Rudolf Fries: Vom Schlosserlehrling zum Großinvestor : Der Mann im Schatten

Jubiläum Böhler

Anwalt Rudolf Fries

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Hier treffen biedermeierliche Beschaulichkeit und professionelles Entertainment aufeinander. „Cinderella – Märchenhaftes Glück“ verspricht das knallige Gewinnspiel-Plakat über dem Eingang des Casinos in Baden bei Wien. Von den halbrunden Balkonen des ehrwürdigen, blitzblank renovierten Hotels Herzoghof bietet sich den Gästen ein Blick auf den Kurpark, wie er wohl vor mehr als hundert Jahren war – mit üppiger Blumenpracht, dem verspielten Musikpavillon und dem märchenhaften Undine-Brunnen.

Gleich gegenüber, am Ende des Erzherzog-Rainer-Rings in dem etwas müde gewordenen schmutzigweißen klassizistischen Stadthaus mit den vier Säulen vor dem Tor, verbirgt sich ein industrielles Hauptquartier. Neben den nüchternen Tafeln zweier Fachärzte weist nur ein dezentes, poliertes Messingschild auf eine Anwaltskanzlei hin: Eckert & Fries. Und doch laufen in diesem Büro Fäden zusammen, die in manchen Teilen der heimischen Industrie enger nicht zu knüpfen wären und deren Ausläufer bis ins ferne Korea, nach China, Kanada und Brasilien reichen.

Rudolf Frieses Weg zu einem einflussreichen Aktionär

Vor 10 Jahren war der Name des Wirtschaftsanwalts und Drittelpartners der Kanzlei, Rudolf Fries, vor allem Industriellen, Agrariern und Gewerbetreibenden zwischen Wels, Pasching und Perg geläufig. Dort reüssierte der verschwiegene Spezialist als Rechtsbeistand bei der Gründung von Privatstiftungen, bei Management-Buy-outs und Umgründungen.

Mitte der 90er Jahre tauchte der Name Fries nur kurz auf, als er sich – letztlich erfolglos – um die Sanierung des Trauner Brillenherstellers Carrera-Optyl bemühte. Ende 2000 gründete er – gemeinsam mit einer Gruppe von kapitalkräftigen Investoren – die M & A-Bank. Und schon bald darauf wurde bekannt, dass Fries – wiederum gemeinsam mit anderen – begann, systematisch Anteile des Edelstahlkonzerns Böhler-Uddeholm zu kaufen. Anfangs von ÖIAG-Managern belächelt schaffte er es, innerhalb weniger Monate ein Paket von mehr als 25 Prozent zu erwerben und damit zum entscheidenden Kernaktionär aufzusteigen.

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Gründungsgeschichte von Böhler, Engel, Eybl. - © Getty Images/iStockphoto

Eckert & Fries: Erfolgsgeschichte des Unternehmers

Heute geht im Fries’schen Industriereich die Sonne nicht mehr unter. Der Automobil-Textilhersteller Eybl, bei dem er sich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eingekauft hat, produziert Sitzbezüge und Kunststoff-Innenteile für Autos vor allem in Mittelosteuropa, in Ungarn und Rumänien. Böhler-Uddeholm betreibt Stahlwerke in Österreich, Schweden und Brasilien. Und der Maschinenbaukonzern Engel, an dem die Familie Fries rund ein Viertel hält, hat schon vor Jahren nach Nordamerika expandiert, besitzt eine Fabrik in Korea und baut gerade ein Werk in China. Insgesamt arbeiten in den Industrieunternehmen, auf die Rudolf Fries maßgeblichen Einfluss hat, weltweit mehr als 18.000 Menschen – fast so viele, wie das kleine Biedermeierstädtchen Baden Einwohner hat. Anwalt und Schlosser.

„Oft wundern sich die Leute, dass wir Büromenschen mit den Händen so zugreifen können.“ Heinz Polak, Besitzer und Geschäftsführer der Salzburger Werbeagentur Polak and friends, hat mit Rudolf Fries gemeinsam die Schulbank gedrückt. In einer ganz besondere Schule: Das Werkschulheim Felbertal im salzburgischen Ebenau ist ein Unikum im österreichischen Schulsystem. Hier erlernen die Buben – und seit wenigen Jahren auch Mädchen – neben der AHS-Matura auch ein Handwerk: Tischlerei, Elektronik, Mechatronik.

