Voestalpine : Eder zu Quartalszahlen: "Ein Gewinneinbruch sieht anders aus"

Der börsennotierte Stahlkonzern Voestalpine hat in den ersten drei Quartalen des Geschäftsjahres 2016/17 unter dem Strich deutlich weniger verdient als im Vorjahreszeitraum. Der Gewinn nach Steuern sank um knapp ein Drittel von 508,5 auf 343,9 Mio. Euro, der Gewinn je Aktie gab von 2,74 auf 1,86 Euro nach - bei einem Umsatz von 8,1 Mrd. Euro (-3,3 Prozent), gab das Unternehmen heute bekannt.

Die Voestalpine verweist dabei vor allem auf "die massive Schwäche des Öl- und Gassektors" und auf "signifikante positive Einmaleffekte im Vorjahr". Doch auch die "gestiegene Abschreibungsbasis, vor allem durch die Finalisierung großer Investitionsprojekte" sorgte den Angaben zufolge für einen "markanten Rückgang" des Betriebsergebnisses (EBIT) um 25 Prozent auf 545 Mio. Euro.

Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen verringerte sich der Gewinn (EBITDA) im Berichtszeitraum um nur 12,1 Prozent auf 1,06 Mrd. Euro. Der österreichische Stahlriese hatte vergangenen Oktober nach knapp zweieinhalb Jahren Bauzeit ein Roheisenwerk in Texas eröffnet.

Zuletzt hatte das Investitionsprojekt - die bisher größte Einzelinvestition in der Konzerngeschichte - mit massiven Kostenüberschreitungen Schlagzeilen gemacht: Nach derzeitigem Stand soll der neue Standort statt der ursprünglich budgetierten 550 Mio. Euro (Basiskosten 2012) mittlerweile über 900 Mio. Euro kosten. Die Direktreduktionsanlage in Corpus Christi am Golf von Mexiko ist bereits angelaufen und soll zum Ende des vierten Geschäftsquartals 2016/17 in den Normalbetrieb übergehen.

Aufgrund des mit dem neuen Werk verbundenen Anstiegs der Abschreibungen (AfA) im dritten Geschäftsquartal habe sich das Betriebsergebnis (EBIT) der Steel Division im Jahresvergleich rückläufig entwickelt, räumte die Voestalpine in der heutigen Aussendung ein. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen habe sich das Ergebnis (EBITDA) des Unternehmensbereiches trotz sinkender Umsatzerlöse leicht verbessert. Die Divisionen Special Steel und Metal Forming wiederum hätten ihre Ergebnisse "jeweils deutlich steigern können".

Die Nettofinanzverschuldung des oberösterreichischen Unternehmens erhöhte sich zum Stichtag 31. Dezember 2016 auf 3,5 Mrd. Euro - nach 3,2 Mrd. Euro ein Jahr davor. Das Gearing-Ratio, also die Nettofinanzverschuldung in Relation zum Eigenkapital, stieg im gleichen Zeitraum von 57 auf 61,2 Prozent. Die Zahl der Mitarbeiter stieg um 1,8 Prozent auf weltweit 48.765.

An den zum Halbjahr gesteckten Ergebniszielen für das gesamte Geschäftsjahr 2016/17 (per Ende März) hält der Linzer Stahlkonzern fest: Das bereinigte operative Ergebnis (EBITDA) soll sich laut Voestalpine-Chef Wolfgang Eder "auf Höhe des Vorjahresniveaus von 1,45 Mrd. Euro" bewegen, das bereinigte Betriebsergebnis (EBIT) soll das Niveau des letzten Geschäftsjahres von 814 Mio. Euro annähernd erreichen.

Für das vierte Geschäftsquartal rechnet die Voestalpine jedenfalls mit einem "deutlichen Ergebnisanstieg gegenüber dem letzten Quartal". Sie erwartet eine Stabilisierung der Rohstoffpreise und ein sich langsam verbesserndes Umfeld im Öl- und Gassektor. Die Preise im Stahl-Kontraktgeschäft seien schon mit dem Jahreswechsel gestiegen.

