Überblick zum Thema : EU definiert Ziele für Reduktion von CO2-Emissionen bis 2030

Im Kampf gegen den Klimawandel gibt die EU-Kommission den Mitgliedsländern erstmals nationale Ziele bis 2030 zur Reduzierung von Treibhausgasen vor. Die einzelnen Mitgliedstaaten müssen demnach bis 2030 ihren Schadstoffausstoß in Bereichen wie Gebäuden, Land- und Abfallwirtschaft sowie dem Verkehrsbereich insgesamt zwischen null und 40 Prozent senken. Österreich soll 36 Prozent erreichen.

Der Vorschlag berücksichtige die unterschiedliche Wirtschaftskraft der EU-Länder, erklärte die Kommission am Mittwoch. "Das sorgt für Fairness, weil Mitgliedstaaten mit höheren Einkommen ehrgeizigere Ziele übernehmen werden als solche mit niedrigen Einkommen."

Ziele gelten außerhalb des Emissionshandels

Das Reduktionsziel gilt in den Bereichen außerhalb des Industriesektors und somit außerhalb des Emissionshandels, wie die Brüsseler Behörde mitteilte. Die Vorgaben basieren jedoch auf der Annahme, dass Großbritannien Teil der EU ist. Gehört das Vereinigte Königreich nicht mehr zu der Union, müssen womöglich andere Mitgliedsländer größere Lasten zum Erreichen der Klimaziele schultern. Nach den nun vorgelegten Plänen soll Großbritannien, das vor allem auf Atomkraft setzt, die Treibhausgase um 37 Prozent kappen.

Schweden und Luxemburg haben mit einer Reduzierung von 40 Prozent die ambitioniertesten Ziele erhalten, für Deutschland sind 38 Prozent vorgesehen, während Polen, das weniger wirtschaftsstark ist und auf klimaschädliche Kohlekraftwerke setzt, nur eine Vorgabe zur Verringerung von sieben Prozent aus Brüssel bekommen hat. Gar nicht reduzieren muss Bulgarien. In die Berechnungen sind bei einigen Ländern zwei Variablen eingebaut, die sich aus einer Anrechnung von Verschmutzungszertifikaten für die Industrie und dem Anteil von Landwirtschaft und Wäldern in den jeweiligen Ländern ergeben.

EU-Vizepräsident Jyrki Katainen sagte, es gehe um mehr als den Verkehr und Emissionen. Es sei ein weiteres Kernstück der Bemühungen um die Modernisierung der europäischen Wirtschaft und die Stärkung des Binnenmarkts.

Verkehr als einer der größten Umweltsünder

"Über den Kommissionsvorschlag wird in den kommenden Monaten im Rat und im Europäischen Parlament beraten. Ich rechne mit einer Beschlussfassung im Laufe des Jahres 2017", erklärte Bundesminister Andrä Rupprechter (ÖVP) in einer ersten Reaktion. Der heutige Vorschlag sei ein wichtiges Signal für die kommende Weltklimakonferenz im November 2016 in Marokko. " Rupprechter erinnerte auch noch einmal daran, dass in Österreich vor kurzem ein Konsultationsprozess gestartet wurde, an dem alle Stakeholder teilnehmen können.

Die EU hat seit 2005 ein System zum Handel mit Verschmutzungszertifikaten aufgebaut, durch das die Industrie zur Verwendung klimaschonender Technologien animiert werden soll. Die 28 EU-Staaten hatten 2015 auf der Weltklimakonferenz in Paris zugesagt, den Anstieg der Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Dafür will die EU bis 2030 den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 bzw. CO2-Äquivalent bis 2030 um 40 Prozent gegenüber 1990 verringern. Im Bereich des Emissionshandels, der Industrie und Energiewirtschaft betrifft, wurde darauf eine Senkung um 43 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005 festgelegt.

Die Kommission kündigte weitere Initiativen bis Jahresende an, bei denen es um erneuerbare Energien und Energieeffizienz geht. EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc forderte den Übergang zu einer emissionsarmen Mobilität. Der Verkehr verursache ein Viertel der Treibhausgasemissionen in Europa und sei eine der Hauptursachen für die Luftverschmutzung. (APA/AFP/Reuters/red)

Reaktionen von Umweltschützern und Grünen: "Keine Ausreden mehr" - "Schwer enttäuscht"

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat die Regierung aufgefordert, die diese Woche präsentierten Vorgaben der EU und die Ergebnisse der Pariser Klimakonferenz "rasch in die nationale Energie- und Klimastrategie zu integrieren". Spätestens mit der heutigen Bekanntgabe der EU gebe es keine Ausreden mehr.

Kritik übte Greenpeace nicht nur an "den fehlenden Klimaschutzzielen", sondern auch am "unausgegorenen Prozess zur Einbindung der Bevölkerung bei der Erstellung der Klimastrategie". Die Umweltorganisation Global 2000 verlangte "mehr Tempo bei der Energiewende". Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) müssten jetzt klarstellen, "dass die kommende Energie- und Klimastrategie den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas zum Ziel hat und wir die Energiewende in Österreich umsetzen, anstatt uns teuer über CO2-Zertifikate freizukaufen", betonte Klimasprecher Johannes Wahlmüller.

Der WWF kritisierte die von der EU bekanntgegebenen Klimaziele für Österreich. Österreich muss seine Treibhausgasemissionen auf Basis von 2005 um 36 Prozent verringern. Für den WWF ist diese Reduktion "viel zu gering", um als Klimaschutzziel ausreichend wirksam zu sein, sie entspreche auch nicht den Pariser Klimaschutzbeschlüssen. "Die Bundesregierung muss für 2030 eine CO2-Reduktion von 50 Prozent auf Basis von 1990 festlegen und den Ausstieg aus fossilen Energien bis 2050 zur Zielvorgabe der österreichischen Energie- und Klimastrategie machen", sagte WWF-Klimasprecher Karl Schellmann.

Die Grünen verlangten einen Plan für die vorgeschriebene CO2-Reduktion. "Das Ziel ist für Österreich zwar schwächer ausgefallen als erwartet, wir dürfen aber dennoch keine Zeit verlieren, denn mit den aktuell wirksamen Klimaschutzmaßnahmen halten wir lediglich den aktuellen Emissionsstand", kommentierte die Umweltsprecherin der Grünen, Christiane Brunner. Die Regierung wäre gut beraten, im Sinne der Kosteneffizienz, sich ein ambitionierteres Ziel für 2030 zu stecken.

Beim Umweltdachverband zeigt man sich von der Vorgabe für Österreich "schwer enttäuscht". Dieser würde den Zielen des Weltklimavertrages klar widersprechen. "Anstatt dem Abkommen von Paris gerecht zu werden, verschreibt sich die Kommission veralteter Zielsetzungen bis 2030, die das 1,5 Grad-Ziel deutlich verfehlen", kritisierte Michael Proschek-Hauptmann, Geschäftsführer des Umweltdachverbandes. Der Vorschlag der Kommission beruhe auf den Ratsbeschlüssen vom Oktober 2014, die die aktuellen Entscheidungen von Paris nicht berücksichtigen. (APA/AFP/Reuters/red)