Autoindustrie : Familie von Carlos Ghosn will UNO anrufen

Die Familie des seit November in Tokio inhaftierten Automanagers Carlos Ghosn will wegen Verletzung seiner Grundrechte die Vereinten Nationen anrufen. Das kündigte sein Anwalt in Frankreich, Francois Zimeray, in Paris an. Ghosns Anwalt in Tokio versucht unterdessen, seinen Mandanten auf Kaution aus dem Gefängnis freizubekommen.

Ghosn sei seit mehr als 100 Tagen in Japan inhaftiert, unter "mittelalterlichen Bedingungen", erklärte Anwalt Zimeray. Er vertritt die Ehefrau Ghosns, Carole, die kürzlich die "unmenschlichen" Bedingungen der Haft kritisiert hatte. Weitere Mandanten sind die Kinder Ghosns, Caroline, Maya, Nadine und Anthony.

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"Wir haben uns entschieden, die UNO anzurufen, weil sie mit der Wahrung der Grundrechte aller betraut ist", erklärte Zimeray. Das Gesuch gehe an die für willkürliche Verhaftungen zuständige Arbeitsgruppe.

Der Automanager Ghosn, der am kommenden Samstag 65 Jahre alt wird, war am 19. November überraschend in Japan festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem vor, er habe jahrelang ein zu niedriges Einkommen bei Nissan deklariert und persönliche Verluste auf den Autobauer übertragen.

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Verhaftung im November - Prozess im März

Der einstige Vorzeigemanager bestreitet die Vorwürfe hingegen und sieht sich als Opfer einer Verschwörung. Die Untersuchungshaft ist bis 10. März angeordnet. Danach soll der Prozess beginnen.

Sein Hauptanwalt in Japan, Junichiro Hironaka, sagte, er habe einen "überzeugenden" Antrag auf Haftentlassung vorgelegt; es wäre für ihn nicht "verwunderlich", wenn Ghosn freikomme.

Es ist bereits der dritte Versuch, Ghosn auf Kaution freizubekommen, aber der erste von Hironaka, der den Automanager erst seit Mitte Februar vertritt.

Hironaka schlug nach eigenen Angaben "weitere Auflagen" zur Kontrolle seines Mandanten im Fall einer Freilassung vor - etwa eine Videoüberwachung und eingeschränkte Kommunikationsmöglichkeiten mit der Außenwelt.

Er reichte den Kautionsantrag vergangener Woche ein. Noch habe das Gericht in Tokio nicht entschieden, das könne aber jeden Moment passieren. Im Fall einer Ablehnung werde er Berufung einlegen. Die Justiz sah bei Ghosn bisher Fluchtgefahr sowie die Möglichkeit, dass er Beweise vernichten könnte. (afp/apa/red)