Messevorschau NPE : Industrie 4.0, innovative Spritzgieß-Anwendungen und industrielle additive Fertigung

„Ob additive Fertigung, Industrie 4.0 oder LSR-Verarbeitung – Arburg ist in vielen Bereichen Pionier und verfügt über jahrzehntelanges Know-how in der Kunststoffverarbeitung. Wir sehen uns nicht als Maschinenlieferant, sondern als Technologiepartner, von dem unsere Kunden alles aus einer Hand erhalten“, betont Friedrich Kanz, Geschäftsführer von Arburg USA und führt aus: „Das Markenversprechen ‚Wir sind da.‘ formuliert unseren hohen Anspruch an Qualität, Zuverlässigkeit und persönliche Nähe zu unseren Kunden und Partnern – über alle Branchen und Technologien der Kunststoffverarbeitung hinweg. Mit unseren neun Exponaten zeigen wir diesbezüglich einen spannenden Querschnitt unseres breiten Leistungsspektrums. Mit 900 Quadratmetern haben wir unsere Standfläche im Vergleich zur letzten NPE im Jahr 2015 um fast 40 Prozent vergrößert.“

Großmaschine im neuen Design

Der hybride Allrounder 1120 H ist auf der NPE 2018 erstmals außerhalb von Europa zu sehen und feiert dort Amerika-Premiere. Er erweitert das Schließkraftspektrum um 30 Prozent auf 6.500 kN. Die neue Großmaschine zeichnet sich durch ein durchdachtes Design für noch mehr Ergonomie und Funktionalität sowie ihre visionäre Gestica-Steuerung aus, die dem „Look-and-Feel“ smarter mobiler Endgeräte entspricht. Auf der NPE demonstriert das Exponat am Beispiel der bekannten Klapptrittschemel die umfassenden Kompetenzen von Arburg im Turnkey-Sektor: Die acht Einzelteile aus PP werden von einem linearen Robot-System Multilift V 40 gehandhabt und dann mit Hilfe eines Sechs-Achs-Roboters und Montagestation im Spritzgießtakt zusammengesetzt. In einer Zykluszeit von 60 Sekunden entsteht auf diese Weise vollautomatisiert ein Endprodukt im Arburg-Design „ready to use“.

Turnkey und Automation steigern Produktionseffizienz

Um die Wertschöpfung zu steigern, werden immer mehr und aufwendigere Arbeitsschritte in den Spritzgießprozess integriert. Arburg bietet dazu ein breites Spektrum für die Automation aus einer Hand. Vom einfachen Picker bis zum Sechs-Achs-Roboter und komplexer Turnkey-Anlage ist alles dabei. Alle acht Allrounder auf dem Arburg-Messestand sind automatisiert. Als weiteres Turnkey-Highlight neben den Klapptrittschemeln wird eine anspruchsvolle LSR-Anwendung gezeigt. Im Mittelpunkt steht ein elektrischer Zwei-Komponenten-Allrounder 570 A, der in 70 Sekunden Zykluszeit vollautomatisch zwei zweifarbige Armbänder aus LSR (Härte 70 und 30 Shore A) produziert. Mit einem linearen Robot-System Multilift V 15 und einer Montagestation werden die Uhren im Spritzgießtakt gebrauchsfertig mit Gehäuse und Verschluss komplettiert.

Spritzgieß-Highlights

Eine anspruchsvolle LSR/LSR-Mikrospritzgießanwendung zeigt Arburg auf der NPE 2018 mit dem Werkzeugpartner Kipe Molds. Ein elektrischer Allrounder 270 A mit Mikrospritzeinheit der Größe 5 produziert Silikonmembrane, wie sie in Ventilen für die Medizintechnik oder Automobilindustrie zum Einsatz kommen. Für die Fertigung des 0,05 Gramm wiegenden LSR-Vorspritzlings (Härte 70 Shore A) ist die Mikrospritzeinheit mit einer speziellen

8-Millimeter-LSR-Schnecke ausgestattet. Für die 0,005 Gramm leichte zweite LSR-Komponente (Härte 30 Shore A) kommt eine in das 1+1-fach-Werkzeug eingebaute und in die Selogica-Steuerung integrierte servoelektrische Einspritzeinheit der Firma Kipe Molds zum Einsatz. Ein Kiki-Robot-System entnimmt die LSR/LSR-Membran, führt sie nachfolgend einer Kameraprüfung zu und legt sie in Behälter ab.

Die Leistungsfähigkeit der hybriden Allrounder für schnelllaufende Anwendungen in der Verpackungstechnik demonstriert ein speziell für Dünnwandartikel ausgelegter Allrounder 570 H in Packaging-Ausführung. In einer Zykluszeit von nur rund 1,9 Sekunden produziert die Fertigungszelle vier IML-Becher aus PP. Die dekorierten Fertigteile mit einer Wandstärke von 0,32 Millimetern wiegen je 3,55 Gramm. Das Werkzeug sowie die Automation stammen von der Firma Brink.

