Verkehr : Die Eckdaten zu den neuen Öffnungen an den Grenzen Österreichs

Deutschland bereitet eine Lockerung des in der Coronakrise verhängten Grenzregimes vor. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte gegenüber Parteikollegen im Bundestag einen "zweistufigen Prozess" an, berichteten Teilnehmer. Diese Woche sollen einige deutsch-österreichische Grenzübergänge für Pendler und Anrainer geöffnet werden, die komplette Öffnung dürfte aber noch dauern.

Ihr sei wichtig, dass die Grenzkontrollen nicht "bis ultimo" fortgesetzt werden, sagte Merkel nach Angaben von Teilnehmern einer virtuellen Sitzung der Unionsfraktion. Demnach soll in der deutschen Bundesregierung über die weiteren Schritt beraten werden. Ebenfalls will die EU-Kommission Leitlinien für eine schrittweise Grenzöffnung vorstellen.

Die weltweite Reisewarnung des deutschen Auswärtigen Amtes gilt weiterhin bs Mitte Juni. Bis dahin sollen Deutsche auf Urlaubsreisen im Ausland verzichten. Ob diese Warnung verlängert wird, ist abhängig vom Infektionsgeschehen. Nach Angaben aus Koalitionskreisen wird überlegt, mittelfristig nur noch vor Reisen in bestimmte Länder zu warnen.

Frankreichs Grenzen bleiben zu

An den Grenzen zu Frankreich, Österreich und der Schweiz könnte die Zahl der Übergänge, an denen ein Grenzübertritt erlaubt ist, zudem erhöht werden, erfuhr die dpa. Merkel sagte dazu, eine Öffnung der Grenzübergänge insgesamt seit das "Allernotwendigste".

Frankreich lehnt allerdings zu schnelle Grenzöffnungen weiter ab. So hieß es aus Paris nach einem Telefonat des deutschen Innenministers Horst Seehofer mit seinem Amtskollegen Christophe Castaner, die von Frankreich gerade erst bis 15. Juni verlängerten Einreisebeschränkungen sollen "zu gegebener Zeit" aufgehoben werden.

Bundeskanzler Kurz begrüßt den Schritt

Wie aus dem Bundeskanzleramt in Wien gegenüber der APA verlautete, telefonierte auch Bundeskanzler Sebastian Kurz mit seiner deutschen Amtskollegin. Diese Woche wurde Kurz im Vorarlberger Kleinwalsertal erwartet, das als lediglich von Deutschland aus erreichbares Zollausschlussgebiet besonders unter den Corona-Grenzbeschränkungen zu leiden hat.

Die türkis-grüne Bundesregierung signalisiert bereits seit Wochen, dass sie eine Grenzöffnung zu den Nachbarländern noch vor Beginn der Sommerferiensaison wünscht. Im Fokus ist dabei insbesondere Deutschland, da die heimische Tourismusindustrie stark von deutschen Sommergästen abhängig ist.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich erfreut über die geplanten Grenzöffnungen mit Deutschland ab 15. Juni gezeigt. Mit der Schweiz und Liechtenstein werde derzeit an einer ähnlichen Lösung gearbeitet. Gespräche gebe es auch mit den östlichen Nachbarländern. Keine Perspektive könne man aufgrund des Infektionsgeschehens zu einer Grenzöffnung zu Italien geben. Aktuell: Kurz im Interview in Deutschland: "Manchen fehlt das Bewusstsein" >>

Kleinere Grenzübergänge werden geöffnet

Die deutsche Bundespolizei und die österreichischen Behörden einigten sich indes auf die Öffnung mehrerer kleinerer Grenzübergänge. In Oberösterreich geht es um die Grenzübergänge Breitenberg-Hinteranger/Vorderanger und Voglau, die von 7:00 bis 20:00 offen sein werden, sowie Bad Füssing-Obernberg (6:00 - 20:00 Uhr). Wie das Innenministerium der APA auf Anfrage mitteilte, wird auch der Salzburger Grenzübergang Großgmain-Bayerisch Gmain geöffnet, allerdings nur für Berufspendler mit Wohnsitz bzw. Arbeitsplatz in diesen beiden Gemeinden bzw. Bad Reichenhall. Zu Tirol sollten deutschen Angaben zufolge die Grenzübergänge Reit im Winkl-Kössen sowie Oberjoch-Schattwald geöffnet werden. (dpa/apa/red)

Auf den nächsten Seiten:

Grenzöffnung: Aktuelle Situation für Südtirol und Italien >>

Interview mit Kurz in Deutschland: "Froh über diese Einigung" >>

In einem ersten Schritt sollen in den kommenden Wochen die Grenzen zu den Nachbarstaaten geöffnet werden. Bis Reisen ins südliche Nachbarland Italien und andere klassische Urlaubsländer wie Spanien und Griechenland wieder möglich sind, wird es aber laut Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) "noch etwas länger dauern", wie sie gegenüber Ö1 erklärte.

"Der Flugverkehr wird durchaus weiterhin beschränkt bleiben", sagte Köstinger. Daher würden zunächst Reisen in Nachbarländer möglich, die per Pkw oder Bahn erreicht werden könnten. Grundlage der Entscheidung seien immer die Infektionszahlen, weshalb in einem ersten Schritt zunächst die Grenzen zu den östlichen Nachbarstaaten und Deutschland geöffnet werden.

