Energiewirtschaft : EU-Kommission: Klimaneutralität bis 2050 ist möglich

In der Klima-Generaldirektion der EU-Kommission herrscht Zuversicht, dass die Europäische Union bis 2050, in drei Jahrzehnten, "klimaneutral" sein kann. Dann werde es kaum mehr fossile Energieträger in Stromerzeugung und Industrie geben, aber noch im Transport- und Flugsektor, sagte Christian Holzleitner aus dieser Brüsseler Abteilung bei der Energiekonferenz "Energy2050", die der Verbund vergangene Woche in Fuschl in Salzburg veranstaltet hat.

"Die Kühe werden dann die größten Emittenten sein" - und auch der Dünger, also in Summe der Agrarsektor, meinte der Experte. Daher müsse man diskutieren, wie sich langfristig die Menschen ernähren und Lebensmittel produziert werden. Wenn man keine CO2-Einspeicherung (CCS) wolle, dann müsse man weniger Fleisch essen. Werde der Rinderbestand reduziert, könne auf den frei werdenden Flächen zusätzlich CO2 gespeichert werden, in Wäldern und Böden.

Wirtschaftswachstum und sinkende Emissionen sind Realität

Einen Gegensatz zwischen "klimaneutral" und "wettbewerbsfähig" sehe man in der GD Klima der EU-Kommission nicht, sagte Holzleitner, der dort ein Abteilungsleiter ist. Seit 1990 sei die EU-Wirtschaft um 50 Prozent gewachsen, zugleich seien die Emissionen um 25 Prozent gesunken. Als weiteres Exempel nannte er - in einem schriftlichen Statement - Schweden: Das Land senkte seit 2000 seine Treibhausgasemissionen um 21 Prozent, zugleich wuchs die Wirtschaftsleistung um 31 Prozent. Investitionen in erneuerbare Energien stärken eine nationale Wirtschaft, so der Vertreter aus Brüssel.

Trotz der Absenkung der Emissionen könne man weiter auf ein gutes Wirtschaftswachstum zählen, auch weil die erneuerbaren Energien wie Windkraft und Solar zu den günstigsten Energieformen weltweit gehörten. Die Investitionen in erneuerbare Energien würden weltweit bis 2040 drei Mal so groß sein wie in fossile Energien, aber nicht wegen Europa, sondern durch China und Indien. Auch China habe zu wenig fossile Energien und wolle seine Importabhängigkeit senken. In Europa würden jährlich 2 Prozent des BIP für Energieimporte aufgehen, das "sollten wir zurückholen nach Europa".

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An "Clean Investments for Europa" würden bis 2050 jährlich zusätzlich um die 200 Mrd. Euro nötig sein, laute die Schätzung Brüssels. Das erhöhe aber die langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Lebensqualität. Zudem hätten diese Investitionen auf die Technologien bezogen eine sehr lange Nutzungsdauer. "Wir möchten, dass diese Investitionen möglichst rasch erfolgen", sagte Holzleitner. Das sei "auch eine Frage der Marktführerschaft der Industrie" - nämlich: "Sind es wir, die etwas entwickeln, oder China?"

Unterstützend wirken soll dabei ein "Innovationsfonds" mit zumindest 10 Mrd. Euro Volumen jährlich, den die EU-Kommission schon vor über einem halben Jahr vorgestellt hat. Die genaue Dotierung hänge vom CO2-Preis ab, so Holzleitner. Steige der Preis auf 40 Euro pro Tonne CO2, könnten es auch 20 Mrd. Euro sein - derzeit liege der Preis zwischen 25 und 30 Euro/t. Durch Co-Finanzierungen wolle Brüssel bei der Einführung neuer Technologien am Markt helfen; diese Technologien sollten später selbst profitabel werden. Schon 2020 wolle man die erste Milliarde Euro vergeben. (APA)