Leichtbauteile sind für viele Branchen interessant, allen voran für die Automobilindustrie. Das Faser-Direkt-Compoundieren (FDC) mit Glasfaserrovings ist eine kostengünstige Alternative zur Verarbeitung fasergefüllter Compounds. Die FDC-Einheit an der Spritzeinheit umfasst eine Seitenbeschickung mit integrierter Schneidvorrichtung, angepasstem Zylinder und spezieller Schneckengeometrie. Faserlänge, Faseranteil und Materialkombination lassen sich individuell einstellen und damit die Bauteileigenschaften gezielt beeinflussen. Auf der NPE 2018 produziert ein hydraulischer Allrounder 820 S in einer Zykluszeit von 70 Sekunden je zwei 329 Gramm schweren Airbag-Gehäuse. Über eine in die Automation integrierte Gewichtskontrolle wird die Konstanz des Schussgewichts dargestellt und die Fertigteile vom linearen Robot-System Multilift V in Kisten abgelegt.

Die Medizintechnik ist ebenfalls ein wichtiger Markt mit hohen Wachstumsraten für Arburg. Ein elektrischer Allrounder 470 A fertigt mit einem 2-fach-Werkzeug der Firma Hofstetter Becher aus medizintechnischem PP. Die Zykluszeit für zwei Becher à 1,45 Gramm beträgt rund 2,9 Sekunden. Die schnelle Entnahme und Stapelung übernimmt ein Automationssystem der Firma Hekuma.

Am Beispiel von Radiuslehren präsentiert Arburg mit einer vertikalen Drehtischmaschine Allrounder 375 V das automatisierte Umspritzen von Einlegeteilen. Ein platzsparend auf der Maschine platziertes Multilift Select Robot-System führt die metallischen Einleger zunächst einer Plasmavorbehandlung zu und platziert sie in die Bestückungsstation. Im Werkzeug werden sie mit glasfaserverstärktem PA 6.6 umspritzt, die Fertigteile aus dem 1-fach-Werkzeug entnommen und auf ein Förderband abgelegt.

Individualisierte Großserienteile

Durch Kombination von additiver Fertigung, Spritzgießen und Industrie 4.0-Technologien lassen sich Großserienteile veredeln und Kundenwünsche direkt in die Wertschöpfungskette einbinden. Wie eine solche kundenspezifische Individualisierung funktioniert, zeigt Arburg auf der NPE 2018 erstmals am Beispiel der informations­technisch vernetzten und durchgehend automatisierten Fertigungslinie für die Produktion von Visitenkartenhaltern. Ein Sechs-Achs-Roboter verkettet dabei das Spritzgießen mit der additiven Fertigung.

An einem Tablet-PC wird zunächst der Name des Besuchers erfasst. Ein elektrischer Allrounder 370 E Golden Electric produziert das Spritzteil, das von einem Multilift Robot-System gehandhabt wird. Bei der folgenden Laserkennzeichnung wird ein individueller Barcode aufgebracht. Ein Sechs-Achs-Roboter übernimmt den Kartenhalter und platziert ihn im Bauraum des Freeformers. Für das automatische Öffnen und Schließen der Haube kommunizieren Freeformer und Robot-System über eine Euromap-Schnittstelle 67. Entsprechend der Informationen auf dem Code trägt der Freeformer additiv den gewünschten 3D-Schriftzug aus ABS auf.

Industrielle additive Fertigung

Mit einem Freeformer und einer Vielzahl an Funktionsbauteilen ist auf der NPE 2018 praxisnah zu sehen, dass sich das Arburg Kunststoff-Freiformen (AKF) nicht nur für das Prototyping, sondern auch und gerade für die industrielle additive Fertigung von Funktionsbauteilen eignet. An einer interaktiven Station kann man deshalb „Erlebnisbauteile“ selbst in die Hand nehmen und sich von deren Funktionalität und Qualität überzeugen.

Das offene System macht die Anwender unabhängig: Freeformer-Kunden können im AKF-Verfahren ihre eigenen Werkstoffe qualifizieren und die frei programmier­baren Prozessparameter gezielt auf ihre jeweilige Anwendung optimieren. Ein enormer Vorteil in diesem Zusammenhang ist, dass sich z. B. für die Medizintechnik oder Luftfahrt zertifizierte Originalmaterialien einsetzen lassen. Neben amorphen Standardgranulaten wie ABS, PA und PC umfasst das von Arburg kontinuierlich erweiterte Spektrum qualifizierter Materialien z. B. elastisches TPE, medizinisches PLLA, für die Luftfahrt zugelassenes PC und teilkristallines PP.

Wer sich ausführlicher über die industrielle additive Fertigung mit dem Freeformer informieren will, hat dazu auch im Rahmen eines Fachvortrags von Arburg am 9. Mai auf der Konferenz „Additive Manufacturing“ die Möglichkeit.