Energieversorger : EVN verschiebt Einführung der neuen Stromzähler - Investitionskurs geht weiter

Der NÖ-Energieversorger EVN hält an seinem Investitionskurs bei Stromnetzen, Windparks und der Trinkwasserversorgung fest, kritisiert aber den Rahmen für den Erneuerbaren-Ausbau. 2017/18 hat man dank Sonderfaktoren wie schon im Jahr davor mehr verdient, 2018/19 schwenkt man auf ein Normaljahr mit weniger Gewinn ein. Den Rollout der intelligenten Stromzähler (Smart Meter) startet die EVN erst 2020.

In die Netzinfrastruktur in Niederösterreich hat das börsennotierte Unternehmen 2017/18 rund 150 Mio. Euro investiert, hier gehen die Aktivitäten im Hinblick auf volatilere Erzeugung (Erneuerbare) und komplexere Verbrauchsmuster (E-Autos) weiter, hieß es im Bilanzpressegespräch. Vorangetrieben werden soll auch der geplante Ausbau der Windkraft-Kapazität: Hier erfolgte zuletzt eine Steigerung um 49 auf 318 MW, im neuen Geschäftsjahr sollen 370 MW erreicht sein, mittelfristig 500 MW, sagte Vorstandsdirektor Franz Mittermayer. Daneben verfüge man noch über 306 MW Wasserkraft-Erzeugungskapazität.

Der dritte Schwerpunkt soll beim Ausbau der überregionalen Trinkwassernetze liegen, hier will man bis 2030 rund 165 Mio. Euro investieren; hier erfolgt der Ausbau wegen des erwarteten Bevölkerungsanstiegs im NÖ-Versorgungsgebiet um ein Fünftel bis 2030. Im Ausland engagiert man sich bei Kläranlagen (drei wurden in Mazedonien fertig, eine erweiterte in Prag). In Bahrain zog man im September auch offiziell den Auftrag für die Kapazitätsverdopplung einer Kläranlage auf 1,6 Mio. Einwohner an Land in einem Konsortium (180 Mio. Euro Gesamtauftragswert) erhalten; in Kuwait verhandelt man exklusiv ein Abwasserprojekt, der finale Auftrag wird 2018/19 erwartet.

Die Rahmenbedingungen für die geplante 100-prozentige Deckung des Stromverbrauchs mit Erneuerbaren - bilanziell über ein Jahr gesehen - im Sinne der heimischen Klima- und Energiestrategie (#mission2030) hält das EVN-Management für unzureichend.

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EVN: Volle Versorgung mit Erneuerbaren derzeit nicht machbar >>

Die Volatilität im Netz werde zunehmen, es gebe aber zu wenig kalorische Kraftwerke zur Stabilisierung, und auch saisonale Sommer-Winter-Batterien würden noch fehlen. In Deutschland zahle die Bevölkerung im Jahr 22 bis 25 Mrd. Euro für Erneuerbare, in Österreich betrage die Förderung dagegen nur 800 bis 900 Mio. Euro jährlich, kritisierte EVN-Vorstandschef Stefan Szyszkowitz.

Weil die Erzeugung wegen des planmäßig steigenden Angebots an Erneuerbaren Energien immer volatiler werde, sei eine kalorische Stromproduktion für die Regel- und Ausgleichsenergie nötig, um die Netze stabil zu halten, gab der EVN-Chef zu verstehen. Der Kohleblock der EVN in Dürnrohr (NÖ) soll sein "Ende der technischen Verfügbarkeit mit 2025" haben, sagte Szyszkowitz und bezeichnete das Weiterfahren als eine Verantwortung im Hinblick auf die Gefahr eines Blackouts.

Mit der Smart-Meter-Ausrollung bei den Kunden wird die EVN erst im Jahr 2020 beginnen, sagte Szyszkowitz und räumte ein, dass man damit "spät dran" sei. Die Hardware sei vorhanden, es habe aber Probleme mit der Software und der damit verbundenen Sicherheit gegeben, erläuterte Mittermayer: "Ich gehe davon aus, dass wir Ende 2019 mit ersten Tests beginnen können."

