Serie Wissen schafft Wirtschaft : Ideen am laufenden Meter

Eine lange Verschnaufpause blieb den Grazern nicht. Und darüber sind sie nicht unglücklich. Vier Jahre – von Mai 2010 bis Mai 2014 – war das Institut für Werkstoffkunde und Schweißtechnik an der TU Graz Konsortialführer im K-Projekt JOIN4+ des COMET-Programms. Jetzt geht es für die Fügetechnikprofis aus der Steiermark in einem Folgeprojekt fast nahtlos mit der Arbeit weiter. Seit April nämlich stehen die elf neuen K-Projekte, mit 13,9 Millionen Euro aus Budesmitteln gefördert, fest.

Unter den Siegerprojekten: Die Einreichung des Grazer Instituts. „Nach der exzellenten Zweijahresbeurteilung im Vorgängerprojekt und dem guten Feedback aus der Industrie stand für uns fest, weitermachen zu wollen“, schildert Norbert Enzinger, Institutsprofessor und für die operative Leitung im bewilligten Projekt (voller Name: JOIN – Network of Excellence for Metal JOINing) zuständig. Neben der TU Graz mit im Boot: Die wissenschaftlichen Partner FH Joanneum, Montanuni Leoben, TU Wien und RWTH Aachen.

Auf Industrieseite forschen unter anderem Fronius, Plansee und Voestalpine mit. So viel darf Enzinger verraten: Eines der Projekte wird sich dem Reibschweißen zuwenden. Anders als beim Lichtbogenschweißen wird bei dem Verfahren nicht die Flüssigphase erreicht – bei einigen Anwendungen ein Vorteil. „Wir versuchen, das Vefahren erstmals auch auf hochfeste, ,nichtschweißbare‘ Stähle anzuwenden“.

Elf bewilligte Projekte

Und trotzdem geht es in dem K-Projekt unter der Obhut der Grazer um viel mehr. Das übergeordnete Ziel sei „nicht als isoliert wissenschaftliches Ziel zu formulieren“, gibt TU-Graz-Mann Norbert Enzinger zu Protokoll. Die Grazer denken eine Dimension größer: Es geht um den heimischen Fügetechnikstandort. Der stehe – nicht zuletzt dank nationaler Player wie Fronius oder Böhler – nicht schlecht da. Aber es gelte, „hart daran zu arbeiten, dass der Vorsprung nicht verloren geht“, sagt Enzinger. Der Mix aus Wissenschaft und Anwendungsorientierung ist es auch, der den K-Projekten – der Newcomer-Linie des COMET-Programms – regen Zulauf beschert.

Die 21 Anträge der fünften Ausschreibungsrunde – elf Projekte wurden bewilligt – zeigen: „Eine Teilnahme am Programm ist hart umkämpft“, sagen Henrietta Egerth und Klaus Pseiner, Geschäftsführer der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG. Das COMET-Programm würde einen „guten Rahmen“ für den „langfristigen Kompetenzaufbau in einem stabilen Partnerumfeld“ möglich machen, fiel auch das Urteil der international tätigen Beratungsfirma Technopolis in ihrer Wirkungsanalyse des Programms positiv aus.

Ein Punkt, dessen Bedeutung auch Michael Affenzeller, Forscher am Fachbereich Heuristische Optimierung und maschinelles Lernen am Campus Hagenberg der FH Oberösterreich, unterstreicht. Die Forschergruppe ist Konsortialführer im K-Projekt HOPL (Heuristische Optimierung in Produktion und Logistik) und erstmals in einem K-Projekt mit von der Partie. Ob dem COMET-Programm sein guter Ruf vorauseilte – und man auch deshalb einreichte? Man wisse von den Stärken des Programms, heißt es bei den Oberösterreichern. Und man habe „eine längerfristige Kooperationsschiene“ im Sinn gehabt.

Ziel des Projekts mit Partnern wie dem Feuerwehrausstatter Rosenbauer oder dem Stahlkocher Voestalpine: Die Entwicklung innovativer Optimierungsalgorithmen. „Methodenforschung steht in unserer Gruppe traditionell im Mittelpunkt“, erzählt Michael Affenzeller. Bisher richteten die Oberösterreicher auf Themen wie die Optimierung von Lagerbelegungen oder Fabrikslayouts ihr Augenmerk. „Jetzt streben wir ein heuristisches Gesamtbild des Supply-Chain-Netzwerks vom Lieferanten bis zur Distribution an“, so Affenzeller. Dabei kommen auch die Anliegen der Industrie nicht zu kurz, wiewohl es nicht um klassische Umsetzungsprojekte geht. Mit dem Stahlerzeuger Voestalpine wollen die Forscher die ganze Logistik beim Transport von Stahlbrammen optimieren. Eine der Fragen: Wie und wo muss die Prozesskette optimiert werden, um „den Brammendurchsatz und das Materialhandling zu verbessern“, schildert Affenzeller.

