Speditionen : EuGH: Lastwagenfahrer dürfen nicht ausschließlich im Fahrzeug leben und arbeiten

Lkw-Fahrer dürfen ihre regelmäßige wöchentliche Ruhezeit nicht im Fahrzeug verbringen. Zu diesem Urteil kam der Europäische Gerichtshof (EuGH) nach jahrelangem Rechtsstreit in Luxemburg (Rechtssache C-102/16).

Das Transportunternehmen Vaditrans hatte im August 2014 geklagt, weil in Belgien eine Geldstrafe von 1.800 Euro verhängt werden kann, wenn ein Fahrer die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit in seinem Fahrzeug verbringt. Der EuGH sollte nun über die korrekte Auslegung einer entsprechenden EU-Verordnung entscheiden.

Eine Pause von 45 Stunden alle zwei Wochen

Das Urteil fiel eindeutig aus: Aus der Verordnung leite sich "offensichtlich" ab, dass die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit nicht im Fahrzeug verbracht werden dürfe. Es sei das Ziel des Gesetzgebers gewesen, die Arbeitsbedingungen der Fahrer zu verbessern. Dürften die Fahrer die 45 Stunden lange Pause nun im Fahrzeug abhalten, würde das dem Ziel zuwiderlaufen.

Lastwagenfahrer müssen nach sechs Fahrtagen eine 45 Stunden lange Ruhezeit einlegen. Diese kann aber verkürzt werden. Dadurch ist eine Pause von mindestens 45 Stunden am Stück nur alle zwei Wochen nötig. Tägliche Ruhezeiten von mindestens neun Stunden sowie verkürzte wöchentliche Ruhezeiten können hingegen weiter im Fahrzeug verbracht werden, wenn geeignete Schlafmöglichkeiten vorhanden sind.

Auch in Österreich wächst der Unmut

Auch in Österreich wächst der Unmut angesichts des Lohndumpings auf heimischen Autobahnen. Bei einer heuer durchgeführten Befragung von 1.000 Transitfahrern aus Südosteuropa bekam die österreichische Verkehrsgewerkschaft Vida einen Einblick in die harte Realität der Lkw-Fahrer. Vier von fünf kochen täglich im Lkw. 70 Prozent waren seit über zwölf Wochen nicht zu Hause.

Nun soll ein europäischer Schulterschluss für eine Verbesserung sorgen: Österreich hat mit anderen EU-Staaten schärfere Kontrollen im Lkw-Verkehr vereinbart. Ziel ist es, das stark steigende Dumping bei Löhnen der Transportunternehmen zurückzudrängen. Ob mit dem Vorhaben jemals Änderungen in der Realität folgen, bleibt offen.

WDR: Monatslöhne von 300 Euro

Eine aufsehenerregende Dokumentation des Westdeutschen Rundfunks hat vor wenigen Monaten aufgezeigt, dass große Pateklogistiker bevorzugt Fahrer aus Osteuropa beschäftigen, die für umgerechnet 300 Euro im Monat fahren - oft in der Nacht und oft bei Arbeitszeiten von 20 Stunden am Tag und mehr.

Dabei schlafen und kochen die Fahrer direkt in ihren Lieferwagen - und zwar monatelang. Auf den großen Parkplätzen auf dem Firmengelände der Konzerne, etwa bei der Deutschen Post, werden sie dabei großzügig geduldet, so der WDR-Bericht "Leben auf der Raststätte - die Sprinterkolonnen aus Osteuropa".

(red/apa/sda/dpa)

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