Sondermaschinenbau : Höhere Macht

Ganz hinten in der Werkshalle wartet das Superlativ. Matt glänzt der riesige Pastenextruder im Hallenlicht. Annähernd zehn Meter ist die Maschine, die der Sondermaschinenbauer Khu für einen großen Dichtungshersteller baute, hoch. Für die Niederösterreicher Rekord. Aber dafür mussten sie erst einmal Platz an ihrem Produktionsstandort schaffen. Unter normalen Umständen könnte die Maschine da nämlich gar nicht stehen – die Werkshalle ist nur achteinhalb Meter hoch.

Dass es eng werden würde, ahnte Geschäftsführer Peter Khu bereits, als er den Auftrag Anfang des Vorjahrs in der Tasche hatte. „Ich verdrängte die Tatsache aber zu dem Zeitpunkt noch mental“, lacht der 55-Jährige. Bis sich die unangenehme Wahrheit nicht mehr länger wegschieben ließ – und Khu, Tüftler durch und durch, kurzerhand handelte. Er entschied sich für den wohl ungewöhnlichsten – aber effizienten – Weg: „Natürlich hätten wir eine benachbarte leerstehende Halle mieten oder zu Testzwecken mit kürzeren Stützen arbeiten können“, erklärt Khu. Stattdessen setzten die Niederösterreicher auf Exzentrik: In einer Blitzaktion durchstießen sie zwecks Platzgewinn das Hallendach – und „bauten an dieser Stelle ein luftiges Häuschen obendrauf“, so Khu.

Maschinen für die Welt

Eine Dreitagesaktion, die nicht nur die Firmenkasse schonte, sondern auch Khus maschinenbauliche Arbeit perfekt beschreibt: „Wir bauen Maschinen, die andere nicht bauen können“, lautet der schnörkellose Leitspruch der Hagenbrunner. Das Geschäft des Sondermaschinenbaus gilt als relativ konjunkturunabhängig, aber trotzdem riskant: Praktisch kein Auftrag gleicht dem anderen. Khu steht dafür ein ansehnlicher Maschinenpark zur Verfügung: Zwei mal zwei Meter CNC-Fräsen, Rundschleifen, Drehen, Bohren, Schweißen – für Khu alles kein Problem. Um das zu sehen, muss man gar nicht allzu weit in Khus Firmenhistorie hineinspazieren. Gleich neben dem Extruder werken Mitarbeiter gerade an einer Kunststoffbeschichtungsanlage für Hochspannungsmasten. Sie wird nach den letzten Adaptionen bald dorthin geliefert, wo es an Freileitungen keinen Mangel gibt: Australien. Eigenleistung bei der Linie: Nahezu hundert Prozent. „Nur den Extruder kauften wir zu“, so Khu.

Daneben festigte der 27-Mitarbeiter-Betrieb mit einem Unterwasserfahrzeug zur Trinkwasserinspektion (Einsatzort: Buenos Aires), Kabelkonfektioniermaschinen und einem speziellen Kohlefaserwickler seinen Ruf als Sondermaschinenbauer. In der Fertigung in Hagenbrunn derzeit ebenfalls zu bestaunen: Ein Linear-Rolltreppenantrieb, der in dieser Art einzigartig ist: Die Antriebe sind hintereinander gesetzt – die Belastungen der Kette damit viel geringer als bei herkömmlichen Antriebssystemen. Ein Prototyp ist derzeit „bei ThyssenKrupp in Spanien in Begutachtung“, verrät Geschäftsführer Peter Khu, der rund um die Welt seine Kontakte hat. Zugleich arbeitet Khu gerade an einem Prototypen für die Düsseldorfer Kabelmesse Wire – die Niederösterreicher wollen dort eine revolutionäre Verseilmaschine ausstellen.

Dachausbau in 3 Tagen

Ein paar Wochen noch, dann wird auch der Pastenextruder – „vergleichbar mit einer riesigen Injektionsspritze zur Dichtungserzeugung“ (Khu) – die Hagenbrunner Produktion verlassen. Die Maschine in einer angemieteten Halle zu fertigen, stand für Khu zwar zur Debatte, war aber letztlich keine Option. „Dann wären wir wegen jeder Schraube hin und her gefahren, viel zu ineffizient“, so der Geschäftsführer. Lieber fertigte der Betrieb die drei Hauptteile der Maschine – das Werkzeugwechselsystem, die beiden Extruderzylinder sowie Druckzylinder und Hydraulik – am eigenen Standort. Der Dachausbau – der sogar über Fenster zur Belüftung verfügt – geriet übrigens eine Spur großzügiger als für den Bau der Maschine unbedingt nötig gewesen wäre. Peter Khu hat dafür eine simple, aber vielsagende Erklärung: „Es wird nicht unser letzter Pastenextruder gewesen sein, den wir bauen“.

Daniel Pohselt