Wirtschaftspolitik : Eingeweihte: Industrie bereitet sich auf harten Brexit vor
Große Industriekonzerne in Europa bereiten sich auf einen harten Brexit vor. Mit einer Einsatzgruppe rund um Branchengrößen wie Airbus, Siemens und die Deutsche Bank bereiten sich etwa Experten des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) auf Einschnitte vor, sagen Eingeweihte.
Bis Ende des Jahres sollen die Experten demnach Gefahren aufzeigen, die von einem harten Bruch Großbritanniens mit der EU ausgehen, wie mit der Sache vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters sagten.
"Auf das Schlimmste gefasst"
Die Konzerne seien auf das Schlimmste gefasst - darunter auch, dass nach dem britischen EU-Ausstieg eventuell wieder Zollgrenzen hochgezogen werden und der Zugang zu den Londoner Finanzmärkten verloren gehen könnte.
Der holprige Start der Austrittsverhandlungen habe die Firmen alarmiert: "Wir arbeiten mit der Hypothese, dass es einen harten Brexit geben wird", sagte Markus Becker-Melching aus der Führungsetage des deutschen Bankenverbands BdB, der in der im Juni eingerichteten Einsatzgruppe mitmischt. Sie soll jedoch erst Anfang Oktober und damit nach der Bundestagswahl offiziell vorgestellt werden.
BDI-Chef Dieter Kempf hatte jüngst kritisiert, London fehle weiterhin ein klarer Kurs. Die britischen Vorschläge zur Zollabwicklung seien mit unverhältnismäßig hohem, bürokratischen Aufwand verbunden und für Unternehmen "praxisfern".
Neben der Furcht vor Zollschranken treibt die Wirtschaft besonders die Sorge um, dass die in London konzentrierten Handelsplätze für Derivate im Sog eines harten Brexit in Turbulenzen geraten könnten. Mit Investitionen in solche Finanzinstrumente versuchen sich auch viele deutsche Firmen in London gegen Risiken abzusichern - etwa steigende Ölpreise.
Angst vor Zöllen
Der BDI bündelt verschiedene Branchen unter einem Dach und vertritt die Interessen von etwa 100.000 Unternehmen mit rund acht Millionen Beschäftigten. Die schleppenden Brexit-Verhandlungen haben bereits andere Verbände aus Großbritannien und Deutschland auf den Plan gerufen: Sie forderten in einem gemeinsamen Appell an London und die EU-Kommission, Klarheit und Planungssicherheit für Unternehmen zu schaffen.
In einer Erklärung von Britischer Handelskammer (BCC) und Deutschem Industrie- und Handelskammertag (DIHK) wurde etwa die Behandlung von Zöllen und Steuern als dringlich bezeichnet. Großbritannien ist der drittgrößte Exportmarkt für deutsche Waren. Deutschland wiederum ist für das Vereinigte Königreich der zweitwichtigste Absatzmarkt für Güter und Dienstleistungen. (reuters/apa/red)