Rudolf Fries - Vom Schlosserlehrling zum Firmengesellschafter und Ökonomieprofessor

„Der Rudi“, wie ihn seine Klassenkollegen auch heute noch freundschaftlich nennen, legte als Jahrgang 1958 seine Lehrabschlussprüfung noch in der traditionellen Schlosserei ab. Wilfried Altzinger, heute Ökonomieprofessor an der Wiener Wirtschaftsuniversität, der aus einer Perger Unternehmerfamilie stammt, glaubt sich noch an einen eisernen Kerzenständer erinnern zu können, den Jahrgangskollege Fries für seine Mutter zu Weihnachten an der Esse geschmiedet hat. „Auch die Gesellenprüfung war sehr anspruchsvoll“, so Altzinger, „viel Theorie.“ Industriebeteiligung von der Wiege auf. Mitschüler Polak erzählt, dass Fries „die Schule nicht in den Schoß gefallen ist. Er hat schon lernen müssen.“ Das bestätigt auch ein früherer Lehrer, Raimund Schmiderer.

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„Ich erinnere mich gut an ihn. Er war ein ruhiger, besonnener Schüler, ein guter Analytiker.“ In seinen Fachzeichnen- Stunden habe sich dieser schon damals überlegt, ob die Konstruktionen auch wirtschaftlich sinnvoll auszuführen seien. Schmiderer: „Das könnte von zuhause kommen.“ Zuhause, das war Schwertberg in Oberösterreich. Die Eltern von Rudolf Fries stammten aus wohlhabenden Häusern, die Mutter von einem großen Bauernhof, der Vater aus einer Unternehmerfamilie. Im Geburtsjahr von Rudolf, 1958, sollte sich eine unerwartete Gelegenheit ergeben – eigentlich aus der Not heraus. Die Mühle der Familie Fries war abgebrannt, und als die Versicherungssumme zur Auszahlung kommen sollte, klopfte ein Bekannter bei Rudolf Fries senior an: Ludwig Engel. Er brauchte für die zügige Expansion seines Maschinenbauunternehmens Geld und fragte, ob Fries nicht Teilhaber werden wollte. Dieser stimmte zu, sein Schwager Hermann Obermair entwarf wasserdichte Verträge, und eine jahrzehntelang profitable Partnerschaft entstand.

Beruf: „Firmengesellschafter“

Die Familie Fries hielt sich aus dem Alltagsgeschäft bei Engel wohl heraus. Weder Rudolf Fries senior noch sein Sohn übten jemals „eine operative Managementfunktion bei der Engel- Gruppe“ aus, wie der heutige Vorsitzende der Geschäftsführung, Peter Neumann, festhält.

Frühe wirtschaftliche Prägung: Rudi Fries und seine Schulzeit

Aber über das Unternehmen gesprochen wurde doch intensiv daheim, der Sohn schon früh wirtschaftlich geprägt. Seine Klassenkollegen erinnern sich auch an eine Exkursion zu Engel in die Fabrik – ebenso wie an andere Fahrten – etwa ins nahe Handelshaus der Altzingers. Im Telefonbuch gibt Fries senior auch heute noch als Berufsbezeichung „Firmengesellschafter“ an. Entscheidende wirtschaftliche Seilschaften bildeten sich in der Schulzeit noch nicht, auch wenn diese Gelegenheit bot, in andere Gesellschaftsschichten hineinzuschnuppern. Der Großteil der Privatschüler stammte wohl aus „finanziell besser abgesicherten Familien“, weiß Ex-Lehrer Schmiderer. Aber es gab auch Arbeiterkinder – und zahlreiche adelige Sprösslinge. So war etwa der Weingutsbesitzer und Schlossherr von Sallegg im Südtiroler Kaltern, Georg Graf Kuenburg, ein Jahrgangskollege von Rudi Fries.

