Petrochemie : Gute Geschäfte bei Borealis - trotz aller geopolitischer Risiken

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Beim Chemiekonzern Borealis, an dem die OMV 36 Prozent hält, sind die Geschäfte im ersten Halbjahr gut gelaufen und haben mehr Nettogewinn gebracht - und man ist auch für den Rest des Jahres zuversichtlich. Die Nachfrage in Asien sei nach wie vor gut, doch spüre man schon Effekte der Handelskrieg-Diskussionen, sagte CEO Alfred Stern zur APA.

Für den Fall einer drohenden Eskalation des Konflikts auf der wichtigen Handelsroute durch die Straße von Hormuz, über die per Schiff auch die chemischen Produkte der Borealis-Beteiligung Borouge in Ruwais (VAE) gehen, arbeite man an Möglichkeiten, diesen Seeweg falls nötig zu kompensieren. Das wäre dann ein Transportweg zunächst über Land bis zu einem anderen Seehafen.

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In Europa habe Borealis heuer ähnliche Polyolefin-Mengen wie 2018 verzeichnet. Bei Pflanzennährstoffen (Düngemitteln) sei der Markt besser gewesen, auch weil die Produktionsanlagen stabiler gefahren seien, sagte Stern. Auf die Margen werde man in Europa und Asien weiter einen Druck sehen, so der CEO; der Düngemittelsektor werde weiter gut laufen, positiver als im Vorjahr. Niedrige Gaspreise seien für Borealis generell gut, sagte Finanzvorstand Mark Tonkens. Bei Öl präferiere man stabile Preise, denn sonst gebe es bei Abnehmern die Erwartung sinkender Preise der Borealis-Produkte, bis hin zu möglicher Kaufzurückhaltung. Zudem bestehe bei niedrigen Rohstoffpreisen das Erfordernis, Lagerabwertungen vorzunehmen, sagte der CFO im APA-Gespräch.

Dank guter Polyolefinmargen in Europa und besserer Düngemittel-Ergebnisse erzielte Borealis heuer im zweiten Quartal mehr Gewinn. Der Nettogewinn stieg im Jahresabstand von 293 Mio. auf 328 Mio. Euro. Die Erfolge in den beiden Bereichen hätten den schwächeren asiatischen Polyolefinmarkt kompensiert, heißt es. Am Düngemittel-Markt habe es im Halbjahr einen maßgeblichen Aufschwung gegeben. Dagegen sei Borouge - das Kunststoff-Joint-Venture mit der Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC) - mit einer Abschwächung des Polyolefinmarkts in Asien konfrontiert. Fürs zweite Halbjahr erwartet man starken Druck auf die PO-Margen in Europa - man sei aber zuversichtlich, dass das Pflanzennährstoffgeschäft weiter einem positiven Trend folgen werde.

Der Borealis-Umsatz (ohne At-equity-Beteiligungen) blieb im zweiten Quartal bei 2,14 Mrd. Euro und lag im Halbjahr bei 4,28 (4,20) Mrd. Euro. Der Gesamtumsatz betrug im Quartal 2,58 (2,46) Mrd., im Halbjahr 5,13 (4,85) Mrd. Euro. Der Nettogewinn stagnierte im Halbjahr bei 528 (533) Mio. Euro, die Verschuldungsquote (Gearing) erhöhte sich im Periodenvergleich nur leicht auf 22 (19) Prozent.

Neue Anlagen in Bau

Damit sei man "finanziell weiter stark aufgestellt", betonte Stern. Das sei auch nötig, weil man eine Reihe von Projekten verfolge. So habe man etwa in Texas (USA) "signifikante Fortschritte" gemacht beim Bau des neuen Steam Crackers zur Ethylenproduktion sowie der neuen Borstar-Polyethylen-Anlage, die nach früheren Angaben 625.000 Tonnen Jahreskapazität haben soll, Partner ist dort unter anderem Total. Die Fertigstellung sei für das erste Quartal 2021 geplant, so CEO Stern. Das Texas-Investment ist Teil der Borealis-Strategie, sich kostengünstige Rohstoffe verfügbar zu machen, in diesem Fall Ethan.

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Als weiteres Großprojekt nannte Stern den Bau der neuen Propan-Dehydrierungsanlage (PDH) in Kallo (Belgien), die Mitte 2022 in Betrieb gehen soll - Kapazität 750.000 Jato. Die PDH-Anlage ist ein wesentlicher Prozessschritt zur Herstellung von Propylen aus Propan. Noch heuer bis Jahresende will man eine endgültige Investitionsentscheidung für den Ausbau der Polypropylen-Anlage in Beringen (Belgien) treffen, dabei geht es nach früheren Angaben um eine Ausweitung um zumindest 250.000 Jahrestonnen.

Das dritte laufende Großvorhaben ist der bei Borouge, dem Joint-Venture von Borealis mit ADNOC, laufende Bau einer fünften Polypropylenanlage (PP5) im Borouge-3-Komplex in Ruwais (Vereinigte Arabische Emirate/VAE). Damit soll sich die PP-Kapazität um mehr als ein Viertel auf 2,24 Mio. t im Jahr erhöhen. Die Konstruktion dort mache gute Fortschritte, den Betriebsstart erhoffe man wie geplant für das dritte Quartal 2021.

Noch in der FEED-Phase ("Front End Engineering & Design") befindet man sich zum neuen Borouge-4-Komplex, wo es um einen Steam Cracker und Derivativ-Anlagen für Polymere geht. Die Mega-Expansion in Ruwais, die vermutlich eine hohe einstellige Milliardensumme kosten dürfte, hatten Borealis und ADNOC 2017 fixiert. Damals hieß es, dass die Kapazitäten in Ruwais damit um bis zu 4 Mio. t im Jahr steigen könnten. Umfassen soll der Komplex nach früheren Angaben einen Mixed-Feedstock-Cracker, der bestehende Rohstoffquellen in Abu Dhabi sowie nachgelagerte Derivatanlagen für Polyolefin- und Nicht-Polyolefinprodukte nutzen soll. Beim Steam Cracker gehe es um 1,8 Mio. t Ethylen-Kapazität im Jahr, so Stern, bei den Endprodukten um 2,5 Mio. t an Polymeren.

Gute Nachfrage sieht CEO Stern bei Anwendungen und Produkten von Borealis im Bereich der Kreislaufwirtschaft, auf die sich das Unternehmen verstärkt konzentriert. Über das mechanische Recycling hinaus kooperiert Borealis ja mit der OMV bei "ReOil": In einer Pilotanlage in der Raffinerie Wien-Schwechat verwandelt die OMV seit Frühjahr 2018 Altkunststoff zu Rohöl und zwar pro Stunde 100 Liter aus 100 Kilo Plastikmüll. Im Mai vereinbarten OMV und Borealis, diese chemische Wiederaufbereitung auszubauen. (apa/red)

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