Dank günstiger Bewertungseffekte und anderer Sonderfaktoren hat die EVN 2017/18 an den vorjährigen Nettogewinn anschließen können und will gleich viel an die Aktionäre ausschütten, erneut 0,44 Euro je Aktie plus 0,03 Euro/Aktie Sonderbonus. Profitiert hat man etwa von Effekten aus der Bewertung von Absicherungsgeschäften, während das energiewirtschaftliche Umfeld wärmer war. Der Nettogewinn stieg um 1,4 Prozent auf 254,6 Mio. Euro, für 2018/19 geht man von 160 bis 180 Mio. Euro aus, eine Rückkehr zu einem Normaljahr. Das EBITDA sank um 6,9 Prozent auf 671,8 Mio. Euro, das EBIT stieg um 13,3 Prozent auf 392,9 Mio. Euro.

Die Umsatzerlöse sanken um 6,5 Prozent auf 2,073 Mrd. Euro, v.a. wegen einer geringeren Stromvermarktung aus thermischer Produktion. Wegen einer um 16,5 Prozent auf 3.313 Gigawattstunden (GWh) gesunkenen Wärmekraft-Erzeugung ging die gesamte Stromproduktion um 8,8 Prozent auf 5.526 GWh zurück. Die Erneuerbaren-Erzeugung stieg um 5,7 Prozent auf 2.213 GWh. Der Stromverkauf an Endkunden blieb mit 18.413 GWh fast unverändert (-0,7 Prozent). Der Erdgasverkauf an Endkunden kletterte um 9,9 Prozent auf 5.178 GWh. Beim Wärmeverkauf an Endkunden erzielte die EVN einen Zuwachs um 3,2 Prozent auf 2.219 GWh.

Die Mitarbeiterzahl betrug im Schnitt 6.831 (6.840), davon 2.396 (2.368) in Österreich und 4.435 (4.472) im Ausland. (apa/red)

Der niederösterreichische Energieversorger EVN hält die Rahmenbedingungen für die geplante 100-prozentige Deckung des Stromverbrauchs mit Erneuerbaren im Sinne der #mission2030 für unzureichend. Die Volatilität im Netz werde zunehmen, es gebe aber zu wenig kalorische Kraftwerke zur Stabilisierung und auch saisonale Sommer-Winter-Batterien würden noch fehlen, erklärte das Management.

Für den kurzzeitigen Ausgleich und die Frequenzstabilisierung seien Batteriespeicher geeignet, wie man sie etwa in Prottes (NÖ) teste, sagte EVN-Vorstandsdirektor Franz Mittermayer im Bilanzpressegespräch. Für eine Langzeitspeicherung von Strom wäre eine solche Lösung aber zu teuer, die würde zum Beispiel für zwei Haushalte 3 Mio. Euro kosten. "Da muss eine andere Technik gefunden werden", so Mittermayer, nämlich etwa die Speicherung von aus Überschussstrom gewonnenem Wasserstoff in Gasspeichern.

Weil das Wind-, Solar- und Wasserkraftangebot im Sommer besser ist, müsse saisonal eine Strommenge von 11,5 Terawattstunden (TWh), über ein Sechstel des Stromverbrauchs Österreichs, für den Winter gespeichert werden, sagte EVN-Vorstandschef Stefan Szyszkowitz. Damit könnte dann die Leistungslücke von 9.500 Megawatt (MW) bewältigt werden, die es vor allem im Dezember und Jänner gebe. Deshalb begrüße man, dass Übertragungsnetzbetreiber (TSO) in der EU auch im Netz Strom speichern können sollen.

