Kollektivverträge : Herbstlohnrunde: Altes Ritual, neue Regeln
Ab dem heutigen Montag leiten die Metaller die Herbstlohnrunde ein - und brechen dabei mit einer alten Tradition: Erstmals werden die Arbeitnehmervertreter gleich zu Verhandlungsbeginn jenen Prozentsatz nennen, um den die Löhne und Gehälter erhöht werden sollen. Vergangenes Jahr einigten sich die Sozialpartner schließlich auf ein Plus von 1,5 Prozent.
Damals lag die Jahresinflationsrate bei 0,9 Prozent, heuer beträgt sie 0,8 Prozent. Die Teuerungsrate dient gemeinsam mit dem Produktivitätszuwachs als Verhandlungsbasis für die traditionell sehr schwierigen Gespräche. Im Vorjahr dauerte die letzte Verhandlungsrunde rekordverdächtige 24 Stunden, zuvor gab es - wie auch in den Jahren davor - Betriebsversammlungen der Betriebsräte inklusive Streikbeschlüsse.
Ein wesentlicher Streitpunkt der vergangenen Jahre wurde aber im Vorfeld ausgeräumt. Im Juni einigten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf ein Zeitkonto, wie es von der Industrie schon lange gefordert wurde. Die Einigung brachte eine Flexibilisierung der Arbeitszeit, im Gegenzug bekamen die Beschäftigten die Freizeitoption. Wer diese wählt verzichtet zwar auf die Kollektivvertragserhöhung, bekommt aber mehr Freizeit. Bei einer KV-Erhöhung von zwei Prozent würde das rund fünf Arbeitstagen entsprechen
Metallerlohnrunde betrifft 185.000 Industriebeschäftigte
Den Metaller-Verhandlungsreigen eröffnet der Fachverband Maschinen- und Metallwarenindustrie, der inzwischen gemeinsam mit der Gießereiindustrie als FMMGI auftritt. Dabei hatte die Maschinen- und Metallwarenindustrie vor vier Jahren die gemeinsamen Verhandlungen mit den fünf anderen Metallerverbänden (darunter die Gießer) sehr zum Ärger der Gewerkschaften aufgekündigt. Seitdem verhandeln die Arbeitnehmervertreter mit jedem Fachverband einzeln, heuer also mit fünf statt zuvor sechs Verbänden.
Insgesamt betrifft die Metallerlohnrunde 185.000 Industriebeschäftigte. Die 200.000 Mitarbeiter im Metallgewerbe verhandeln extra. Kurz nach den Metallern starten die Gespräche für den Kollektivvertrag (KV) für die rund 500.000 Handelsangestellten. Im Gegensatz zu den Metallern laufen diese meistens konfliktfrei ab.
Ein Metaller geht mit zumindest 1.750 Euro brutto im Monat nach Hause, im Handel liegt der Mindestlohn bei 1.500 Euro. Im im Hotel- und Gastgewerbe beträgt er 1.400 Euro.
Bei den Kollektivvertragsverhandlungen geht es um den Anstieg von Ist- und KV-Löhnen und -Gehältern für die kommenden zwölf Monate. Eine automatische Erhöhung der Einkommen gibt es nicht. Der kollektivvertragliche Lohn ist die Untergrenze für die jeweilige Branche, unter der ein Arbeitgeber nicht zahlen darf. Das Ist-Gehalt ist das effektive Einkommen und darf nicht unter dem KV liegen.
Die Entstehung des Kollektivvertrages geht auf die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts zurück. Unter der Nazi-Diktatur wurden die KV-Verhandlungen ausgesetzt. In Österreich fallen fast alle Arbeitnehmer unter Kollektivverträge, in Deutschland sind es etwa 50 Prozent. (apa/red)