Rührreibschweißen : Fügetechnologiespezialist Stirtec: Im Club der Großen

Stirtec Geschäftsführung von Stirtec (v. l. n. r.: Dipl.-Ing. Gunter Figner Dr. Thomas Weinberger Dr. Roland Rathner)
© Stirtec

Der Name des Auftraggebers tut nichts zur Sache, und auch sonst ist Roland Rathner an Verschwiegenheit gebunden, die er ernst nimmt. Ein Abenteuer, und was für eines, das war der Markteintritt in Asien jedoch und das bringt er gern zum Ausdruck: Im Herbst erreichten die Steirer mit der Auslieferung der ersten Anlage für das Festkörperfügen von Batteriewannen für Elektrofahrzeuge an einen in Südkorea domizilierten Automobilzulieferer die so wichtige Wegmarke. Inmitten der weltweiten Pandemie eine lehrreiche Herausforderung - neben den Sprachbarrieren.

Letzteres war auch ein Fall für den Google-Übersetzer, den man nach Ankunft im Land immerhin in knapp 35-stündiger Quarantäne im Hotel zu Rate ziehen konnte. Was Rathner, der mit Unternehmensgründer Thomas Weinberger die Geschäftssführung bildet, an der Story aber besonders freut: „Als kleiner Firma ist es uns nun geglückt, weltweit Spuren zu setzen“, erzählt er.

Expertendichte

Tatsächlich hat die 2010 als Spin-off der TU Graz gegründete Stirtec - in Premstätten ansässig und mit 97 Prozent Exportquote international ausgerichtet - im Club der großen Einlass gefunden. Auch in den USA hat man den Fuß in der Tür: Für die Serienfertigung des Plug-in-Hybrid-Fahrzeugs Jeep Wrangler PHEV in Alabama kommt die Technologie, die Rathner als „extrem zuverlässiges Fügeverfahren selbst für Druckguss“ bezeichnet, aus Österreich schon zum Einsatz. Hohe Crashfestigkeit und Gasdichtheit sind die Vorteile.

Die zunehmende Leistungsdichte bei Elektroantrieben und der noch stärkere Fokus auf Kühlung kommt den Steirern zupass: „Wird kompakter gebaut, kommt vermehrt Druckguss zur Anwendung“, heißt es bei Stirtec. Selbst Vorstudien mit OEMs und Tier-One-Zulieferern, die Potenziale des Verfahrens für die Fertigung von Batteriepacks zu ergründen, seien in der Anlaufphase. Ein glücklicher - aber bewusst herbeigeführter - Umstand: Für das Rührreibschweißen habe man seit der Jahrtausendwende „extrem gute Experten an Bord geholt“, sagt Thomas Weinberger.

Wasserstofftechnologie als künftiger Umsatzbringer

Der Wachstumskurs des Unternehmens ist folglich keine Überraschung. Binnen drei Jahren hat sich die Zahl der Mitarbeiter verdoppelt, der Umsatz hat sich gar verdreifacht. Im Herbst wurde in Lieboch ein zweiter Standort eröffnet, gefertigt werden die in Österreich entwickelten Anlagen von einem alteingesessenen Maschinenbaupartner in Tschechien. Neben dem „tollen Wachstumsmarkt Elektromobilität“ (O-Ton Thomas Weinberger) gibt es weitere Technologiefelder, die das Unternehmen künftig stärker zu bespielen gedenkt.

So lässt sich aus dem Wasserstoffprogramm der EU einiges an Potenzial für die Steirer ableiten. Zu einem Netz aus Stahlpipelines von nicht unerheblicher Gesamtlänge – es sind 12.000 Kilometer geplant - würde ein Fügeverfahren, das besten Korrosionsschutz bietet und Langlebigkeit garantiert, gut korrespondieren, hört man im Unternehmen. Auch für Wasserstofftanks wird die Anwendbarkeit der Technologie erprobt.

Lösung für punktförmiges Festkörperfügen

Glatte Oberflächen dort, wo man sie eigentlich nicht erwarten würde, bringt nicht zuletzt eine im Vorjahr vorgestellte Produktlinie - jene für das punktförmige Festkörperfügen. „Wir haben die geringere Reisetätigkeit infolge der Pandemie im Vorjahr genutzt und stattdessen unsere Hausaufgaben in der Entwicklung gemacht“, sagt Roland Rathner. Ein dem Prägeverfahren nicht unähnlicher Prozess mit rotierenden Stempeln lässt runde Fügepunkte mit hoher Oberflächengüte bei doppelter Festigkeit gegenüber der Vernietung entstehen. Anwendungsfelder: Der Architektur- und Baubereich, die Industrie, der Automobilbau - aber auch die Luftfahrt. Im Flugzeug seien Nieten „millionenfach verbaut“, sagt Rathner.

Bei alledem setzen die Steirer längst auf Vernetzung ihrer Anlagen und die lokale Analyse und Optimierung mittels Edge-Tools. Inline-Messverfahren an jeder ausgelieferten Anlage dokumentieren und überprüfen jede Tausendstel Sekunde des Fügeprozesses. Und korrigieren gegebenenfalls Schwankungen in der Materialgüte. Das - verlässlich wiederkehrende - Ergebnis sei eine "perfekte Fügestelle“, sagt Weinberger.