Auf den Gewinnen der Voestalpine lastet vorerst noch eine ganze Reihe von Großinvestitionen. Um Sondereffekte bereinigt sieht das Ergebnis besser aus. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen sank der Gewinn (EBITDA) in den ersten drei Quartalen um 12,1 Prozent, bereinigt aber nur um 0,8 Prozent. "Ein Gewinneinbruch sieht anders aus", meinte Konzernchef Wolfgang Eder in einer Telefonkonferenz.

Beim Betriebsergebnis (EBIT), das sich in den ersten drei Quartalen 2016/17 gegenüber der Vorjahresperiode de facto um 25 Prozent auf 545 Mio. Euro verringerte, gehe es "im Wesentlichen um investitionsbedingt höhere Abschreibungen", wie Eder heute, Donnerstag, betonte. Um Sondereffekte bereinigt sank das EBIT um nur 8,5 Prozent. Der bereinigte Gewinn nach Steuern schmolz um fast ein Drittel, bereinigt aber nur um 8 Prozent. "Die Voestalpine entwickelt sich stabil und auch mit einem entsprechenden operativen Ergebnis - man kann die Ziffern nur auf bereinigter Basis betrachten", so Eder. "Das operative Ergebnis entwickelt sich weitgehend stabil - wie gesagt, auf bereinigter Basis."

Für das kommende Geschäftsjahr 2017/18, das am 1. April startet, stellte Eder eine "Reduktion des Investitionsniveaus" auf rund 850 Mio. Euro in Aussicht. 2015/16 war mit 1,3 Mrd. Euro das Jahr der höchsten Investitionen in der Geschichte der Voestalpine.

Auch das Gearing (Verhältnis der Nettoschulden zum Eigenkapital), das sich in den ersten drei Quartalen des laufenden Geschäftsjahres 2016/17 von 57 auf 61,2 Prozent verschlechterte, soll sich dann wieder "deutlich verringern - in Richtung etwas über 55 Prozent". Der Anstieg der Nettofinanzverschuldung um etwa 300 Mio. Euro auf 3,5 Mrd. Euro per Ende Dezember 2016 gegenüber dem Stichtag des Jahrs davor sei "zur Gänze auf die stark gestiegenen Rohstoffkosten zurückzuführen", erklärte Eder.

Ein Streifzug durch die aktuellen Investment-Highlights verdeutlicht die Notwendigkeit hoher Abschreibungen: "Wir haben im Oktober die Direktreduktionsanlage in Texas eröffnet - wir haben vom Start bis heute eine durchschnittliche Auslastung von rund 70 Prozent gesehen, fahren derzeit mit Vollauslastung und gehen davon aus, dass wir am Ende des vierten Quartals 2016/17 in den Normalbetrieb übergehen", berichtete der Konzernchef.

Im deutschen Schwäbisch Gmünd eröffnete der Konzern vergangenen Sommer die weltweit erste Anlage für "phs-directform", mit der Karosserieteile aus verzinktem Stahlband in einem Prozessschritt gefertigt werden können. In Linz wurde per September die Produktion von lasergeschweißten Platinen für den Automobilbau massiv ausgebaut - Standorte für den 3-D-Platinendruck betreibt die Voest bereits in Düsseldorf, Singapur und Taiwan - ein weiterer im NAFTA-Raum - voraussichtlich in Kanada, wie Eder heute sagte, - werde heuer folgen.

Darüber hinaus sei die Voest mit einer "in-house" entwickelten Anlage zur Herstellung von Grobblechen, einer Eigenentwicklung, in Betrieb gegangen. Die aktuell in Bau befindliche Stranggießanlage 8 am Standort Linz werde voraussichtlich "im Herbst des Jahres" anlaufen. Ein vollautomatisiertes Drahtwalzwerk in Leoben/Donawitz werde das alte "in den nächsten drei Monaten ablösen", kündigte der Voestalpine-Chef weiters an.

Die Errichtung eines völlig neuen Edelstahlwerks im steirischen Kapfenberg um 250 bis 300 Mio. Euro wird derzeit noch geprüft - eine Entscheidung wird in der zweiten Jahreshälfte erwartet. Das bestehende Werk, in dem rund 3.000 Mitarbeiter beschäftigt sind, würde dadurch ersetzt. Fix ist dort vorerst ein 40-Millionen-Euro-Investment in eine vollautomatisierte Schmiedeanlage bei Böhler Edelstahl. (apa/red)