Rüstungsindustrie : "Die Leute wollen sich bewaffnen": Glänzende Geschäfte bei Ruag
Der Schweizer bundeseigene Rüstungs- und Industriekonzern Ruag befindet sich dank Airbus und der Raumfahrt im Steigflug. Zudem profitiert die Ruag davon, dass sich immer mehr Leute eine Schusswaffe kaufen, weil sie sich unsicher fühlen.
"Wirtschaftlich gesehen war 2016 für Ruag ein tolles Jahr", sagte Konzernchef Urs Breitmeier auf der Bilanzmedienkonferenz in Zürich. Umsatz und Betriebsgewinn haben im vergangenen Jahr neue Rekorde erreicht. Auch die Auftragseingänge erreichten neue Höchststände. "Zudem konnten wir 570 neue Stellen im In- und Ausland schaffen."
Auftrieb dank Airbus
In der Flugzeugsparte sorgt Airbus für weiteren Auftrieb bei der Ruag. Der Schweizer Konzern liefert Bauteile für das laut Breitmeier erfolgreichste Flugzeugprogramm der Welt, den Airbus A320. Bereits 7.000 Maschinen seien ausgeliefert.
Airbus habe aber noch über 5.000 Maschinen in den Bestellbüchern, womit die Produktion noch über weitere sieben Jahr gesichert sei, sagte Breitmeier. "Wir sind stolz, dass wir an diesem Programm maßgeblich beteiligt sind. Wir machen die letzten 13 Meter dieser Flugzeugstruktur, die Seitenschalen und weitere Komponenten."
Dazu habe die Ruag ein neues Werk in Ungarn gebaut und in eine neue Anlage zur Oberflächenbehandlung am Standort Emmen LU investiert. Der im Sommer erneuerte fünfjährige Vertrag mit Airbus bringe eine weitere Beschleunigung des Wachstums der Division, sagte Breitmeier. Denn Airbus wolle gleichzeitig die Produktionsgeschwindigkeit der A320 auf über 60 Maschinen pro Monat erhöhen.
Verkauf von Kleinkaliberwaffen in Deutschland, Österreich und der Schweiz steigt sehr stark
Gleichzeitig konnte die Munitionssparte von Ruag Umsatz und EBIT ebenfalls deutlich steigern. Haupttreiber war einmal mehr der Verkauf von Munition an Jäger und Sportschützen. Insbesondere in der Schweiz, aber auch in Deutschland und Österreich seien wesentlich mehr Kleinkaliberwaffen verkauft worden, sagte Breitmeier. Und damit auch mehr Kleinkalibermunition.
Offenbar hat das mit einem massiv gestiegenen Gefühl einer Gefährdung und einem daraus entstehenden Bedürfnis nach Schutz zu tun. Breitmeier formuliert es so: Das Sicherheitsempfinden der europäischen Bevölkerung sei seit einigen Monaten "nicht sehr hoch". Oder anders formuliert: "Die Leute wollen sich bewaffnen."
Der Höhenflug des Waffenbauers und Satellitenherstellers geht weiter
Der Umsatz kletterte im vergangenen Jahr um 6,5 Prozent auf 1,858 Mrd. Franken (1,7 Mrd. Euro), während der Auftragseingang noch höher ausfiel und erstmals die Grenze von 2 Mrd. Franken knackte. Dies zeige, dass das Jahresergebnis nicht einmalig sei, sondern eine solide Basis für ein weiteres Wachstum vorhanden sei, sagte Breitmeier.
Der Reingewinn blieb indes mit 116 Mio. Franken ganz knapp unter dem Rekord von 117 Mio. Franken aus dem Jahr davor. Grund dafür seien höhere Steuern, ein schlechteres Finanzergebnis und geringere Gewinne von einer assoziierten Firma, sagte Kiener.
Insbesondere drei Divisionen hätten überproportional zum Wachstum beigetragen, hieß es. Die Raumfahrtdivision erhielt Aufwind von den Aufträgen für Nutzlastverkleidungen für Trägerraketen und Bestandteilen von Satelliten.
Und der Höhenflug geht weiter. So hat die Ruag einen Auftrag für den Bau von Strukturen für 900 Satelliten für das US-Unternehmen Oneweb erhalten. Diese Satelliten sollen ab dem nächsten Jahr im All platziert werden. Jeweils 32 Satelliten werden mit einer Trägerrakete transportiert.
Harte Angriffe aus dem Internet
Die Ruag liefert auch die Trennsysteme, um die jeweils 32 Satelliten an der richtigen Stelle im Orbit zu platzieren. Hierfür entsteht in Cape Canaveral in den USA eine Produktionsstätte. Mit den Satelliten will Oneweb Breitbandinternet an jeden Winkel der Erde bringen. Profitieren sollen davon vor allem jene vier Milliarden Menschen, die bisher keinen schnellen Internetzugang haben.
Und Oneweb plane bereits den nächsten Expansionsschritt mit der Lancierung von über 2.000 Satelliten für Breitbandinternet. "Wir haben die Tür zu einem ganz neuen Geschäftsfeld aufgetan", sagte Breitmeier.
Aber der Staatskonzern musste auch einige Rückschläge einstecken. So sei die Ruag hart von einer Cyberattacke getroffen worden, bei der massenweise Daten gestohlen wurden. Zudem kritisierte die Eidgenössische Finanzkontrolle den Konzern als anfällig für Korruption. Breitmeier versicherte, man habe hier Gegenmaßnahmen ergriffen.
Die Grenzen des Booms in unruhigen Zeiten
Und: Die Ruag kann nicht vom weltweiten Rüstungswettlauf profitieren. "Denn je unruhiger die Welt ist, desto eingeschränkter sind die Exportmöglichkeiten für die Ruag", sagte Breitmeier. Grund seien die Schweizer Beschränkungen für die Ausfuhr von Kriegsmaterial und Gütern mit zivilen und militärischen Verwendungsmöglichkeiten.
Zudem hatte im Heimmarkt Verteidigungsminister Guy Parmelin abrupt die Beschaffung von Boden-Luft-Raketen (Bodluv) gestoppt. Dies sei ein Rückschlag für die Ruag gewesen, hieß es. (sda/apa/red)