Big Leaguer des Shopfloors : Fabrik2021: So will Pollmann Austria das Finalticket lösen

Pollmann Austria
© Hartwig Zögl

Es ist einer jener Expansionsschritte, die man nicht alle Tage hinlegt. In jeder Hinsicht monumental - und wohlgemerkt einer, der dieser Tage rapide weiter an Plastizität zulegt: Schon im Juli will der Waldviertler Automobilzulieferer Pollmann in der zentralmexikanischen Metropole San Miguel de Allende auf 5000 Quadratmetern die Produktion aufnehmen. Zum Auftakt wird ein Auftrag des deutschen Schließsystemherstellers Kiekert über die Fertigung von Türschlossgehäusen für die Premiummarken BMW und Daimler - Jahresvolumen: 1,4 Millionen Stück - für die nötige Basisauslastung im neuen Werk sorgen. Derzeit sei man am Circuito Corral de Piedras 52 „voll in Terminschiene“, schildert Manfred Jäger, der Standortleiter des Pollmann-Werks 2 in Vitis. Dass er so penibel über die Expansion im NAFTA-Raum Bescheid weiß, ist freilich kein Zufall.

Werk Vitis als Backup-Lösung

Große Abschnitte der Montagelinien für Mexiko wurden im 2019 eröffneten Werk in Waidhofen an der Thaya, das sich dieser Tage nun der Evaluierung durch Fraunhofer Austria stellt, komplett hochgefahren und durchgecheckt. Vor Wochen wurden die Anlagen abgebaut und per Container verfrachtet, nur Werkzeug befindet sich noch in Vitis. Der Produktionsanlauf ist folglich zum Greifen nah. Sollte die Pandemie - womit aktuell keiner rechnet - den Waldviertlern bei ihrer schnellen Lokalisierung dennoch einen Strich durch die Rechnung machen, wäre auch das kein Bremseffekt: „Weil typengleich, könnten diese größeren Baugruppen vorübergehend auch auf unseren Spritzgießmaschinen mit 650 Tonnen Schließkraft im Waldviertel produziert werden“, sagt Jäger.

Und das hocheffizient, denn in Vitis findet die ausgeklügelte Produkttechnologie der Waldviertler ihren würdigen Bezugsrahmen, wie Jäger, von der ersten Minute an maßgeblich in die Planung und Umsetzung des zweiten heimischen Standorts der Gruppe involviert, nur zu gut weiß: Die Prinzipien der schlanken Fertigung sind fester Bestandteil der Prozesslandschaft. Maschinendaten werden erfasst und Aufträge über MES, SAP und Warehousemanagement-Software an die Logistikarbeitsplätze durchgeschleust. Der hauseigene Anlagenbau automatisiert die Prozesse.

Standardgeräte wie etwa sechsachsige Knickarmroboter oder Linearhandling bilden flexible und zugleich robuste Lösungen auf den fünf Spritzgießfertigungs- und zwei weiteren reinen Automatisierungslinien für beispielsweise das Setzen von Dioden oder Mikroschaltern.

Energetisch optimiert

Eindruck macht auch das 80 Meter lange, dreigassige Hochregallager mit seinen 5.500 Palettenplätzen, in dem zwei Regalbediengeräte auf zehn Ebenen bis zu 1.200 Palettenbewegungen täglich verrichten können. Auch energetisch lassen die Waldviertler aufhorchen: Durch seine Nord-Süd-Ausrichtung und Nutzung aller Möglichkeiten zur Energierückführung ist für das gesamte Gebäude bei 24-Stunden-Produktionsauslastung keine externe Energie für Heizzwecke erforderlich. Der Standort Vitis wärmt sich in den kalten Monaten des Jahres also selbst.