Ansiedlung : Google: Österreichische Serverfarm in der Warteschleife

Christian Kolarik stellt alles bereit, was Google braucht: Strom, reichlich Wasser und ein Glasfasernetz mit drei internationalen Datenleitungen. Vom Land Oberösterreich kam eine eigene Anschlussstelle an die vom Land um 97 Millionen Euro errichtete Steyrer Straße B 309. Das Einzige, was dem Bürgermeister der oberösterreichischen Gemeinde Kronstorf noch fehlt, ist die Niederlassung selbst. Vor drei Jahren hatten sich die Landes-Betriebsansiedler „in der europäischen Champions- League der Standorte“ gewähnt: Internet- Riese Google hatte um einen zweistelligen Millionenbetrag in Kronstorf 75 Hektar Betriebsgrund erworben, um darauf dereinst eine Serverfarm zu errichten. Gebaut wurde in Kronstorf allerdings bis heute nichts. Dreistellige Millionenbeträge für die regionale Wirtschaft hatten sich die Landespolitiker erhofft, dazu bis zu hundert hoch qualifizierte Jobs. Ein konkretes Datum für den Spatenstich ist Google-Sprecher Kay Oberbeck auch nach drei Jahren Bodenprüfungen und anderen Vorarbeiten nicht zu entlocken. Ausbau in Finnland, Belgien, nicht in Österreich.Anderswo ist Google nicht so zögerlich: In Finnland wurde gerade eine ehemalige Papierfabrik von Stora Enso mit Meerwasserkühlung zur Serverfarm umgerüstet, die Anfang September in Vollbetrieb ging. Auch in Belgien wird ein bestehendes Google-Datenzentrum erweitert. Zum Kronstorf-Start bleibt Oberbeck dagegen vage. Einen konkreten Zeitplan könne man bei derartig langfristigen Investitionen in die Unternehmensstrukturen nicht nennen. Allem Anschein nach ist der regionale Datenstrom nicht so mächtig angeschwollen wie 2008 erwartet. Stefan Tweraser, bei Google Country Manager für Deutschland, Österreich und die Schweiz, gibt zu: „Wir haben derzeit mehr Serverkapazität, als wir brauchen.“ Google verfolge die Strategie, seine Rechenzentrumskapazitäten mit dem Datenaufkommen mitwachsen zu lassen, damit Suchanfragen möglichst nahe an der Quelle verarbeitet werden können. Drei Jahre Vorarbeit für Spatenstich. Oberösterreichs Standortverantwortliche „wissen auch nicht mehr“, sagt Harald Hochgatterer, Sprecher der landeseigenen Standortagentur TMG. Der Projektvorlauf sei jedenfalls nicht länger als in anderen Ländern, habe Google versichert: „Das ist für uns nachvollziehbar.“ Auch Kronstorfs Bürgermeister Kolarik übt sich in Geduld: „Wir sind im Finale, der Zeitplan ist aber Sache des Investors.“ Immerhin habe der US-Konzern schon Bäume als ökologischen Ausgleich für das spätere Betriebsgelände pflanzen lassen, 13.000 Stück insgesamt. Die Gemeinde erbringt laufend ihre Vorleistungen: Für den Kindergarten wurde eine englischsprachige Betreuerin angeheuert, auch in der Volksschule wird der Englischunterricht ausgebaut. Die Bauwirtschaft freut sich schon mal: Wohnbauträger bauen in Kronstorf und nicht in anderen Gemeinden – „wegen Google, und wir bringen die Wohnungen problemlos an“, so Kolarik. „Das Projekt hat eine gute Dynamik in die Gemeinde gebracht.“ Der eher zögerliche Projektfortschritt legt die Vermutung nahe, dass der Konzern Kronstorf hortet – zumal es in Westeuropa nicht allzu viele für eine leistungsstarke Serverfarm geeignete Standorte gibt (mit gesicherter Energiezufuhr, reichlich Kühlwasser, leistungsstarken Glasfasernetzen und Fachpersonal in der unmittelbaren Umgebung). Peter Berger vom Zentralen Informatikdienst der TU Wien und dort verantwortlich für den Vienna Scientific Cluster (VSC-2), den derzeit leistungsstärksten Supercomputer des Landes, schätzt deren Zahl auf „wahrscheinlich nicht mehr als einige Dutzend“. Das bestätigt auch Kay Oberbeck: „Wir müssen lange, lange suchen.“ Maike Seidenberger Wissen: Stromfresser Serverfarm 2,26 Milliarden Kilowattstunden Strom, fast so viel wie die Stadt Wien, verbrauchte der kalifornische Internetkonzern Google im Jahr 2010. Besonders energieintensiv sind die Datenzentren, über deren Server Suchanfragen und Dienste von Gmail über die Clips der Tochter You Tube bis zum sozialen Netzwerk Google+ laufen. Auf der Konzern-Website sind sechs Großserverfarmen in den USA und zwei in Europa (Hamina/Finnland, St. Ghislain/Belgien) verzeichnet. Eine Milliarde Suchanfragen pro Tag fordern ihren energetischen Tribut: Insgesamt ist der Konzern für fast 0,01 Prozent des weltweiten jährlichen Energieverbrauchs verantwortlich.