Weil die Erzeugung wegen des planmäßig steigenden Angebots an Erneuerbaren Energien immer volatiler werde, sei eine kalorische Stromproduktion für die Regel- und Ausgleichsenergie nötig, um die Netze stabil zu halten, gab der EVN-Chef zu verstehen. "Ohne Gas sind die nächsten Jahre nicht vorstellbar, was die Versorgungssicherheit betrifft", meinte Mittermayer dazu. Seitens der EVN könnte man sich etwa neue, kleinere Gasturbinenanlagen vorstellen, die müssten aber rentabel und eine Inanspruchnahme zur Netzstabilisierung durch die Austrian Power Grid (APG) als TSO gewährleistet sein, hieß es aus dem Unternehmen. Für die 27 TWh Stromvolumen, die bis 2030 in Österreich aus Wind, PV und Wasserkraft dazugebaut werden sollen, um für den dann erwarteten Verbrauch von 88 TWh gerüstet zu sein, fehle der parallele Kraftwerkspark, so Mittermayer: "Denn je mehr volatile Erneuerbare es gibt, umso mehr flexible Backup-Leistung werden wir brauchen." Im übrigen sehe man in Österreich kein Potenzial von zusätzlichen 6 TWh Wasserkraft als Teil der geplanten 27 TWh. Und das Photovoltaik-Ausbauziel "hieße PV auf 80 Prozent aller Dächer".

Zur Netzstabilisierung hat die EVN in der Saison 2017/18 erstmals eine Leistung von 1.090 MW bereitgestellt, sagte Szyszkowitz. Und im Zeitraum Mai bis September seien zusätzlich noch 430 MW für Österreich kontrahiert gewesen. In Summe seien die thermischen EVN-Kraftwerke an 157 Tagen im Einsatz gewesen. Eine direkte Bereitstellung von Kapazitäten für den süddeutschen Raum ist nach dem Ende der deutschösterreichischen Preiszone mit 1. Oktober nicht mehr zulässig; nun erfolgt die Reservekapazitäts-Bereitstellung für die Verbund-Tochter APG. Ein neuer 430-MW-Vertrag läuft vorerst bis September 2021.

Der Dürnrohr-Kraftwerksblock, der ursprünglich als Grundlast-Einheit für den Winter gebaut wurde und außer zum Anfahren mit Steinkohle befeuert wird, soll sein "Ende der technischen Verfügbarkeit mit 2025" haben, sagte Szyszkowitz auf Anfrage. Umweltorganisationen geht der Ausstieg der EVN aus der Kohleverstromung ja nicht rasch genug. Der EVN-Chef meinte zu dem Thema, hier sei auch Verantwortung im Hinblick auf die Gefahr eines Blackouts gefragt.

Den rechtlichen Rahmen für Investitionen in die Erneuerbaren Energien, die ab 2030 - bilanziell übers Jahr gesehen - den gesamten heimischen Strombedarf abdecken sollen, sieht Szyszkowitz als unzureichend an. In Deutschland etwa zahle die Bevölkerung im Jahr 22 bis 25 Mrd. Euro für Erneuerbare. Im üblichen Verhältnis 10:1 betrachtet wären das für unser Land 2,2 bis 2,5 Mrd. Euro, rechnete er vor. Tatsächlich betrage die Förderung in Österreich aber nur 800 bis 900 Mio. Euro jährlich.

Das soeben vom Parlament beschlossene neue Standortentwicklungsgesetz (StEntG) begrüßte der EVN-Chef. Die heimische E-Wirtschaft habe eine reihe standortrelevanter Projekte, die Durchlaufzeiten in den Genehmigungsverfahren seien hier bisher einfach zu lang. Das neue Gesetz sei hier "ein wesentlicher Schritt nach vorn". Projektgegner von NGOs oder aus der Bevölkerung sieht er nicht ausgebootet, die großen Projekte würden ohnedies immer intensiv diskutiert. Die E-Wirtschaft rechnet, dass für die Energiezukunft 2030 rund 50 Mrd. Euro Investments nötig sind, davon 30 Mrd. Euro für die Erzeugung, 20 Mrd. Euro für die Netze. Maßnahmen zu Stromspeichern, Batterien, "Power to X" usw. sind in diesen Summen aber noch nicht enthalten. (apa/red)