Luftfahrt : Germania: Wieder gerät eine deutsche Fluggesellschaft in Schieflage

Nach dem turbulenten Flugsommer 2018 steckt jetzt die deutsche Fluggesellschaft Germania in finanziellen Schwierigkeiten. Die Airline prüft mehrere Finanzierungsoptionen, um einen kurzfristigen Liquiditätsbedarf zu sichern. Angeblich läuft eine Käufersuche, bisher war dies nicht von Erfolg gekrönt.

Es gehe um die zentrale Frage, wie wir als mittelständisches Unternehmen auch weiterhin in einem Marktumfeld schlagkräftig bleiben, das von Fluggesellschaften mit konzernähnlichen Strukturen geprägt ist", teilte Germaniaabend in Berlin mit. Beim Flugbetrieb soll es aber keine Einschränkungen geben. Alle Germania-Flüge fänden planmäßig statt, hieß es.

Wie das Luftfahrt-Portal "aerotelegraph.com" berichtete, wird auch ein Verkauf der Gesellschaft erwogen. Die Suche nach neuen Aktionären sei aber bisher erfolglos geblieben. Dem Bericht zufolge brauchte Germania bereits kurz vor dem Jahreswechsel 20 Mio. Euro, um weiterfliegen zu können. Eine Germania-Sprecherin wollte diese Informationen zunächst nicht kommentieren.

Germania ist eine deutsche Fluggesellschaft mit einer mehr als 30-jährigen Geschichte. Sie betreibt nach eigenen Angaben 37 Mittelstreckenjets und ist neben Linienflügen auch für viele Reiseveranstalter unterwegs. Außerdem hatte sich das Unternehmen mit Sitz in Berlin den Werksverkehr für den Flugzeugbauer Airbus gesichert. Jährlich fliegen demnach mehr als vier Millionen Passagiere mit Germania. Unter anderem wurde vorigen Sommer Linz verstärkt angeflogen.

Der weltgrößte Reisekonzern TUI ist nach eigenen Angaben punktuell mit Germania im Geschäft. So habe der Veranstalter für die kommenden Tage eine geringe Zahl von Germania-Flügen von Leipzig/Halle aus gechartert, teilte TUI mit. Ab 19. Jänner werde hier aber ein neuer Partner übernehmen. Zudem habe TUI vereinzelt Tickets für Flüge von kleineren Flughäfen bei Germania eingekauft. Änderungen seien nicht geplant.

Germania gehört über eine zwischengeschaltete Beteiligungsgesellschaft komplett ihrem Chef Karsten Balke. Dieser startete Mitte 2016 eine Investitionsoffensive. So orderte Germania auf der Farnborough Airshow bei London 25 Airbus-Mittelstreckenjets der A320neo-Modellfamilie und sicherte sich Optionen auf 15 weitere Flugzeuge der Reihe. Die Auslieferungen sollen nach bisherigen Angaben im Jahr 2020 beginnen. Künftig will Germania mit einer reinen Airbus-Flotte unterwegs sein.

Dass das Geld bei der Airline jetzt knapp wurde, begründete das Management mit den stark gestiegenen Kerosinpreisen im vergangenen Sommer und der Abwertung des Euro zum US-Dollar. Zudem habe es "erhebliche Verzögerungen" bei der Aufnahme neuer Flugzeuge in die Flotte gegeben, und Germania habe außergewöhnlich viele technische Serviceleistungen bei ihren Flugzeugen in Anspruch nehmen müssen. Die Folge seien "große Belastungen" gewesen.

Den Problemen von Germania gingen in Europa zuletzt eine ganze Reihe von Airline-Pleiten voraus. Nach den Insolvenzen von Air Berlin samt Niki und der britischen Fluglinie Monarch 2017 waren im vergangenen Jahr gleich mehrere kleinere Gesellschaften wie Skyworks (Schweiz), VLM (Belgien), Small Planet und Azur Air (Deutschland), Cobalt (Zypern) und die skandinavische Primera Air kollabiert.

Als potenzielle Investoren für Germania kommen große europäische Luftfahrtkonzerne wie Lufthansa, Ryanair, Easyjet oder IAG in Frage. Eine Easyjet-Sprecherin sagte, man wolle die Spekulationen um Germania zum jetzigen Zeitpunkt nicht kommentieren. Die Intro-Gruppe des Nürnberger Unternehmers Hans Rudolf Wöhrl, die 2017 Interesse an Air Berlin hatte, teilte auf Anfrage mit, man könne zu der Angelegenheit "keine Auskunft geben".

In Berlin forderte die FDP-Fraktion den Senat auf, Germania in der Hauptstadt zu halten. Die Fehler von 2017, als Air Berlin von Regierungschef Michael Müller (SPD) vorschnell der Lufthansa angedient worden sei, dürften nicht wiederholt werden.

Neben gestiegenen Treibstoffkosten machte vielen Airlines 2018 das Flugchaos in Europa zu schaffen. Eine große Zahl von Verspätungen und Flugausfällen zogen Entschädigungen und Ersatzleistungen für die Passagiere nach sich. Der Weltluftfahrtverband IATA schätzt, dass Fluglinien für Entschädigungen europaweit rund zwei Milliarden US-Dollar (knapp 1,8 Mrd. Euro) zahlen mussten. Zu den Ursachen zählten Streiks von Fluglotsen in Frankreich, Engpässe an deutschen Flughäfen und die Neusortierung der Luftfahrt-Branche nach der Air-Berlin-Pleite. (dpa/apa/red)