Erdgas : Erdgas vor Zypern: Türkei kündigt neue Bohrungen an - EU warnt

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Im Umfeld der Libyen-Konferenz in Berlin hat die Europäische Union die Türkei vor widerrechtlicher Öl- und Gasförderung im östlichen Mittelmeer, insbesondere vor der Küste Zyperns, gewarnt. "Alle Mitglieder der internationalen Gemeinschaft müssen von Handlungen absehen, die der Stabilität und Sicherheit der Region schaden könnten", erklärte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell in Brüssel.

Die Pläne der Türkei "für neue Erkundungs- und Förderaktivitäten in der gesamten Region laufen dem unglücklicherweise zuwider", hieß es in der Erklärung. Eine Liste zu möglichen Strafmaßnahmen wird nach Angaben von EU-Vertretern derzeit vorbereitet und soll beim Treffen der EU-Außenminister in Brüssel diskutiert werden. Sie reichen von einem Einreiseverbot für die EU bis zum Einfrieren von Guthaben. Außerdem sollen die Betreffenden vom Erhalt von EU-Geldern ausgeschlossen werden.

Flüchtlinge als massives Druckmittel Ankaras

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan hat solche "Ultimaten" der EU wiederholt zurückgewiesen. Er verwies darauf, dass sein Land vier Millionen Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien beherberge und mit einer Öffnung der Grenzen für sie eine Massenflucht in die EU auslösen könne.

Türkei kassiert bis heute umfangreiche Beihilfen der EU

Die EU hat die sogenannten Vorbeitrittshilfen für die Türkei in diesem Jahr drastisch zusammengestrichen. Das berichten die Zeitungen der deutschen Funke-Gruppe unter Berufung auf ein Schreiben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell an das EU-Parlament.

Von den Kürzungen unberührt bleiben EU-Zahlungen im Rahmen des Flüchtlingsabkommens an die Türkei. Als Gründe für die Einschnitte im Ausmaß von 75 Prozent nannte Borrell demnach den Gasstreit im Mittelmeer, also die aus EU-Sicht unbefugten Gasbohrungen der Türkei vor der Küste des EU-Mitglieds Zypern, und die Militäroffensive Ankaras in Syrien.

EU kürzt Beihilfen um 75 Prozent

Als Gründe nannte Borrell demnach den Gasstreit im Mittelmeer, also die aus EU-Sicht unbefugten Gasbohrungen der Türkei vor der Küste des EU-Mitglieds Zypern, und die Militäroffensive Ankaras in Syrien. Borrell schreibt demnach, die EU habe eine weitere Kürzung der sogenannten Vorbeitrittshilfen beschlossen, so dass für 2020 jetzt 75 Prozent der ursprünglich vorgesehenen Zuweisung gestrichen seien.

Nach Angaben aus der EU-Kommission erhalte die Türkei in diesem Jahr nur noch 168 Millionen Euro aus dem sogenannten IPA-Programm für die Heranführung an die EU. 150 Millionen Euro davon fließen den Angaben zufolge in den Bereich "Demokratie und Rechtsstaatlichkeit", 18 Millionen Euro in ein Programm zur ländlichen Entwicklung, wie die Kommission mitteilte.

Es fließt weiter viel Geld in die Türkei

Borrell erklärte laut den Funke-Zeitungen, schon zuvor habe die EU die Hilfen seit 2017 um insgesamt 1,2 Milliarden Euro gekürzt. Borrell betonte aber, die EU-Hilfe bleibe wegen ihrer Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit relevant.

Die EU wirft Ankara einen Abbau der Rechtsstaatlichkeit vor. Entsprechend umstritten sind die Zahlungen, die ursprünglich 3,5 Milliarden Euro im Zeitraum 2014 bis 2020 betragen sollten.

Erdogan kündigt neue Bohrungen direkt vor der Küste Zyperns an

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat vergangenen Donnerstag angekündigt, in diesem Jahr "so schnell wie möglich" in einem mit Libyen vereinbarten Gebiet nach Erdgas zu suchen.

Griechische Fernsehsender unterbrachen daraufhin ihr Programm, um über die Ankündigung zu berichten. Denn das Vorhaben betrifft auch potenziell erdgasreiche Regionen südlich von Kreta, die laut Griechenland zur Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) des Landes gehören.

Griechische TV-Sender unterbrechen ihr Programm

Athen hatte gewarnt, dass es sich gegen solche Schritte mit allen Mitteln zur Wehr setzen werde - nachdem Ankara im November mit Libyen ein Abkommen zu Seegrenzen im Mittelmeer unterzeichnet hatte, damit die Türkei "einen fairen Anteil" der Ressourcen in den Gewässern erhalte, wie damals der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte. Die türkische Lesart lautet, die Insel Kreta etwa habe zwar Hoheitsgewässer, aber keinen Festlandsockel, mithin auch keine Ausschließliche Wirtschaftszone.

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Erdogan sagte erneut, dass es ohne die Zustimmung Libyens und der Türkei nicht mehr möglich sei, in den betreffenden Gewässern Such- und Bohrarbeiten durchzuführen oder eine Pipeline zu bauen. Damit bezog er sich unter anderem auf ein Pipeline-Projekt, auf das sich Griechenland, Zypern und Israel zur Empörung der Türkei jüngst geeinigt hatten.

Es droht ein Konflikt vor der Küste Kretas

Aus dem griechischen Außenministerium hieß es: "Der rechtliche Status der Ägäis und der Inseln ist durch internationale Verträge definiert und unumstritten." Die Ansprüche der Türkei und die willkürlichen Auslegungen des Seerechts änderten daran nichts.

Ein ähnlicher Konflikt besteht bereits mit Zypern. Dort sind türkische Schiffe für Probebohrungen schon seit 2019 unterwegs. Die EU-Staaten hatten deshalb einen rechtlichen Rahmen für Sanktionen gegen die Türkei geschaffen. Ankara weist den Vorwurf, die Bohrungen seien illegal, zurück. Der betroffene Meeresboden gehöre zu ihrem Festlandsockel, argumentiert die Türkei.

Türkei beteiligt sich auch am kriegerischen Konflikt in Libyen

Die Parteinahme der Türkei im Libyen-Konflikt scheint durch wirtschaftliche Interessen motiviert zu sein. Ankara unterstützt die international anerkannte libysche Regierung von Ministerpräsident Fayez al-Sarraj und ließ sich im November von dieser im Gegenzug in einem umstrittenen Seeabkommen eine erhebliche Ausweitung des türkischen Seegebiets im östlichen Mittelmeer bestätigen. Dazu: Türkei und Libyen teilen das östliche Mittelmeer unter sich auf >>

Im Gegenzug schlug sich das EU-Mitglied Griechenland auf die Seite des abtrünnigen libyschen Generals Khalifa Haftar, der weite Teile des afrikanischen Landes kontrolliert. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu warf Griechenland vor, mit seiner ausdrücklichen Unterstützung Haftars die Bemühungen um einen Frieden in Libyen zu sabotieren.

(afp/dpa/apa/red)