Preisgestaltung : "Früher war das doch umsonst…": So kommen Sie von der Gratiskultur weg

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Hauptsache gratis: Wenn wir etwas ohne "Opfer" in Form eines Preises bekommen, greifen wir meist zu, ohne lange zu überlegen. Ganz nach dem Motto: "Dem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul" findet eine Abwägung über Kauf oder Nichtkauf kaum statt. Da dauert es nicht mehr lange, und die Leistung wird vom Kunden als selbstverständlich wahrgenommen. Und zwar als etwas, das nur schwer wegzudenken ist, ohne dass der dadurch gestiftete Nutzen wirklich realisiert wird. Doch sobald dann ein Preis eingeführt wird, egal wie hoch dieser nun sein mag, ist es aus mit der Mitnahmementalität. Eigentlich müssten wir nun Nutzen und Opfer gegeneinander abwägen und uns fragen, ob es uns das wert ist. Dies muss nicht unbedingt rationale Gründe haben. Viele Kunden entscheiden sich aus Protest gegen den Weiterbezug. Die Preiseinführung wird schlicht als unfair empfunden, weil man den Nutzenaspekt vergessen hat.

Dennoch: Einen (wenn auch sehr niedrigen) Preis für eine Leistung einzuführen ist in vielen Fällen deutlich schwieriger beim Kunden durchzusetzen, als die Erhöhung eines bereits vorhandenen Preises. Nichtsdestotrotz kann diese Anstrengung sinnvoll sein, vor allem dann, wenn durch die neue Preiskomponente Erlöse generiert werden, ohne die Kunden zu sehr zu verprellen und damit mehr Ertrag erzielt wird als vorher.

So hat beispielsweise Ryanair im Jahr 2006 erfolgreich eine Gepäckgebühr in Höhe von 3,50 Euro pro Gepäckstück eingeführt. Die Zahl der Passagiere erhöhte sich dennoch um 20 Prozent. Der Quartalsgewinn stieg um 30 Prozent, was zu einem großen Teil der Einführung der Gepäckgebühr zu verdanken war. Ist ein Preispunkt einmal gesetzt, kann dieser in der Zukunft leichter erhöht werden. Manche Fluggesellschaften wären heute ohne die nach und nach eingeführten Zuschläge (z.B. Kerosinzuschlag, Kreditkartenzuschlag, Servicepauschale usw.) bereits pleite.

Schließlich kann sich ein eingeführter Preis auch positiv auf das Preis- und Qualitätsimage des Anbieters auswirken. Der Preis einer Leistung hat oft einen Einfluss auf die vom Kunden erwartete Qualität, denn "was nichts kostet, ist nichts wert".

Unternehmen begehen einen großen Fehler, wenn sie Preise nicht sorgfältig einführen. Unverständnis bei den Kunden ist vorprogrammiert: Wieso soll ich plötzlich für genau das zahlen, was ich bisher kostenlos bekommen habe? Die folgenden fünf Grundregeln haben sich bei der Einführung von neuen Preisen in der Praxis bewährt, um beim Kunden maximale Akzeptanz und damit eine Ertragssteigerung zu erzielen:

Leistung verbessern: Preise nicht "nur" einführen, sondern mit spürbaren Leistungsverbesserungen kombinieren.

Sauber begründen: Glaubwürdige Gründe für die Preiseinführung frühzeitig intern und extern kommunizieren und konsistent sein – vom Vorstand bis zum Vertrieb.

Stakeholder abholen: Mögliche Meinungsführer gegen die Preiseinführung frühzeitig ins Boot holen.

Bad News, good News: Den Kunden nicht nur schlechte Nachrichten servieren, sondern Preiseinführung mit guten Neuigkeiten verknüpfen.

Klein anfangen: Keinen zu hohen Startpreis für die Leistung wählen. Der erste Preis ist nur das Sprungbrett für weiterführende, größere Preiserhöhungen.

Preise neu einzuführen ist und bleibt eine große Herausforderung für jedes Unternehmen. Doch wer diese fünf praxisbewährten Regeln beachtet, erhöht deutlich seine Erfolgschance.

Dr. Thomas Haller ist Managing Partner bei Simon-Kucher & Partners in Wien.

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