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„Nur wenige Felbertaler haben nach der Matura Technik studiert“, erzählt Fries-Jugendfreund und Wirtschaftsforscher Altzinger. „Auch wir nicht. Bei Rudolf Fries war auch im Studium schon klar, dass es trotz Jus stark in Richtung Betriebswirtschaft gehen wird.“ Bruno Bernreitner, ebenfalls Studienkollege und heute Rechtsanwalt im niederösterreichischen Waidhofen an der Thaya, der sich auch auf Distanz als „Lebensfreund“ sieht, erinnert sich an einen „wirtschaftlich sehr interessierten“ Studenten, der zwar nicht ehrgeizig war, dem das flotte Studium aber keinerlei Probleme bereitete.

Er ließ seine Kollegen nie spüren, dass er aus einem besseren Haus stammte, Kleidung und uralter Opel Ascona waren ihm nicht wichtig, Disziplin allerdings schon damals: Ein gelegentlicher „Draher“ durfte nie Anlass sein, am folgenden Tag zu schwänzen. Auch wenn Fries später keine flammenden Plädoyers als Strafverteidiger halten sollte, weiß Bernreitner von einem Talent zum Referat, einer Freude am Vortrag. Die beiden spielten eine aktive Rolle in der Studentenpolitik, Fries war Fakultätsvorsitzender bei den Juristen, auf dem Ticket des bürgerlichen Studentenforums: „Da hat er sich vor dem Professorenkollegium erste Sporen verdient.“

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Rudolf Fries' Weg nach oben in der Wirtschaft und Politik

Und er knüpfte Kontakte, die später auch geschäftlich interessant werden sollten: Zu Reinhold Mitterlehner, heute Generalsekretär- Stellvertreter in der Wirtschaftskammer, Erich Wiesner von Wiesner-Hager und auf der politisch anderen Seite zu Herbert Buchinger, später AMS. Am wichtigsten sollte aber die Schiene zu ÖVP und Raiffeisen werden. Die CV-Verbindung Austro Danubia Linz führte zu engen Kontakten mit Helmut Kukacka, heute Staatssekretär im Infrastruktur-Ministerium, sowie mit Josef Pühringer, heute Landeshauptmann in Oberösterreich.

Ein Manager, der damals noch auf dem Weg nach ganz oben war, Ludwig Scharinger, kümmerte sich besonders um den politisch und ökonomisch talentierten Nachwuchs. „Scharinger hat den Rudi und mich persönlich unterstützt und gefördert“, so Rechtsanwalt Bernreitner, der ebenfalls als Studentenpolitiker aktiv war. „Mir hat er etwa einen Job angeboten, und wir waren zwei- oder dreimal zum politischen Aschermittwoch von Franz-Josef Strauß nach Passau eingeladen.“ „Aus der Hand gefressen.“ Dieses rudimentäre Netzwerk des jungen Mannes sollte sich bald deutlich erweitern. Fries heuerte nach dem Studium als Konzipient in einer der damals bekanntesten Wirtschaftskanzleien des Landes an, bei Eckert in Baden bei Wien. „Eckert ist in den 70er Jahren mit dem Strukturverbesserungsgesetz reich und berühmt geworden“, erinnert sich ein Wiener Kollege. Dabei ging es darum, dass mittels Umgründung eines Unternehmens abgeschriebenes Betriebsvermögen noch einmal aktiviert werden konnte, „und die haben kiloweise umgegründet“. Franz Eckert, heute 72, galt in der österreichischen Wirtschaft als äußerst gut verankert, und zwar – trotz seines katholischen Konservatismus – sogar in Richtung Sozialdemokratie.

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Ein kleiner Blick auf seine einstigen Aufsichtsratsfunktionen liest sich wie ein Who is Who der heimischen Wirtschaft – von Creditanstalt und Bank Austria bis OMV, von Darbo bis Grass, von Rath bis Elektra Bregenz und von Herz Armaturen bis zur Mediaprint. Hier lernte Fries, und hier durfte er auch bald wichtige Causen bearbeiten. So setzte ihn die Kanzlei Eckert laut Bankern in der Bank Austria an vorderster Front bei der Umgründung der Zentralsparkasse in eine AG ein sowie bei der Fusion Z-Länderbank. „Sein Vorteil war“, erzählt ein früherer Berater der BA, der Fries in Gremien erlebte, „dass er nicht herumgeredet hat. Man hat von ihm schnell konkrete Empfehlungen und Auskünfte bekommen.“ Ein Manager in einer ganz anderen Welt, nämlich der Raiffeisens, erinnert sich etwas deftiger an die dortige Tätigkeit von Fries: „Die haben ihm alle aus der Hand gefressen – weil sich ja keiner ausgekannt hat.“ Neidisches Gerede. Die Beziehungen von Fries zur Kanzlei Eckert sollten bald noch enger werden. Er heiratete die Tochter des Patriarchen, Christa, die ebenfalls in der Kanzlei arbeitete.

