Industrieproduktion : Die Stimmung in Chinas Industrie erreicht neuen Tiefpunkt

Chinas Industrie schrumpft so schnell wie seit fast dreieinhalb Jahren nicht mehr. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde hat nach Einschätzung von Experten ein schwieriges Jahr vor sich. So ist die Stimmung in den Chefetagen unerwartet schlecht.

Der offizielle Einkaufsmanagerindex (PMI) fiel im Jänner überraschend stark von 49,7 auf 49,4 Punkte und erreichte den tiefsten Stand seit August 2012, wie das Statistikamt am Montag in Peking mitteilte. Er lag damit den sechsten Monat in Folge unter der kritischen Marke von 50 Punkte, ab der von einem Rückgang der industriellen Tätigkeit auszugehen ist.

Einige Banker rechnen mit einem Einbruch

Der Chefvolkswirt der US-Bank Citigroup, Willem Buiter, erwartet für 2016 sogar einen Einbruch des Wirtschaftswachstums in China auf 2,5 Prozent. "Das Wachstum verlangsamt sich drastischer, als viele denken. China kommt einer Rezession sehr nahe," sagte der Ökonom dem "Handelsblatt". "Die offiziellen Daten sprechen von 6,9 Prozent Wachstum im vergangenen Jahr. Tatsächlich ist die Wirtschaft wohl nur um vier Prozent expandiert," wird Buiter zitiert. "Ich erwarte, dass es 2016 bis auf 2,5 Prozent runtergehen wird."

Der wichtige Frühindikator zeigt, wie stark die Wirtschaft unter Druck geraten ist. Der Einkaufsmanagerindex des Wirtschaftsmagazins "Caixin" deutet sogar auf ein Schrumpfen der industriellen Tätigkeit schon seit elf Monaten hin. Er lag im Jänner mit 48,4 Punkten weiter deutlich unter der Grenze von 50 und hat sich im Vergleich zum Dezember mit 48,2 nur leicht verbessert. Während der offizielle Index stärker große und staatliche Unternehmen im Fokus hat, beobachtet "Caixin" vor allem private und kleinere Unternehmen.

Herstellende Industrie hat ein schweres Jahr 2016 vor sich

Die Entwicklung kam an den chinesischen Börsen nicht gut an. Der wichtige Shanghai Composite Index fiel um 1,78 Prozent, während der Shenzhen Component Index um 1,02 Prozent im Minus schloss. Als Gründe für das anhaltende Schrumpfen der Industrie nannte das Statistikamt den Abbau von Überkapazitäten, die globale und heimische Konjunkturschwäche und das nahende chinesische Neujahrsfest am 8. Februar, vor dem Fabriken die Produktion schon herunterfahren.

"Der herstellende Sektor hat wahrscheinlich ein schweres Jahr vor sich", analysierte das australische Bankhaus ANZ und verwies auf Überkapazitäten, schwache globale Nachfrage und die Pläne der Regierung, die industrielle Umweltverschmutzung zu reduzieren.

"Jüngste makroökonomische Indikatoren zeigen, dass die Wirtschaft noch weiter durch die Talsohle wandert und die Bemühungen, Überkapazitäten abzubauen, gerade erst anfangen, Ergebnisse zu zeigen", erläuterte "Caixin"-Chefökonom He Fan die jüngsten Zahlen.

Die andauernden globalen Turbulenzen dürften Chinas Wirtschaft weiter zu schaffen machen. Die Regierung müsse die Entwicklung aufmerksam verfolgen und "proaktiv feinsteuern, um eine harte Landung zu verhindern", mahnte der Ökonom. Auch müssten die laufenden Reformvorhaben vorangetrieben werden, um das Vertrauen am Markt zu stärken und die Intentionen der Wirtschaftslenker zu verdeutlichen. (dpa/apa/red)

Zum Thema: Wie steht es um China, Herr Mitterbauer?

Ein Interview mit dem Miba-Vorstandsvorsitzenden Franz-Peter Mitterbauer in Zahlen über den Rückzug von der Börse, stärker werdende China-Sorgen und Spontaneität im Management. Mehr dazu hier >>