Betriebe involviert

Keine Anwendbarkeit standardisierter Methoden aus der PKW-Welt im Segment der kleinen Antriebsaggregate für Gartengeräte, Zweirad- und kleinste PKW-Dieselfahrzeuge: Dieses Problem beschäftigt Stephan Schmidt schon länger. Genau genommen ist es Ausgangspunkt für ein spektakuläres K-Projekt, das der Forscher am Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik der TU Graz zuletzt leitete: Im K-Projekt Eco-PowerDrive untersuchten und entwickelten die Steirer Methoden zur Reduktion von Emission und Verbrauch auf Basis von standardisierten Prüfzyklen.

Im heuer bewilligten Nachfolgeprojekt (ECO-PowerDrive-2) „wollen wir uns nun auf die Realverbrauche und -emissionen konzentrieren“, berichtet Schmidt. Es ist ein einmaliger Schulterschluss großer Hersteller wie Stihl, BMW, AVL List und BRP Power-train mit mehreren Forschungsinstituten. Schmidt erklärt sich das große Interesse durch die Brisanz des Themas: „Am Thema Energieeffizienz im realen Einsatz kommt keiner vorbei.“

Aber es sei auch die besondere Konstellation in den K-Projekten, die Betrieben eine Teilnahme schmackhaft macht: Es handle sich nicht um solitäre Forschung, bei der „am Ende irgendetwas herauskommt“, erklärt Schmidt. Im Gegenteil. „Betriebe könnten bei K-Projekten steuernd eingreifen“, meint er. Was sich schon allein durch die allwöchentlich angesetzten Projektmeetings mit den Partnern ergebe: „Da kommen alle.“

Die 11 neuen K-Projekte

Diese elf Projekte wurden in der fünften Ausschreibungsrunde bewilligt.

- „ADDA – Advancement of Dairying in Austria“

Konsortialführer: Veterinärmedizinische Universität Wien – Institut für Milchhygiene

- „AEDA – Advanced Engineering Design Automation“

Konsortialführer: V-Research GmbH Industrielle Forschung und Entwicklung

- „Amoree – Aluminium and magnesium processing optimization with special respect to resource and energy efficiency“

Konsortialführer: LKR Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen GmbH

- „DEXHELPP – Decision Support for Health Policy and Planning: Methods, Models and Technologies based on existing health care data“

Konsortialführer: Technische Universität Wien – Institut für Analysis und Scientific Computing

- ECO-PowerDrive-2 – Emission & Fuel Consumption Reduction of Small Propulsion Systems under Real World Conditions“

Konsortialführer: Technische Universität Graz – Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik

- „HOPL – Heuristic Optimization in Production and Logistics“

Konsortialführer: FH OÖ Forschungs & Entwicklungs GmbH

- „imPACts – Industrial Methods for Process Analytical Chemistry – From Measurement Technologies to Information Systems Research“

Konsortialführer: Research Center for Non Destructive Testing GmbH

- „JOIN – Network of Excellence for Metal JOINing“

Konsortialführer: Technische Universität Graz – Institut für Werk- stoffkunde und Schweißtechnik

- „LiTech – Easy to use professional business and system control applications“

Konsortialführer: Fachhochschule Vorarlberg GmbH

- „VASCage – Research Center of Excellence in Vascular Ageing – Tyrol“

Konsortialführer: Medizinische Universität Innsbruck – Service Center Forschung

- „ZPT+ – K-Projekt für zerstörungsfreie Prüfung und Tomografie Plus“

Konsortialführer: FH OÖ Forschungs- & Entwicklungs GmbH

Vielforscher ob der Enns

Sechs der elf neuen K-Projekte holten Forscher nach Oberösterreich.

Die elf neuen K-Projekte werden mit 13,9 Millionen Euro aus Bundesmitteln gefördert. Von den elf K-Projekten beteiligt sich Oberösterreich an insgesamt sechs K-Projekten, Steiermark und Wien an jeweils drei Projekten, Niederösterreich und Tirol und Vorarlberg an je zwei K-Projekten. Die thematischen Schwerpunkte liegen vor allem in den Bereichen Produktionstechnologien, Informations- und Kommunikationstechnologien sowie Lebenswissenschaften. Damit besteht die Landkarte der heimischen Exzellenzzentren jetzt aus fünf K2-Zentren, 16 K1-Zentren und 31 K-Projekten. Insgesamt stehen während der gesamten Laufzeit des COMET-Programms rund 500 Millionen Euro an Bundesmitteln zur Verfügung.

Der Förderschlüssel

Das Gesamtvolumen von 51,1 Millionen Euro setzt sich wie folgt zusammen:

- 13,9 Millionen Euro: Bundesmittel (50 Prozent BMVIT, 50 Prozent BMWFW)

- 7 Millionen Euro: Landesmittel

- 27,6 Millionen Euro: Unternehmen

- 2,6 Millionen Euro: Wissenschaftliche Partner

Erfolgsformel K-Projekt

Eine Wirkungsanalyse sah sich die Effizienz des COMET-Programms an – die Ergebnisse.

- 64 Prozent der Unternehmen werden durch COMET wettbewerbsfähiger.

- 79 Prozent verwerteten ihre Ergebnisse wirtschaftlich.

- 71 Prozent erhielten besseren Zugang zu wissenschaftlichen Ergebnissen.

- 79 Prozent haben positive Beschäftigungsverhältnisse.

Quelle: Technopolis

Die Artikelserie „Wissen schafft Wirtschaft“ entsteht in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft