Wirtschaftspolitik : Deutsche Wissenschafter schlagen Mietkaufmodelle für Ärmere vor

In der Debatte über steigende Mieten und zu geringen Neubau schlagen Wissenschafter ein neues Modell vor, das vor allem einkommensschwachen Familien beim Wohnungskauf helfen soll. Die Autoren vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin plädieren in einer vorgelegten Studie für ein staatlich gefördertes Mietkaufmodell.

Der Staat träte als Bauherr für Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern auf. Die Wohnungen würden bevorzugt an Familien mit Kindern vergeben, deren Haushaltsvorstand nicht älter als 40 Jahre sei und die über kein nennenswertes Eigenkapital verfügten. Anstelle monatlicher Mieten würden die Erwerber mit einer konstanten monatlichen Zahlung über die Jahre Stück für Stück Eigentümer.

Der Studie zufolge könnte über einen Zeitraum von zehn Jahren rund eine halbe Million Haushalte per Mietkauf zu Immobilieneigentümern werden, wenn man etwa die Kosten des Baukindergeldes zugrunde lege, das insgesamt mit rund zehn Milliarden Euro zu Buche schlage. Andere Instrumente wie Mietendeckel oder Enteignungen setzten nur am Symptom stark gestiegener Mieten an, "ohne die grundlegenden Probleme auf dem Immobilienmarkt zu beseitigen", kritisierte DIW-Autor Markus Grabka. Das Mietkaufmodell könne für mehr Neubau sorgen.

Die künftigen Eigentümer würden dabei von günstigen Finanzierungskosten profitieren, da sich der Staat derzeit faktisch zinsfrei Geld beschaffen könne. Den Zinsvorteil könne er an die Mietkäufer weiterreichen. Eine Beispielrechnung der Autoren geht von einer 100-Quadratmeter-Wohnung aus, für deren Bau sie 210.000 Euro inklusive Nebenkosten veranschlagen. Bei einer Monatsrate von 933 Euro sei die Wohnung in gut 24 Jahren abbezahlt. Dies sei kaum mehr als die monatlichen Mietkosten. Eine Familie mit Kindern habe 2017 in einer Großstadt durchschnittlich rund 750 Euro Kaltmiete gezahlt.

Die Eigentumsquote ist in Deutschland im Vergleich zu Ländern wie Italien und Spanien gering. Anfang 2018 verfügten nur 47,5 Prozent der Haushalte über Haus- oder Grundbesitz. (reuters/apa/red)