Bahnindustrie : Elektrischer Cityjet von Siemens: Tests der ÖBB in der Endphase

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© APA/ANDREAS STANGL

Nach einem Service-Wochenende bei Siemens in Wien ist der batteriebetriebene Cityjet Eco seit Dienstag wieder im Probebetrieb auf der Strecke Graz-Radkersburg unterwegs. Bis 13. Dezember können dort Passagiere das neue Fahrgefühl erleben. Wie eine aus dem Kino bekannte "sneak preview", also eine unangekündigte Filmvorführung, die in anderen Kinos erst später anläuft.

Ein von Siemens und ÖBB entwickelter Prototyp

Der von Siemens und den ÖBB gemeinsam entwickelte Triebwagen fährt auf seinem Dach ein Batteriesystem mit, das sich auf elektrifizierten Abschnitten über den Stromabnehmer auflädt. Siemens zufolge lasse sich die Baureihe ÖBB Cityjet Desiro ML "mit relativ wenig Aufwand" mit dem neuen System ausstatten.

Im Vergleich zu Dieselfahrzeugen kann dieser Zug dann nicht elektrifizierte Teilstücke ebenfalls bewältigen. Das sei gerade für Österreich eine gute Lösung, heißt es bei den ÖBB: Knapp ein Viertel der Bahnstrecken hierzulande haben überhaupt keine Stromleitung.

Jener Prototyp des Cityjet Eco, der auf dem elektrifizierten Streckenteil von Graz nach Spielfeld verkehrt, fährt auf dem elektrifizierten Streckenteil mit dem Starkstrom aus der Oberleitung.

Passagiere bekommen praktisch nichts mit

Auf diesem Abschnitt ist folglich kaum ein Unterschied zu den gewöhnlichen Regionalzügen zu bemerken. Außer vielleicht, dass die neue, CO2-gesteuerte Temperaturregelung im Triebwagen gut zu wirken scheint. Jedenfalls ist es weder zu kalt noch zu warm. In der Tat wirken die Fahrgäste so, als wären sie sich gar nicht dessen bewusst, dass sie in einer möglicherweise revolutionären Neuheit unterwegs sind. Da hilft auch das teilweise in Grün gehaltene Garniturendesign nichts.

Ab Spielfeld fährt der Cityjet Eco dann mit dem gespeicherten Strom aus dem auf dem Dach montierten 14-Tonnen-Akku. Jetzt fällt doch mehreren das Fehlen des vertrauten Dieselgeräusches auf. Am Endbahnhof in Bad Radkersburg verweilt der Zug nur zehn Minuten, dann fährt die gleiche Garnitur wieder nach Spielfeld zurück.

Kein Aufladen nötig

Aufladen ist nicht notwendig, die Reichweite der 528-Kilowattstunden-Akkus reicht locker, obwohl sie im Ruhezustand innerhalb dieser Zeit auch vollständig aufgeladen werden könnten. Im Fahrbetrieb auf der elektrifizierten Strecke dauert das Aufladen allerdings länger.

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Vor dem gegenwärtigen Probebetrieb wurde der Cityjet Eco bereits auf Strecken in Nieder- und Oberösterreich getestet. In Zukunft und im Fall positiver Bewertung der Testfahrten sollen die noch in der Entwicklung befindlichen Hybridgarnituren in Serienversion gebaut werden und die Dieselzüge auf den Nebenstrecken nach und nach österreichweit ersetzen. Bei den ÖBB hofft man, dass es innerhalb des kommenden Jahrzehnts soweit sein könnte.

"Cityjet" ist die Marke von den ÖBB, die von Siemens und Bombardier hergestellt wird. Siemens nennt sein Baureihe "Desiro", bei Bombardier heißt die entsprechende Baureihe "Talent".

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Auch in anderen EU-Ländern, darunter in Deutschland und in Dänemark, hat man ähnliche Pläne. Obwohl es laut ÖBB bisher noch keine Gespräche mit Nachbarländern über einen möglichen grenzüberschreitenden Einsatz der Akku-Triebwagen gegeben hat, sei dies sicherlich früher oder später ein Thema, so ÖBB-Sprecher Herbert Hofer.

Beispielsweise könnten im Regionalverkehr auf der Südbahn nach Maribor mit den Hybridzügen die wegen der unterschiedlichen Netze notwendigen und die Reisezeit verlängernden Lokwechsel am Grenzbahnhof Spielfeld vermieden werden. Gleiches würde gelten, falls es eines Tages doch noch zu einer durchgehenden Wiedererrichtung der Radkersburger Nebenbahn bis zum ehemaligen Bahnknoten Luttenberg (heute slowenisch Ljutomer) kommt.

(von Andreas Stangl, APA/red)

Täglicher Fahrplan für Cityjet Eco im Batteriemodus bis 13. Dezember:

09:11 Uhr - 09:52 Uhr Spielfeld -> Bad Radkersburg;

10:02 Uhr - 10:43 Uhr Bad Radkersburg -> Spielfeld;

12:34 Uhr - 13:15 Uhr Spielfeld -> Bad Radkersburg;

13:24 Uhr - 14:05 Uhr Bad Radkersburg -> Spielfeld.

In Spielfeld jeweils Anschlussverbindung nach Graz.