Lohnverhandlungen : Deutsche Metaller erzwingen neue Verhandlungsrunde

Es war bereits der dritte, ganztägige Streiktag, der zumindest in Bayern und Baden-Württemberg die Autoproduktion nach Gewerkschaftsangaben "zum Stillstand“ brachte. Im Südwesten sei “kein Auto, kein Traktor, kein Bus, kein Kran" vom Band gelaufen. Im Norden Deutschlands wurde unter anderem der Flugzeugbauer Airbus bestreikt.

Die Arbeitgeber signalisierten Verhandlungsbereitschaft - bekräftigten zugleich aber ihre Ablehnung einer 28-Stunden-Woche mit einem Lohnausgleich für bestimmte Beschäftigte. Der größte Streitpunkt in dem Tarifkonflikt ist damit weiter ungelöst: Die IG Metall fordert das Recht auf eine befristete Teilzeit mit Lohnzuschüssen für bestimmte Beschäftigte, wie Eltern kleiner Kinder, pflegende Angehörige oder Schichtarbeiter. Die Arbeitgeber halten dies für rechtswidrig und diskriminierend gegenüber den Beschäftigten, die schon heute in Teilzeit arbeiten.

Gespräche wieder aufgenommen

Zu Beginn der Woche steht nun eine neue Verhandlungsrunde im Südwesten an, so die IG Metall. Die Metaller in Baden-Württemberg haben schon oft eine Tarifeinigung geschafft, die dann als "Pilotabschluss" von allen anderen Bezirken übernommen wurde. Damit würde in Stuttgart faktisch für alle 3,9 Millionen Beschäftigten der deutschen Schlüsselindustrie verhandelt. In dem Land selbst geht es um mehr als 900.000 Metaller. Zuletzt hatten die Tarifparteien Ende Jänner in Stuttgart einen Anlauf zur Einigung unternommen, die Gespräche dann aber ohne Ergebnis abgebrochen.

Für den Abbruch hatten sich die beiden Parteien gegenseitig verantwortlich gemacht. Die Arbeitgeberseite hatte nach eigenen Angaben ein Entgeltangebot im Volumen von 6,8 Prozent bei einer Laufzeit von 27 Monaten angeboten. IG-Metall-Chef Hofmann hatte bemängelt, dass davon nur ein kleiner Teil dauerhaft in die Lohntabellen einfließen sollte und so nicht einmal die Inflation ausgleiche.

Die Gewerkschaft verlangte ursprünglich sechs Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit von zwölf Monaten und Möglichkeiten zur Reduzierung der Arbeitszeit auf 28 Wochenstunden. Kompromisse müssen auch noch beim Arbeitsvolumen gefunden werden, das nach Maßgabe der Arbeitgeber in der aktuellen Hochkonjunktur trotz möglicher Arbeitszeitverkürzungen nicht schrumpfen soll.

Die Bänder standen still

Seit Beginn der Streiks brachten nach Angaben der IG Metall bundesweit eine halbe Million Beschäftigte aus knapp 280 Betrieben die Produktion zum Erliegen. Allein am Freitag standen demnach in fast hundert Unternehmen mit mehr als 300.000 Beschäftigten die Bänder still - vor allem in der Automobilindustrie, der Luft- und Raumfahrt- sowie der Werftindustrie. Bestreikt wurden unter anderem Standorte von BMW, Audi, Porsche und Daimler, Werften in Kiel, Rostock und Papenburg sowie der Flugzeugbauer Airbus und Zulieferer in Bremen und Hamburg.

Die hohe Beteiligung an den Warnstreiks zeige, dass die Beschäftigten "hinter unserer Forderung stehen" und bereit seien, "mit aller Kraft dafür zu kämpfen", erklärte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann. Jetzt sei es an den Arbeitgebern, "dieses Signal zu verstehen und eine deutliche Schippe draufzulegen".

„Ungerechte Forderung“

Die Forderung der IG Metall zu den Arbeitszeiten passe "politisch überhaupt nicht in die Zeit", sagte Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger. Dadurch drohe der Fachkräftemangel weiter verschärft zu werden. Er habe "größtes Verständnis", wenn Beschäftigte aus privaten Gründen wie etwa der Pflege von Angehörigen nur 28 Stunden arbeiten wollten oder könnten. Ein Lohnausgleich hierfür sei aber "ungerecht", bekräftigte Dulger die Position der Arbeitgeber. "Wir können einer solchen Forderung nicht zustimmen."

Der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) warnte unterdessen, die deutsche Wirtschaft sei trotz boomender Konjunktur störanfällig. Produktion und Lieferketten seien vielfach stark verzahnt und könnten deshalb bereits durch kleinste Beeinträchtigungen aus dem Takt geraten, erklärte BME-Hauptgeschäftsführer Silvius Grobosch. Wenn die jetzt begonnenen 24-Stunden-Streiks längere Zeit anhielten seien "ernste Folgen absehbar".

Weitere Arbeitskämpfe kündigte aber auch der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, an: "Die Arbeitszeit ist für viele Beschäftigte heute ein genauso wichtiges Thema wie der Lohn", sagte Hoffmann dem "Spiegel". Dem Metallkonflikt komme deshalb "Signalcharakter" zu. (apa/dpa/afp)