Insolvenzen : Einstiger Bauriese Alpine hat Bilanzen geschönt

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Auch dreieinhalb Jahre nach seinem Ruin hat der einstige Bauriese Alpine noch viele juristische Baustellen offen, eine ganze Reihe von Gerichtsklagen wird noch abzuarbeiten sein. Denn die Alpine habe ihre Zahlungsunfähigkeit um 2,5 Jahre zu spät offengelegt und die Bilanzen bis dahin geschönt, ergibt ein Gutachten des Sachverständigen Josef Schima für das Konkursgericht Wien.

Durch die verspätete Einleitung des Konkursverfahrens sei ein Schaden von 138,2 Millionen Euro entstanden. Darin nicht enthalten ist die Schädigung der Privatanleger, die in den Jahren 2010 bis 2012 noch Alpine-Anleihen gezeichnet haben.

Die größte Pleite der Zweiten Republik

Die Alpine Bau hatte Mitte Juni 2013 mit Passiva von rund 2,9 Milliarden Euro die bisher größte Pleite in der Zweiten Republik hingelegt. Der Bauriese beschäftigte rund 7.000 Mitarbeiter.

Die "buchmäßige Überschuldung der Alpine Bau" habe "jedenfalls ab dem Jahr 2009" bestanden, stellte Schima laut der Tageszeitung “Kurier" fest. Allein im Jahresabschluss 2009 seien angeblich zumindest 20 Bauprojekte falsch dargestellt worden. Folglich soll auch das Eigenkapital um 140 Millionen Euro zu hoch ausgewiesen worden sein. Und: "Spätestens zum 30. November 2010 lag die Insolvenz vor", heiße es in dem Gutachten weiters. Hätte die Alpine ihre Finanzlage offengelegt, hätten die Banken vermutlich alle ihre Kredite fällig gestellt.

Außerdem hätte die Alpine "bei einem negativen Eigenkapital in Höhe von 20 Millionen Euro" 2010 keine Anleihe mehr begeben dürfen. Zwischen 2010 und 2012 hatte die Mutter des Baukonzerns, die Alpine Holding, drei Anleihen im Gesamtvolumen von 290 Millionen Euro an rund 7.000 Anleger ausgegeben. "Es kann nicht angenommen werden, dass es der Alpine bei dieser negativen Geschäftsentwicklung gelungen wäre, eine Finanzierung zu erhalten", zitiert der "Kurier" aus dem Gutachten. Aufgrund der Falschangaben in den Jahresabschlüssen hätten jedoch zusätzliche Mittel beschafft werden können.

Gutachten nicht objektiv?

Die spanische Alpine-Muttergesellschaft FCC weist der Zeitung zufolge sämtliche Vorwürfe zurück. Das Gutachten weise "erhebliche Mängel" auf, sei tendenziös und nicht objektiv. Schima gehöre zur Wirtschaftsprüfungsfirma BDO, die schon für den Insolvenzmasseverwalter der Alpine ein Gutachten verfasst und "Bilanzkosmetik" aufgedeckt habe.

"Das Gutachten erhärtet den Verdacht massiv, dass bei den Bilanzen getrickst wurde", zitiert die Zeitung den Anwalt Eric Breiteneder. Für die betroffenen Anleger steige damit die Chance, dass sie die spanische FCC, das frühere Management und den Bilanzprüfer zur Verantwortung ziehen könnten. Breiteneder habe mit seiner Anzeige die Alpine-Ermittlungen ausgelöst und bastle derzeit an einer Sammelklage für geschädigte Anleger. (apa)