Unternehmensstrategie : Eine Organisation, die Energien weckt

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Als Roland Fischer bei Oerlikon 2016 als CEO das Ruder übernimmt, ist der Konzern ein Reich der Monolithen. Vom Textil- über das Vakuumgeschäft der Automatisierungs- und der Oberflächentechnik, überall haben die Schweizer ihre Hände mit im Spiel. Erfolgreiche Segmente, die dem 15.000-Mitarbeiter-Konzern all die Jahre schönes Wachstum bescherten, das ja. Doch wirklich eingebettet in ein Unternehmen sind die autark – und stellenweise wie Königreiche – geführten Sparten nicht. Der Neue, Roland Fischer, setzt die Konzernstrategie der Fokussierung um und bringt den Wandel: Er konzentriert den Konzern auf zwei Segmente - die Oberflächenlösungen und Materialien (Segment Surface Solutions) sowie den Anlagenbau für die Chemiefaserherstellung (Segment Manmade Fibers). Seine Planrechnung: Insbesondere im Segment Surface Solutions die Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg – unerlässlich für die künftige Innovationsagenda – auszubauen und auf Gruppenstufe einen CTO zu implementieren.

An der Stelle kommt auch Britta Bibel-Cavallaro ins Spiel. Ende 2017 übernimmt die langjährige Compliance-Leiterin von Oerlikon die Position Head of Business and Culture Transfomation - wie sich bald zeigt, ein perfect fit: Nach dem Aufsetzen eines konzernweiten Compliance-Systems, dessen Grundsätze sich auf die drei Säulen „Prävention, Früherkennung und Reaktion“ stützen, bringt sie jetzt im Unternehmen eine neue Philosophie auf die Reise: Eine, die noch größeres Gewicht auf Führungsgrundsätze legt sowie den zugrundeliegenden Mindset. „Es ging fortan nicht mehr allein darum, die Unternehmens-Policy einzuhalten und bestimmte Dinge nicht zu tun“, erzählt sie. Sondern „in eine proaktivere, kreativere Rolle zu schlüpfen und darüber nachzudenken, wie sich das Ich und Wir in der gesamten Organisation stärken lässt“, sagt Bibel-Cavallaro.

Kollaboration. Und Stressabbau

Im Detail geht es darum, jeden einzelnen Mitarbeiter der Belegschaft zu unternehmerischem Handeln zu ermutigen. Aber auch Mittel bereitzustellen, um die Kollaboration – crossfunktional über Abteilungsgrenzen hinweg – zu stärken. Dazu setzte die Spezialistin für strategische Innovation in enger Abstimmung mit dem Managementboard – und anfangs extern begleitet – ein Programm für den Kulturwandel auf. Aktuell haben es bereits ca. 400 Oerlikon-Manager durchlaufen. Die Methoden, die man evaluiert und teils auch schon im Unternehmen verankert sind, sind durchaus radikal. So finden neben Ansätzen des Konfliktmanagements und des kollaborativen Arbeitens auch 360-Grad-Feedbacks Anwendung, die den Transformations-Prozess – in vielen Unternehmen ein viskoses Thema – begleiten.

Zusätzlich nutzt man Meditationsübungen zum Stressabbau – Stichwort Dynamic Mind Practise, denn wer weniger von seinem eigenen Stress getrieben ist kann besser sein volles Potential nutzen. Was nach Futter für esoterische Sphäriker klingen mag, ist in Wahrheit eines für nüchterne Analytiker: „Sichtbar machen wir die Fortschritte durch OCI (Organizational Culture Inventory, zu deutsch: Unternehmenskultur-Bestandsaufnahme)“, sagt Britta Bibel-Cavallaro.

Skaleneffekte

Begonnen, die Inhalte mittels Workshops auszurollen, hatte man beim Top-Management, später folgte die Managementstufe darunter, Einzelperson für Einzelperson, Gruppe für Gruppe. Die Logik, in die sich das eingliedern lässt, ist auch die: High Potentials stärker ans Unternehmen zu binden und auch schon länger in der Organisation tätige Mitarbeiter neu zu inspirieren. Aber insgesamt will man natürlich weiter die Performance im Technologiekonzern steigern. „Wir wussten, wenn wir die Kulturveränderung leben und die Mitarbeiter zu größerer Verantwortlichkeit anleiten, werden auch die wirtschaftlichen Kennzahlen nachziehen“, heißt es im Unternehmen. Nicht zuletzt deshalb, weil dann „auch weniger Energie in interne Rangeleien fließt“, sagt Bibel-Cavallaro. In den nächsten Monaten wird sie den Adressatenkreis der Workshops deutlich hochskalieren: Acht Moderatoren sind dazu gerade in Ausbildung.

Britta Bibel-Cavallaro wird auch am GAINER Industriefestival über die Strategie Oerlikons sprechen.