Autozulieferer : Deutsche Banken ziehen bei Autozulieferern die Daumenschrauben an

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© APA/dpa/Uli Deck

Die Hiobsbotschaften aus der deutschen Autobranche reißen nicht ab. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht ein Autobauer oder Zulieferer seine Prognose senkt, ein Sparprogramm ankündigt oder einen Stellenabbau durchspielt. Die heraufziehende Krise in Deutschlands umsatzstärkstem Industriezweig mit seinen 835.000 Beschäftigten macht auch Kreditgeber nervös.

"Die Banken schauen genau hin. Kredite werden teurer und sind schwerer zu bekommen", sagt Elmar Kades vom Beratungsunternehmen AlixPartners. Offiziell wollen sich die Geldhäuser nicht zu ihren Kundenbeziehungen äußern, doch hinter vorgehaltener Hand bestätigen sie die Aussagen des Beraters.

"Wir sind selektiver geworden", sagt ein Banker. "Kreditlinien an die Autoindustrie werden tendenziell gekürzt", berichtet ein anderer. "Mir macht die Geschwindigkeit des Branchenwandels Sorgen", erklärt ein dritter. "Bei rund zehn Prozent der Zulieferer stehen die Ampeln auf Rot. Sie sind weder zukunftsfähig, noch haben sie die Kapazität, sich zukunftsfähig zu machen."

Die wachsende Vorsicht der Geldhäuser hat ihren Grund: Sie wollen verhindern, dass eine Autokrise zu einer Bankenkrise führt. Zu frisch sind die Erinnerungen an die Schifffahrtskrise, als ausfallende Kredite viele Banken Milliarden kosteten - und einige gar selbst in Schieflage gerieten.

Die Autoindustrie steht vor gewaltigen Herausforderungen. Einerseits schwächelt der Absatz auf allen wichtigen Märkten und erhöht den Druck auf die Margen. Andererseits fallen hohe Investitionen für Elektroantriebe, autonomes Fahren und andere Zukunftstechnologien an. "Es gleicht einem Marsch durch die Wüste. Einige Zulieferer werden auf der Strecke bleiben", sagt Kades. Auch Arndt Ellinghorst vom Investmentberater Evercore ISI warnt: "Wir stehen vor einer Autokrise." Diese werde 2020 oder 2021 ihren Höhepunkt erreichen.

Hart trifft es Unternehmen, die am Verbrennungsmotor hängen. "Alles, was mit alter Antriebstechnik zusammenhängt, ist schwierig", berichtet einer der Banker. "Wir schauen uns genau an, wer sich den Herausforderungen am besten stellt." Schließlich erwarten Branchenexperten, dass bereits 2030 nur noch 50 Prozent der Neuwagen mit einem klassischen Verbrennungsmotor ausgeliefert werden.

Der Kostendruck steigt nicht nur durch die sinkende Nachfrage, sondern auch durch die neuen Schwerpunkte der Autobauer. "Was in Infotainment-Systeme, autonomes Fahren und andere Zukunftstechnologien investiert wird, muss an anderer Stelle eingespart werden", erklärt Ellinghorst. Schnell vergeben die Autobauer Einkaufsbudgets über 100 Millionen Euro an Unternehmen, die diese neuen Technologien liefern oder die Software dafür entwickeln. "Das geht zulasten der klassischen deutschen Zulieferer."

Viele Zulieferer müssen daher zügig neue Geschäftsfelder erschließen oder sich so aufstellen, dass sie trotz wegbrechender Geschäfte überleben können. Doch die Kredite für den Umbau zu bekommen, ist nicht trivial. "Die Autohersteller haben eine starke Kapitalausstattung. Aber bei den Zulieferern müssen wir genau hingucken", sagt einer der Banker. "Eine Finanzierung wird genauestens durchleuchtet", berichtet Kades. Die Banken fordern einen detaillierten Geschäftsplan und stellen viele Fragen: Wie hoch sind die Investitionen? Rechnet sich das? Sind die Produkte zukunftsfähig?

Noch sind Insolvenzen wie die des württembergischen Lackieranlagenbauers Eisenmann eher die Ausnahme. Auch die wachsende Zurückhaltung der Banken schlägt noch nicht voll durch. Viele Zulieferer haben das jahrelange Wachstum genutzt, um sich für schlechte Zeiten zu wappnen. Die Verschuldung wurde abgebaut, die Finanzierung auf eine breitere und längerfristige Basis gestellt. Zudem können sich Zulieferer, die Zugang zum Kapitalmarkt haben, dank der lockeren Geldpolitik weiterhin günstig über Anleihen oder Schuldscheine refinanzieren. "Wir können allmählich höhere Preise durchsetzen, doch die Unternehmen haben immer noch das Ventil über den Kapitalmarkt", sagt einer der Banker.

Angesichts rekordniedriger Zinsen haben viele Geldhäuser auf der Suche nach Rendite in den vergangenen Jahren ihr Firmenkundengeschäft ausgebaut und mehr Darlehen vergeben. Syndizierte Kredite, bei denen mehrere Banken als Teil eines Konsortiums ein Darlehen bereitstellen, sind inzwischen die Regel. Doch wehe ein Zulieferer verletzt die Kreditbedingungen (Covenants) - eine Gefahr, die angesichts fallender Margen zunimmt. Dann muss er sich nicht mehr nur mit einigen wenigen Hausbanken auf eine Lösung einigen, sondern zahlreiche Institute überzeugen. (reuters/apa/red)