Rechtstipp : Die EU-Taxonomie - nur Mehraufwand?

Baum mit Krone aus grünen Zahnrädern
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Mit dem europäischen Grünen Deal, der neuen Wachstumsstrategie Europas, geht auch eine Verrechtlichung des Nachhaltigkeitsbegriffs einher. So gibt es mit der EU-Taxonomie-Verordnung erstmals ein einheitliches Klassifikationssystem für ökologisch nachhaltige Aktivitäten. Ziel ist es, Klarheit darüber zu schaffen, was tatsächlich nachhaltig ist, um damit verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen für Investitionen zu schaffen und Greenwashing zu verhindern.

Angesichts der immer sichtbarer werdenden Auswirkungen des Klimawandels, aber auch des weiterhin rasant fortschreitenden Verlusts der Biodiversität, kann man diese Entwicklung im Grundsatz nur befürworten. Dennoch werden die durch die EU-Taxonomie eingeführten Verpflichtungen von vielen Unternehmen als erheblicher Mehraufwand angesehen.

Bei näherer Betrachtung des Konstrukts der Taxonomie-Verordnung ist dies auch verständlich. Geht es doch um ein komplexes und vor allem dynamisches Regelwerk, das erst im Zusammenspiel mit den dazugehörigen technischen Evaluierungskriterien, der SFDR und der NFRD – nach Abschluss des Legislativprozesses mit der CSRD – sein ganzes Ausmaß entfaltet. Die Berichterstattungspflichten nach Art. 8 Taxonomie-Verordnung treffen in einem ersten Schritt zwar nur solche Unternehmen, die bereits jetzt der Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß § 243b UGB unterliegen. Wird die CSRD tatsächlich umgesetzt, wovon derzeit auszugehen ist, wird der Anwendungsbereich allerdings erheblich erweitert und werden ab 2024 alle großen Kapitalgesellschaften (iSd § 221 Abs. 3 UGB) erfasst sein. Ein Thema also, mit dem sich nun auch der Mittelstand auseinanderzusetzen hat. Faktisch bedeutet das zunächst einen massiven Bedarf an Know-how-Aufbau – zunächst im Reporting. Hier ist der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte schon längst entbrannt. Know-how-Aufbau ist aber auch in anderen Abteilungen vonnöten. Denn Nachhaltigkeit ist eine Querschnittsmaterie. Technische Expertise ist gefragt, um die Daten gemäß der technischen Evaluierungsstandards ordnungsgemäß auszuwerten und zu bestimmen, ob Unternehmenstätigkeiten im Sinne der EU-Taxonomie als nachhaltig einzustufen sind. Rechtliche, wirtschaftliche und Finanz-Expertise ist gefragt, um die Implikationen für das Unternehmen richtig abzuschätzen, Compliance-Risiken wie den Reputationsverlust und Haftungsfälle zu vermeiden, aber auch Chancen, die sich für das Geschäftsmodell von Unternehmen ergeben, zu nutzen.

Auch organisatorische Zuständigkeiten und Reporting Lines sind zu entscheiden. Welche Unternehmensebene wird sich mit diesem Themenbereich hauptverantwortlich auseinandersetzen? Müssen eigene Funktionen geschaffen werden? Falls ja, wie erfolgt die Berichterstattung und die Zusammenarbeit mit den anderen Bereichen? Welche Rolle nehmen Vorstand und Aufsichtsrat ein?

Neben Mehraufwand und organisatorischen Fragen sollte dennoch immer der Blick auf das Wesentliche gerichtet werden. Die mit der EUTaxonomie einhergehende Transparenz und Vergleichbarkeit bedeutet auch für Unternehmen mehr Rechtssicherheit. Denn Unklarheit darüber, was tatsächlich nachhaltig ist und was nicht, kann vor dem Hintergrund steigender „Greenwashing“-Rechtsstreitigkeiten nicht wünschenswert sein. Darüber hinaus bietet die EU-Taxonomie Unternehmen, deren Geschäftsmodell tatsächlich nachhaltig ist, die einmalige Chance, dies auch mit vergleichbaren Daten nachzuweisen und sich damit vom Wettbewerb abzuheben.

Eva-Maria Ségur-Cabanac ist Partnerin bei Baker McKenzie und spezialisiert auf die Be- reiche M&A und Kapitalmarktrecht.

Das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) regelt umfassende Pflichten, um Unterentlohnung insbesondere bei Auslandsentsendungen bzw. -überlassungen zu verhindern. Mit September 2021 traten gesetzliche Neuerungen in Kraft.

Diese waren in Umsetzung der EU-Entsenderichtlinie und vor dem Hintergrund der EuGH Rechtsprechung erforderlich. Der Geltungsbereich des LSD-BG ist nunmehr klarer definiert; die Ausnahmebestimmungen wurden erweitert. So sind Topverdiener, aber auch der Besuch von Schulungen in Österreich vom LSD-BG nicht erfasst. Ferner kommt es zu einer Rechteangleichung von ausländischen Arbeitnehmern bei längerfristigen Einsätzen in Österreich. Bislang galten hier nicht dieselben Standards wie für österreichische Arbeitnehmer. Eine bedeutende Änderung stellt schließlich die Reformierung des Strafsystems des LSD-BG dar. Nach dem EuGH war dieses unionsrechtswidrig, weil es die Verhängung von Mindeststrafen je Arbeitnehmer vorsah und dadurch Geldstrafen in Millionenhöhe verhängt wurden. Dies auch in Fällen, in denen keine Unterentlohnung betrieben, sondern lediglich bestimmte Lohnunterlagen nicht bereit gehalten wurden. Künftig werden Verstöße unabhängig von der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer als einheitliche Verwaltungsübertretung sanktioniert. Mindeststrafen sind abgeschafft, Geldstrafen sind mit max. 400.000,– Euro gedeckelt.

Andrea Haiden ist Rechtsanwältin bei Baker McKenzie in Wien und spezialisiert auf Arbeitsrecht.