Serie Ventures Almanach : Die Meister des Paketversands

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Der Online-Handel prägt immer mehr unser Leben – und sorgt für neue Geschäftsmodelle: Denn im Gegensatz zum Versandhandel von einst, der mit Papierkatalog und Telefon erfolgte, shoppen die Österreicher nicht nur mehr denn je im Internet, sie verkaufen auch selbst: auf Plattformen wie Ebay, Willhaben.at und Konsorten. All diese Güter vom Teddybär bis zur Landmaschine müssen fachgerecht für den Transport verpackt, dem Logistiker übergeben und dann ohne Schäden ans Ziel gebracht werden. Allzu oft geht das schief: Jeder kennt die unzähligen beschädigten Pakete, angebrochenen Inhalte und dergleichen.

Das muss doch besser und bequemer gehen – und gleichzeitig ein tolles Geschäftsmodell abgeben, dachten sich die Gründer des Wiener Start-ups Byrd. Der Ärger über Probleme beim Versenden einer größeren Lampe war der eigentliche Auslöser, doch den wandelte Byrd-Gründer Alex Leichter spontan in entrepeneurhafte Energie um: „Ich wusste nicht, wie ich die Lampe am besten transportsicher verpacke. Ich habe also im Internet recherchiert, aber keine passende Lösung gefunden“, sagt Leichter, der seiner Unzufriedenheit dann bei Christoph Krofitsch Luft machte, einem Kollegen aus dem Ruderteam. Der, so heißt es weiter, fand die Idee nicht nur spannend, er erzählte sie auch postwendend seinem Kollegen Sebastian Mach vom Practical Robotics Institute Austria, heute Chief Technology Officer (CTO) von Byrd. Gemeinsam holte man dann Petra Dobrocka (Chief Marketing Officer) an Bord sowie dann noch Michael Innerhofer (Head of Sales).

Heute ist aus dem zündenden Funken ein ambitioniertes Unternehmen geworden, das gerade nach Deutschland expandiert – auch wenn das ursprüngliche Konzept inzwischen etwas adaptiert werden musste, wie Mitgründerin Petra Dobrocka schildert.

Per App zum Paket

Die Idee des Gründerteams blieb freilich dieselbe: Einfach das Smartphone zücken, das gewünschte Objekt – von Omas Stehlampe bis zu Töchterchens iPad – mit der Byrd-App fotografieren, Zieladresse angeben und fertig. Das Ganze kostet 4,90 Euro plus den günstigsten Versandtarif, den die Byrd-Truppe für ihre Kunden unter verschiedenen Anbietern wie Post, DHL, DPD, GLS usw. aussucht.

Hilfe, Lob und Ruhm blieben nicht aus: Zunächst gab es eine Finanzierungsrunde, dann punktete man beim 3. „7Ventures Pitch Day“ der ProSiebenSat.1 Puls 4 Gruppe. Und schließlich gewann Byrd im Oktober 2016 bei der von der Wirtschaftskammer Wien gestarteten Initiative „Innovation to Company“ einen mit 8000 Euro dotierten Preis und ein Kooperationsabkommen mit der Österreichischen Post.

Bequem retour senden

Die Post war im Rahmen des Wettbewerbs auf der Suche nach neuen Businessmodellen und Lösungen für das Thema „Last Mile – Zustellung zum Endkunden“. Im Kriterienkatalog standen intelligente Softwarelösungen für möglichst standortflexible und zeitgenaue Lieferung, wobei eine Gesamtlösung oder auch nur Teile eingereicht werden konnten. Byrd gewann das Herz der Postler mit seiner Optimierung auf die „First Mile“. Dahlia Preziosa, Leitung Online-Innovationsmanagement der Post, lobte unter anderem die Tatsache, dass der Ansatz von Byrd ein Problem löst, das viele Menschen nur zu gut kennen: So einfach es ist, online etwas zu bestellen – oft kann man es nicht gleich bequem wieder zurücksenden.

Das Byrd-Konzept, direkt bei den Kunden Pakete bzw. Gegenstände abzuholen, zu verpacken und mit dem günstigsten Anbieter versenden, zielt genau auf dieses Problem ab. Dazu gibt es auch die Möglichkeit, die Abholzeit per App festzulegen und die Sendung online zu verfolgen. All das punktet, heißt es: In der heutigen schnelllebigen Welt haben die Internet-User immer weniger Zeit und greifen gerne auf Lösungen zurück, die ihnen ein Maximum an Komfort bieten.

Wandel hin zu mehr B2B-Geschäft

Die bisherigen Erfahrungen sind laut Post positiv, die Rückmeldungen sogar „sehr, sehr gut“, sagt Dobrocka. Allerdings habe man schon früh erfahren, dass es am aussichtsreichsten ist, sich auf Geschäftskunden (B2B) zu konzentrieren, die ihren Kunden eine optimale Transportmöglichkeit anbieten wollen. Das können zum Beispiel Onlineshops sein, darunter auch solche, die von lokalen (physischen) Geschäften eingerichtet werden, die einen Onlinehandel aufnehmen wollen.

Für diese wickelt Byrd den Transport ihrer Güter möglichst kosteneffizient und für die Empfänger möglichst bequem ab, wobei auch Schnittstellen zu Onlineshop-Systemen wie beispielsweise Magento angeboten werden – und der Byrd-eigene USP dazukommt, sodass man die Abholung auf 30 Minuten genau planen kann.

Trotz dieser neuen Konzentration auf B2B wolle man sich aus dem Geschäft direkt mit den Konsumenten (B2C) keineswegs zurückziehen, betont Dobrocka - nur ist es eben vom Volumen her nicht ganz so groß wie das Geschäft mit den Onlineshops. Für das weitere Wachstum blickt Byrd nicht nur zur Business Class, sondern außerdem stark über die Grenzen: Das Unternehmen, das derzeit rund zwölf Mitarbeiter beschäftigt, hat mit einem neuen Büro in Berlin das Deutschland-Geschäft aufgenommen. „Die ersten Pakete gehen gerade raus“, sagt Byrd-Gründerin Dobrocka im Interview vergnügt. Eine Investmentzusage über 300.000 Euro von Speedinvest, die im Frühjahr 2017 erging, sorgt nun ebenfalls für Tempo.

Mehr zur heimischen Start-up-Szene finden Sie in unserem Ventures Almanach.