Chemische Industrie : Eingeweihte: BASF prüft mögliche nächste Megafusion

Der deutsche Chemiekonzern BASF zieht entgegen aller Beteuerungen offenbar doch einen großen Wurf in Sachen Übernahmen in Betracht. BASF habe im vergangenen Jahr den Kauf des US-Chemieunternehmens FMC Corp geprüft, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von drei mit der Sache vertrauten Personen. Momentan sei das Vorhaben aber zurückgestellt.

Die Ludwigshafener wollten sich zunächst auf Gelegenheiten konzentrieren, die sich aus kartellrechtlich erforderlichen Verkäufen aus den Mega-Deals der Konkurrenz in der Agrarchemiebranche ergeben. Danach könnte man sich aber wieder FMC zuwenden. Auch wenn sich BASF-Chef Kurt Bock nach außen gelassen beim Thema Akquisitionen gebe, rumore es hinter den Kulissen. "Sie müssen etwas tun", sagte einer der Insider.

Während die Wettbewerber seit mehr als einem Jahr intensiv an ihren Transaktionen schmieden, geht Bock bisher vergleichsweise kleine Schritte. "Größe an sich ist kein Wert", hatte er jüngst bei der Bilanzvorlage sein Mantra bekräftigt und erneut vor überteuerten Zukäufen gewarnt. Rund 3,2 Mrd. Dollar (rund 3 Mrd. Euro) legte Bock zuletzt für die Frankfurter Chemetall auf den Tisch.

FMC Corp ist an der Börse gegenwärtig 8,2 Mrd. Dollar wert und wäre die größte Übernahme in der Geschichte von BASF seit dem Kauf des US-Katalysatorenherstellers Engelhard 2006 für rund 5 Mrd. Dollar.

Im Vergleich zur den Deals der Konkurrenz nimmt sich das immer noch klein aus: So will Bayer rund 66 Mrd. Dollar für Monsanto zahlen, ChemChina für die Schweizer Syngenta 43 Mrd. Dollar. Zudem arbeiten in den USA Dow Chemical und Dupont an ihrem Zusammenschluss zu einem neuen Branchenriesen, aus dem unter anderem das Agrarchemiegeschäft als eigenständiges Unternehmen abgespalten werden soll.

"Um BASF herum fusioniert alles"

Bei BASF - weltweit Nummer drei im Pflanzenschutzgeschäft - wird deshalb intensiv diskutiert, wie man den wachsenden Wettbewerb im Agrarchemiegeschäft bewältigen kann. Dabei werden Insidern zufolge auch lange gehegte Überzeugungen infrage gestellt: So hat sich BASF stark auf die Erforschung neuer, innovativer Pflanzenschutz-Moleküle konzentriert und das Geschäft mit günstigeren Pflanzenschutzmitteln ohne Patentschutz eher vermieden - ein Bereich, in dem FMC tätig ist.

Gerade dieses Geschäft könnte aber den Zugang zu Schwellenmärkten wie China und Afrika öffnen, wo sich die meisten Landwirte nicht die neuesten Innovationen im Pflanzenschutz leisten können. "Der chinesische Agrarmarkt ist sehr geprägt von Generika und auch von einem enormen Einsatz von Handarbeit", hatte Bock selbst Anfang 2016 gesagt. "In China werden sie noch Menschen sehen, die mit der Hand Unkraut jäten. Der Markt ist nicht offen für hochpreisige Produkte."

FMC Corp hat sich auf die Bereiche Pflanzenschutz, Health und Nutrition mit Zusatzstoffen für die Lebensmittel- und Pharmaindustrie sowie Lithiumprodukte etwa für Batterien konzentriert. Dabei ist der Bereich Pflanzenschutz der mit Abstand umsatzstärkste. 2016 setzte der Konzern aus Philadelphia mit rund 6.000 Mitarbeitern knapp 3,3 Mrd. Dollar um.

Für seine Zurückhaltung in der Agrarfusionswelle hatte Bock auch Kritik von Investoren geerntet. Sie fürchteten, BASF könnte den Anschluss verlieren, wenn sich der Konzern nicht aktiv an der Konsolidierung beteiligt. "Einerseits ist es gut, wenn man jemanden am Steuer hat, der sich nicht gezwungen sieht, bei allem mitzumachen. Um BASF herum fusioniert alles, da besteht langfristig das Risiko, dass man sich fragt, warum er nicht mitgemischt hat", sagte ein Fondsmanager, der BASF-Aktien hält.

BASF hat solche Bedenken stets gekontert, man sei nicht in die Ecke getrieben. Ihr Pflanzenschutzgeschäft wollen die Pfälzer weiter vergrößern. "Wir streben aktiv danach, die Chancen zu nutzen, die sich aus den laufenden Fusionen ergeben, um unsere Präsenz zu stärken und unser Angebot weiter auszubauen", hatte der Leiter des Bereichs Crop Protection, Markus Heldt, im September gesagt.

Dabei wird BASF Insidern zufolge Pflanzenschutzgeschäfte, die aus kartellrechtlichen Gründen aus dem Zusammenschluss von Dow und Dupont auf den Markt kommen werden, ins Visier nehmen. Sie passten am besten zu den Ludwigshafenern. Aber auch Saatgut und Unkrautvernichtungsmittel, die Bayer im Zuge der Monsanto-Übernahme abgeben müsse, werde sich BASF anschauen - auch wenn der Konzern bislang kein eigenes Saatgut anbietet und Bock zuletzt angedeutet hatte, dass das auch so bleibt.

Eine Sprecherin von BASF wollte sich zu einem möglichen Interesse an FMC nicht äußern. Das Unternehmen prüfe ständig mögliche Übernahmen und Desinvestitionen, ergänzte sie aber. Dabei gebe es klare Kriterien: "Wir konzentrieren uns auf innovationsstarke Geschäftsfelder, die einen spezifischen Kundennutzen bieten, über dem Marktdurchschnitt wachsen, die Wachstum in attraktiven Regionen, besonders in Emerging Markets, ermöglichen und unser Portfolio noch konjunkturrobuster machen." FMC lehnte eine Stellungnahme ab. (reuters/apa/red)