Coronavirus : Hacken gegen das Virus

© Platzl / Waghubinger

Nicht nur Shutdown, sondern auch Innovation: Unter dem Hashtag #WirvsVirusHack hat die Deutsche Bundesregierung zu einem virtuellen Hackathon aufgerufen, dem knapp 43.000 Teilnehmer gefolgt sind - und ganz nebenbei einen Weltrekord aufgestellt haben. Auf diese Weise ist in Deutschland zum Beispiel ein Prototyp eines Beatmungsgerätes entstanden, das aus Elementen besteht, die kostengünstig im Internet gekauft werden können. In Italien ersetzen inzwischen Produkte aus dem 3D-Drucker knapp gewordene Original-Ersatzteile von Medizingeräten. Die Zahl von Foren, virtuellen Workspaces und Webinars, in denen gegen die Krise gedacht und gehackt wird, wächst unaufhörlich. Auch in Österreich. Der Linzer Remote-Hackathon ist nur ein Beispiel von vielen.

Begonnen hat er mit einem simplen Telefongespräch zwischen Dennis Platzl und seinem Freund Markus Waghubinger, beide Startupper, beide mit dem quirligen Umfeld der Strada del Startup verbunden, einem Business Incubator in der Linzer Tabakfabrik. Einen Tag vor dem Gespräch hat Bundeskanzler Kurz drastische Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Krise angekündigt: Grenzsperren zu Italien, Schließung der Universitäten, stufenweise Aussetzung des Schulunterrichts.

Gemeinsam gegen die Krise

Als Platzl und Waghubinger miteinander reden, ahnen sie bereits, dass es dabei nicht bleiben wird und dass die Einschränkungen wohl eine ganze Weile andauern werden. Sie überlegen daher auch, was das für ihre eigene Arbeit bedeuten wird: Platzl ist Co-Founder von Blue Monday, einem Projekt, das Wissenslücken im Bereich Nachhaltigkeit schließen will, Waghubinger Geschäftsführer der finothek, eines Finanzierungs-Start-Ups.

Ziemlich schnell sind sich Platzl und Waghubinger einig, dass aufgeben gerade jetzt gar nicht geht. Stattdessen rufen sie einen Remote-Hackathon aus, bei dem sie Gründer aus der Strada del Startup auffordern, Lösungen zu finden, die bei der Überwindung der Corona-Krise helfen können. Start soll bereits am nächsten Tag sein.

Das spontane Vorhaben gelingt. Am Freitag dem 13. startet der Linzer Remote Hackathon tatsächlich. „Die Teams haben sich in Windeseile zusammengeschlossen, jeder ist in seiner eigenen Wohnung gesessen und trotzdem war da von Anfang an ein Spirit, wie es ihn nur selten gibt. Wir wollten einfach sehen: Was können wir in den nächsten 48 Stunden auf die Beine stellen, das das Leben mit und nach Corona besser macht“, erzählt Platzl.

48 Stunden für die Zukunft

„Wir“, das waren je drei bis fünfköpfige Gruppen, die in unterschiedlichem Rhythmus mit unterschiedlichen Wach-und-Arbeitszeiten die nächsten zwei Tage mehr oder minder permanent durchgearbeitet haben, um am Ende fertige Projekte zu präsentieren. Von dem Start Up Brot&Milch kam als Ergebnis zum Beispiel eine App, die Menschen in Quarantäne mit freiwilligen Shoppern vernetzt. Die Shopper arbeiten die per Handy gelieferte Einkaufsliste ab und stellen sie vor die Haustür. Die App wird bereits rege genützt, vorerst bleibt sie auf Linz und Umgebung beschränkt.

Das Team der finothek um Markus Waghubinger hat in den 48 Stunden des Hackathons ein Modell entwickelt, wie man Betriebsunterbrechungen aufgrund von Katastrophenfällen wie Covid-19 versichern könnte. Die Grundidee dabei: Investoren können das Risiko von Unternehmen übernehmen, indem sie selbst definieren um welchen Betrag sie wie viel an Risiko im Falle einer Betriebsunterbrechung absichern wollen. Abgewickelt wird über eine Webplattform und Blockchain. Aus rechtlichen Gründen konnte die finothek im Gegensatz zu den anderen Teilnehmern des Hackathons mit ihrer Idee nicht sofort live gehen. „.Für die aktuelle Krise können wir also keine Lösung anbieten, aber wir können zumindest eine Möglichkeit für die Zukunft aufzeigen“, sagt Markus Waghubinger.

Bereits im Eisatz ist hingegen eine Plattform, die Conda Crowdfunding als Teil des Hackathons erarbeitet hatte: über sie können Unternehmen Corordfunding betreiben, um Geld für die Überbrückung der Corona-Krise einzusammeln.

Nach Corona

An die Zeit nach Corona denken hingegen bereits die Leute von Blue Moday. Für sie ist der Corona-Ausbruch ein Ereignis, aus dem man für die Zukunft, etwa für den Umgang mit Bedrohungen wie dem Klimawandel lernen kann: „Wie der Klimawandel ist Corona etwas, das jeden betrifft. Und genauso wie das Coronavirus können wir den Klimawandel nur dann überwinden, wenn jeder mit seinem Handeln Teil der Lösung ist: die Politik, die Unternehmen, aber auch der Einzelne“, sagt Platzl.

Um diesen und andere Gedanken zum Klimaschutz zu vertiefen, hat Blue Monday einen Sustainability Summit organisiert, bei dem Game-Changer aus dem Klimabereich im virtuellen Raum Vorträge gehalten haben, am nächsten Tag und in der Mittagspause gab es die Möglichkeit, sich im Chatroom sowohl mit den anderen Teilnehmer als auch den Vortragenden zu vernetzen. Die Home-Office-gerechte Devise dabei: Bring your own drink! Der Summit wurde übrigens schon mit seiner Ankündigung ein Erfolg: „Schon einen Tag nachdem wir live gegangen sind, hatten wir 160 Anmeldungen“, erzählt Platzl.