Diesel : Deutscher Finanzminister zur Nachrüstung von Dieselautos: Autoindustrie soll zahlen

Der deutsche Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) stellt sich in der Frage der Finanzierung von Nachrüstungen von Dieselautos auf die Seite der Bürger. Er sieht die Industrie in der Pflicht - das wird langsam auch zur Regierungslinie. Denn Staatsgeld will Scholz nicht geben.

"Die meisten von uns können sich gar keinen Neuwagen leisten"

Vor der Entscheidung über teure Nachrüstungen für Dieselautos hat Scholz klargemacht, dass die Hersteller nicht auf Staatshilfe hoffen können. "Ich glaube nicht, dass das ein Thema ist für öffentliches Geld", sagte der Vizekanzler der Deutschen Presse-Agentur. Mit Blick auf die ebenfalls diskutierten Umtauschprämien für neuere und weniger umweltbelastende Autos ergänzte Scholz: "Die meisten von uns können sich ja gar keinen Neuwagen leisten, sondern die kaufen ein gebrauchtes Fahrzeug."

Damit zeichnet sich ab, dass die deutsche Bundesregierung die Autohersteller dazu bewegen will, weit mehr Geld einzusetzen als bisher geplant. Scholz argumentiert, dass viele Bürger gebrauchte Diesel hätten, deren Motoren durch Umbauten den Stickoxid-Ausstoß verringern sollen - das kann mehrere tausend Euro pro Auto kosten.

Thema Fahrverbote

"Wenn es um Fahrverbote in Deutschland geht, reden wir über die Lebenssituation von Millionen Bürgerinnen und Bürger", betonte Scholz. Es müsse sichergestellt sein, dass sie mit dem Wagen auch künftig überall hinfahren können. "Daher wollen wir, dass es Möglichkeiten der Nachrüstung gibt." Es sei die Aufgabe der Politik, das sicherzustellen, betonte er mit Blick auf einen Koalitionsgipfel am Montag (1. Oktober) bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Auch der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) stellte klar, dass er zur Lösung des Dieselproblems nicht auf Steuergeld oder Selbstbeteiligung der Autofahrer zurückgreifen will. Das aktuell erarbeitete Modell schließe solche Finanzierungsoptionen aus, sagte er im "Morgenmagazin" des ZDF. Die Autoindustrie müsse sich einbringen. Scheuer hatte Nachrüstungen an älteren Dieselwagen lange abgelehnt.

Scholz erklärte: "Ich glaube, dass wir eine große Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger haben. Und dass die Industrie diese Verantwortung jetzt auch wahrnimmt, die sie hat: sicherzustellen, dass man mit den Autos, mit denen man in Deutschland fährt, auch überall hinkommt."

Autobauer sollen bei Gebrauchten den Großteil der Kosten tragen

Scheuer hatte betont, er setze vor allem auf Umtauschanreize für neue Wagen: "Meine Priorität 1 bleibt, dass die Diesel-Besitzer ihr altes Auto in ein saubereres Fahrzeug tauschen können. Bei möglichen Hardware-Nachrüstungen für deutsche Diesel ist mein Ziel, die Selbstbeteiligung der Halter auf null zu setzen." Die SPD verweist darauf, dass sich viele Bürger auch im Fall von Prämien einen Neuwagen nicht leisten könnten - sie favorisiert Nachrüstungen.

Zuvor waren Pläne bekannt geworden, dass Autobauer für bestimmte Pkw bis zu einem Preis von 3.000 Euro bis zu 80 Prozent der Kosten von Motor-Umbauten tragen könnten. Autobesitzer müssten dann womöglich bis zu 600 Euro dazu zahlen. Die SPD verlangt eine komplette Finanzierung durch Hersteller: Umweltministerin Svenja Schulze sagte, diese hätten das Problem mit zu hohem Stickoxidausstoß verursacht.

ADAC begrüßt Nachrüstungen

Der deutsche Autofahrerklub ADAC sieht es positiv, dass Bewegung in die Frage der Hardware-Nachrüstungen kommt. Die Hersteller seien nun gefordert, alles zu unternehmen, um Fahrverbote zu vermeiden, sagte ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker der dpa. Verbraucher und Steuerzahler seien bereits hoch belastet. "Deswegen müssen Nachrüstungen nicht nur für Dienstwagenfahrer, sondern für alle Besitzer von Diesel-Pkw möglich sein, für die das sinnvoll ist." Letztlich gehe es für die Menschen um die Gewissheit, dass sie mit nachgerüsteten Dieseln auch künftig in die Städte einfahren dürften.

Das jüngste Urteil zu Fahrverboten von 2019 an in Frankfurt am Main hatte zu einem Umdenken geführt. Merkel, die mehrfach gegen Umbauten an Motoren argumentiert hatte, öffnete sich nun dafür. In Hessen wird am 28. Oktober ein neuer Landtag gewählt. In Stuttgart soll zum Jahreswechsel ebenfalls ein Diesel-Fahrverbot greifen, in Hamburg gibt es ein solches bereits auf zwei Streckenabschnitten. (dpa/apa/red)