Verschuldung : EZB-Chefin Lagarde will Urteil des deutschen BVG nicht nachvollziehen

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Nach dem jüngsten Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts hat EZB-Chefin Christine Lagarde die strikte Orientierung der Zentralbank an ihrem Mandat betont. "Wir bleiben unserem Mandat gänzlich verbunden - das steht außerfrage", sagte sie per Videokonferenz vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments.

Die von der EZB ergriffenen Maßnahmen gegen die Krise seien "vorübergehend, zielgerichtet und verhältnismäßig". Die Zentralbank prüfe zudem kontinuierlich die Verhältnismäßigkeit ihrer Instrumente. Zugleich verteidigte sie die jüngste Aufstockung des Notfallprogramms zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise, kurz PEPP: "Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen."

Oberste Richter Deutschlands fordern Verhältnismäßigkeit

Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat das billionschwere Programm PSPP zum Aufkauf von Staatsanleihen der Euro-Länder, das die EZB 2015 aufgelegt hatte, als teilweise verfassungswidrig eingestuft. Die Karlsruher Richter forderten, dass der EZB-Rat zeigen müsse, dass das Kaufprogramm "verhältnismäßig" sei.

Ansonsten sei es der Deutschen Bundesbank untersagt, nach einer Übergangsfrist an den Käufen teilzunehmen. Die Entscheidung betrifft zwar nicht das Programm zur Bekämpfung der Viruskrise. Doch Experten schließen nicht aus, dass auch gegen das PEPP-Programm Verfassungsbeschwerden eingereicht werden.

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Lagarde machte deutlich, dass die Währungshüter auch wegen des Inflationsausblicks das Pandemic Emergency Purchase Programme jüngst um 600 Milliarden auf 1,35 Billionen aufgestockt hätten. Denn die schwere Krise drückt die Inflationsrate, welche die für Preisstabilität zuständige EZB bei knapp unter zwei Prozent sehen möchte. Für dieses Jahr rechnet sie jedoch lediglich mit einer durchschnittlichen Teuerungsrate von 0,3 Prozent. Selbst 2022 dürfte die Inflation nach den Projektionen der EZB mit 1,3 Prozent ebenfalls noch weit vom Ziel der Notenbank entfernt bleiben.

Lagarde sagte, auch die Verschärfung der Finanzkonditionen habe die Notenbank bei ihrer Entscheidung zur Ausweitung des PEPP-Programms mit berücksichtigt. "Aus diesen beiden Gründen wurde entschieden, dass PEPP das beste Instrument ist." Es habe überdies seine Effizienz bereits bewiesen.

Lagarde betonte, die Unabhängigkeit der EZB müsse gewahrt bleiben. Diese Autonomie gehe zwar mit einer Rechenschaftspflicht einher. "Doch über die Geldpolitik wird im EZB-Rat entschieden", betonte die Französin. Das Europaparlament könnte jedoch eine Schlüsselrolle bei der Beilegung der durch das Karlsruher Urteil ausgelösten Streitfrage spielen: Wie die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" berichtete, hat der CDU-Europaabgeordnete Sven Simon die EZB schriftlich gebeten, ihre internen Beratungen zu den Wirkungen ihrer Kredite öffentlich zu machen. Die EZB sei zu einer Antwort verpflichtet. Union, SPD, Grüne und FDP im Europaparlament würden diesen Vorschlag unterstützen. (reuters/apa/red)