Grenzöffnung für Südtirol, Italien und Spanien soll erst später kommen

Ein EU-weites gemeinsames Vorgehen bezeichnete Köstinger als "absolut wünschenswert". Das bedeute aber nicht, "dass wir alle Grenzen gleichzeitig öffnen, sondern dass wir gleiche Regeln ausarbeiten, die das stufenweise Hochfahren wieder ermöglichen sollen".

Italien und Spanien hätten den Reiseverkehr auch innerhalb des Landes noch eingeschränkt, daher werde es bei Grenzöffnungen für diese Länder noch länger dauern, so die Tourismusministerin. Wichtig bei der Entscheidung seien die Infektionszahlen. Ob österreichische Gäste an Urlaubsorten wie Griechenland mit Reisenden aus Ländern mit höheren Infektionsraten zusammentreffen, sei ein wichtiger Faktor. "Wichtig ist auch die Ausstattung des Gesundheitssystems vor Ort", so Köstinger.

Enttäuschung in Südtirol

Vertreter der Südtiroler Tourismuswirtschaft sind enttäuscht: Ihre seit 1918 zu Italien gehörende Heimat ist beim Abkommen zur Grenzöffnung Österreichs zu Deutschland und der Schweiz ab 15. Juni nicht dabei. "Das ist für mich völlig unverständlich", sagt dazu Manfred Pinzger, Präsident des Südtiroler Hoteliers- und Gastwirteverbandes (HGV) in der Zeitung "Dolomiten".

Für Italien- und somit Südtirolreisen nannte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zuletzt noch keine Perspektive. "Ich finde es sehr bedenklich, wenn in der Europäischen Union, im Schengenraum, bilaterale Abkommen geschlossen werden", kritisiert Pinzger. Auf den Hinweis der Zeitung auf Indiskretionen, denen zufolge Deutschland einer Grenzöffnung nach Österreich und der Schweiz nur unter der Bedingung zugestimmt haben soll, dass man die Grenze nach Italien und damit Südtirol nicht öffnet, sagt Pinzger: "Man hört solche Gerüchte. Sollte das wirklich stimmen, dann wäre das unverantwortlich gegenüber Südtirol."

Entwicklung von Corona in Südtirol sehr viel besser als in Italien

Pinzger gibt zugleich aber die Hoffnung nicht auf, dass Reisen nach Südtirol doch noch ab Mitte Juni möglich werden könnten, "da ich um die starken Bemühungen des Landeshauptmannes (Arno Kompatscher, SVP, Anm.) weiß, der diesbezüglich in direktem Kontakt mit Bundeskanzler Kurz steht. Ich hoffe wirklich, dass die Reisebeschränkungen zu uns mit Mitte Juni fallen, sonst sieht es leider schlecht aus." Und: "Wenn man sich die Infektionszahlen in Südtirol anschaut, die sehr gering sind, und die strengen Auflagen, die wir einhalten müssen, dann gäbe es keinen Grund, uns außen vor zu lassen. Das ist für mich völlig unverständlich."(apa/red)

Nächste Seite:

Kurz im Interview in Deutschland: "Manchen fehlte das Bewusstsein über Situation in Österreich" >>

In der angekündigten Öffnung der Grenzen zwischen Österreich und Deutschland für Mitte Juni sieht Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) einen wichtigen Erfolg für die Tourismusindustrie Österreichs. "Ich bin wirklich froh, dass wir diese Einigung zustande gebracht haben", sagte Kurz im Interview mit dem der Zeitschrift "Stern" laut einer Vorabmeldung.

"Deutschland und Österreich sind nicht nur wirtschaftlich eng miteinander verwoben, sondern auch, was den menschlichen Austausch betrifft. Viele Deutsche sind glücklich, zu uns kommen zu können", so der Bundeskanzler.

"Manchen fehlt das Bewusstsein, wie gut sich Situation in Österreich entwickelt"

Kurz wendet sich im Interview auch an die Skeptiker auf deutscher Seite. Vor allem Deutschlands Innenminister Horst Seehofer hatte sich bei der Grenzöffnung zögerlich gezeigt. "Grundsätzlich habe ich Verständnis, wenn Länder ihre Grenzen hochfahren, um die Ausbreitung einer Pandemie zu verhindern. Wir haben das in Österreich genauso gemacht", sagte Kurz. "Vielleicht fehlte manchen das Bewusstsein, wie gut sich die Situation in Österreich entwickelt hat."

Allerdings rechnet Kurz noch "für eine ganze Zeit" damit, dass einige Grenzen in Europa geschlossen bleiben. Die Corona-Epidemie führe dazu, dass innerhalb der Europäischen Union weiter Unterschiede bei den Grenzen und bei der Belastung der Wirtschaft zu erwarten seien, sagte Kurz dem "Handelsblatt".

Große Unterschiede bei Rückkehr zur Normalität in Europa erwartet

Österreich plant weitere Öffnungen zu Nachbarländern wie der Schweiz oder Tschechien. Die Grenze zu Italien will das Land aber geschlossen halten. "Wir werden sicher unsere Grenze nicht zu Ländern öffnen, in denen die Situation nicht unter Kontrolle ist", sagte Kurz.

Nach dem Massenausbruch des Virus im österreichischen Skiort Ischgl dürfte bei vielen Deutschen Misstrauen gegenüber den österreichischen Behörden herrschen. Darauf angesprochen, sagte Kurz: "Wir behalten jegliche Gefahr fest im Blick. Wir setzen auf hohe Testkapazitäten, besonders bei Mitarbeitern des Tourismus, um eine maximale Sicherheit zu garantieren. Da sich der Urlaub in Österreich an den Seen, auf Bergen, also in der frischen Luft abspielt, sind wir sehr optimistisch." (apa/red)