AKW Hinkley Point : EdF freut sich über ein "Atom-Comeback" in Europa

Baustelle baustellen bau baukran konjunktur campus wu
© Peter Martens

Nach dem grünen Licht der britischen Regierung für den ersten Atomkraftwerks-Bau in der Europäischen Union seit der Katastrophe im japanischen Fukushima vor fünf Jahren sehen die französische Regierung und der französische Staatskonzern EDF mit dem gebilligten Großprojekt Hinkley Point Europas Atomwirtschaft vor einem Comeback.

Wirtschaftsminister Michel Sapin sprach von einem Meilenstein der energiepolitischen Zusammenarbeit mit Großbritannien. Es handle sich um eine gute Nachricht für die französische Atomindustrie, die damit ihre Technologie weltweit präsentieren könne.

Zu diesem Thema:

London stimmt dem Bau des AKW Hinkley Point zu >>

Umweltschützer zu Hinkley Point: Chinas Druck auf London war zu groß >>

INDUSTRIEMAGAZIN zur irritierenden Renaissance der Atomkraft: Mission Meiler >>

EDF-Chef Jean Bernard Levy würdigte die Entscheidung Londons als Wendepunkt für die Atomindustrie in Europa. Hier hatten Sicherheitsbedenken nach der Fukushima-Katastrophe im März 2011 die Nuklearenergie in den Hintergrund gedrängt. Deutschland etwa beschloss den Atomausstieg.

Levy betonte, sein Konzern wolle seine Kontrollmehrheit bei Hinkley Point behalten. Derzeit liege der Anteil bei 66 Prozent, er werde in jedem Fall über 50 Prozent bleiben.

In Frankreich und sogar bei EDF selbst war das Projekt unter Federführung von EDF freilich nicht unumstritten: Es gibt Zweifel, ob der finanziell schon durch die Übernahme des AKW-Bauers Areva belastete Staatskonzern die Milliardeninvestition überhaupt stemmen kann.

Der chinesische Partner von EDF bei Hinkley Point, der Staatskonzern CGN (China General Nuclear Power), begrüßte die Entscheidung der britischen Regierung ebenfalls. Die neuen Eigentumsregeln stellten kein Problem für die eigenen Expansionspläne dar. Die Investition von acht Milliarden Dollar in Hinkley Point soll für die Chinesen nämlich nur der Start für einen breiteren Einstieg in den britischen Atommarkt sein. So will das Unternehmen mit EDF weitere Meiler bauen und bei einem Projekt auch die Führung übernehmen. Insgesamt ist der Bau zweier neuer Reaktoren auf einer bestehenden Anlage im Südwesten Englands 21 Milliarden Euro schwer.

Das Projekt war eigentlich schon 2015 vom damaligen britischen Premierminister David Cameron abgesegnet worden. Gegner kritisierten jedoch unter anderem den Einfluss, den das kommunistische China damit auf die Nukleartechnik der europäischen Atommacht bekommen würde. Camerons Nachfolgerin May hatte schon als Innenministerin unter Cameron Zweifel bekundet. Unmittelbar nach ihrer Amtsübernahme im Zuge des Brexit-Votums stoppte sie das Projekt kurz vor Vertragsunterzeichnung, was die Beziehungen zu Frankreich und China belastete und Zweifel an ihrer Haltung gegenüber geplanten Milliardeninvestitionen aus der Volksrepublik schürte.

Nun sicherte May dem französischen Präsidenten Francois Hollande ihre Unterstützung für das Projekt per Telefon persönlich zu, wie ein Hollande-Berater sagte. Ihren Meinungswandel begründete einer ihrer Sprecher damit, dass Großbritannien nun weitgehende Rechte zur Kontrolle von Hinkley Point C ausgehandelt habe. So könne die Regierung einen Verkauf der EDF-Kontrollmehrheit verhindern.

Zudem werde sie sich in allen künftigen Atomprojekten einen "Sonderanteil" sichern, um Besitzerwechsel stoppen zu können. Die Zusage für das umstrittene Projekt geht also mit einer Justierung der Investitionspolitik einher, die Industrieminister Greg Clark als großen Gewinn für die nationalen Interessen des Landes pries.

Der beiden neuen Meiler sollen 2019 in Bau gehen und rund sieben Prozent der britischen Stromversorgung übernehmen. Bis 2025 will Großbritannien seine Kohlekraftwerke stilllegen und muss den Wegfall der dort produzierten Energie kompensieren.

Österreich und andere Staaten haben vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die von der EU-Kommission gebilligten, milliardenschweren Staatssubventionen für das Großprojekt geklagt. Fraglich ist, was das angesichts des geplanten Brexit für Folgen haben wird. (APA/Reuters/red)