hersteller entwickelt neue molekularbiologische Analysemethoden, mit denen lebensbedrohliche Krankenhauskeime in nur 90 Minuten erkannt werden können, während sonst übliche Tests für ein Ergebnis bis zu 48 Stunden benötigen. Denn immer häufiger seien Keime in Krankenhäusern gegen Antibiotika resistent und können zu lebensbedrohlichen Situationen führen, wie Geschäftsführer Florian Winner erklärt.

Jetzt entwickelt Greiner gemeinsam mit der EV Group aus St. Florian am Inn, einem Hersteller von Prozessanlagen zur Waferbearbeitung für die Halbleiterindustrie, ein Rolle-zu-Rolle-Prägeverfahren für besondere KunststoffFolien. Mit diesem Verfahren werden Folien mit hochpräzisen Strukturen im Mikro- und Nanobereich hergestellt, die als Basis für das Detektieren von Keimen dienen. Dieses Projekt wird vom Grazer Joanneum Research koordiniert, es ist auf vier Jahre ausgelegt und wird im Rahmen des EU-Forschungsprogramms "Horizon 2020" gefördert. Das Gesamtbudget liegt bei knapp 7,9 Millionen Euro. Insgesamt zehn europäische Partner arbeiten mit, neben Greiner und der EV Group kommen zwei weitere aus Österreich.

Enorme Bandbreite der Programme

Auf Unternehmen, die forschen wollen, wartet also eine enorme Bandbreite an Förderprogrammen – und tatsächlich gibt es praktisch keine Förderlücke mehr, wobei der Trend zu einfacher strukturierten Förderinstrumenten geht, etwa bei den "Horizon 2020"-Programmen auf europäischer Ebene. "Auch die österreichweit tätige Forschungsförderungsgesellschaft FFG reagiert permanent auf Impulse des Marktes", sagt Ruhmer und verweist darauf, dass weitgehend offene Angebote, wie etwa die Basisprogramme, zu den beliebtesten gehören.

Neben bestehenden Leitbetrieben fallen einige Firmen besonders auf: Ihr Wachstum liegt weit über dem Durchschnitt. Sie entwickeln völlig neue Technologien, spezialisieren sich auf bestimmte Nischen und werden so zu Impulsgebern einer ganzen Branche. Das bringt zwei Effekte mit sich: Erstens schaffen "Gazellen" besonders viele Arbeitsplätze. Zweitens sind sie deutlich krisenresistenter als andere.

Die oberösterreichische Wirtschaftsagentur Business Upper Austria geht gezielt auf Leitbetriebe und Gazellenunternehmen zu. Was bedeutet das im Detail?

Werner Pamminger Wir bieten zum Beispiel Workshops zur Entwicklung einer maßgeschneiderten Horizon2020-Strategie an. Da es sich bei Horizon2020 um ein Exzellenzprogramm handelt, bringt eine Teilnahme für die Unternehmen neben zusätzlichen Fördermitteln vor allem Zugang zu hochstehendem Knowhow und erstklassigem Netzwerk.

Welche Dienstleistungen werden vor allem von Gazellenunternehmen nachgefragt?

Pamminger Durch ihr schnelles Wachstum sind Gazellen vor allem mit dem Auf- und Ausbau der Organisation beschäftigt. Um gleichzeitig innovative Produkte und Dienstleistungen für die Zukunft zu entwickeln, brauchen sie ganz spezifische Unterstützung bei der Projektentwicklung. Gemeinsam mit unseren Beratern können die Unternehmen sehr schnell und effizient ihre konkreten Projektideen in Förderanträge überführen und durch eine Förderung

auch das Risiko für das Unternehmen minimieren.

Wie groß ist die Zielgruppe in Oberösterreich?

Pamminger Wir haben rund 150 Leitbetriebe und aktuell 100 "Gazellen" in Oberösterreich identifiziert. Deren Struktur ist extrem vielfältig, was ihre Branche und ihre technologische Reife betrifft. Generell sind die Gazellen, aber auch die Leitbetriebe, wichtig für das Beschäftigungswachstum sowie für die Diffusion neuer Technologien.