Das führte vor allem in Schwertberg zu neidischem Gerede, er habe geplant in ein renommiertes Unternehmen eingeheiratet. „Das stimmt so sicher nicht“, bestreitet ein guter Kenner der Familie, „das war eine Liebesheirat. Nicht nur teilen sie die Zuneigung zu Pferden – das Paar lebt in einem wunderschönen alten Anwesen im Triestingtal – sie gehen auch heute noch liebevoll miteinander um.“ Das Ehepaar Fries hat zwei Kinder, ein weiteres brachte Frau Fries aus einer früheren Beziehung mit in die Ehe.

Die vielseitige Karriere von Rudolf Fries": Von Anwaltsgeschäften zu Investitionen in die Hightech

In der Kanzlei, deren Honorarnoten in der Branche als vergleichsweise hoch gelten, sollte sich bald eine Arbeitsteilung herausbilden: Rudolf Fries spezialisierte sich auf Stiftungen, Aktienrecht und Management-Buy-outs (siehe den Kasten: Die Jobs des Rudolf Fries), und untermauerte Kompetenz und Marketing in dieser Nische mit einer Reihe von Büchern und Aufsätzen. Seine Frau wiederum betrieb eher das klassische Anwaltsgeschäft. Leicht hatte es Christa Fries zumindest in den Anfangstagen ihrer Karriere wohl nicht. „Sie war schon eine kompetente Anwältin, und ihr Vater, der alte Herr, hat sie immer noch für sich den Kaffee holen lassen“, erzählt ein Partner einer der größten Wiener Wirtschaftskanzleien. Frühe Beteiligungen. Die Arbeit für andere sollte dem energiegeladenen Wirtschaftsanwalt bald nicht mehr genügen.

Gemeinsame Investments von Rudolf Fries und Ernst Hable

Noch in Schwertberg hatte Rudolf Fries den 1943 geborenen Ernst Hable kennen gelernt. Der Wirtschaftstreuhänder leitete beim Maschinenbauer Engel das Finanz- und Rechnungswesen, wälzte aber längerfristig Pläne, sich selbstständig zu machen. Der als brillanter Finanzmann geltende Hable gründete 1991 eine kleine Industrieholding namens Hanova. Sowohl die Familie Schwarz von Engel als auch die Familie Fries beteiligten sich daran – gekauft wurde unter anderem der Feinmechanik-Betrieb Redtenbacher in Scharnstein. Von diesem Unternehmen, einem Zulieferer der Brillenindustrie, war es nicht mehr weit bis zum ersten größeren Investment – von Fries, Hable und anderen oberösterreichischen Geldgebern. 1992 war der Trauner Brillenhersteller Optyl-Carrera erstmals in Schwierigkeiten geraten und dümpelte seither dahin.

Zu Jahresbeginn 1995 beteiligte sich eine Gruppe rund um Fries und Hable mit 50 Prozent am Unternehmen und versuchte, es gemeinsam mit dem ebenfalls beteiligten Management wieder in die Höhe zu bringen. Die Optyl-Niederlage. „Im Sommer 1995 sind drei Unglücksfälle zusammengekommen, die auch einen Gesunden schwer getroffen hätten, umso schwerer einen Sanierungsfall wie uns“, analysiert Hable. „Der Brillenmarkt war international ganz schlecht, der Dollar niedrig, und unser wichtigstes Werk in Slowenien ist abgebrannt.“ Den Einsatz von Hable und Fries für den Standort Traun würdigt heute sogar der ehemalige Zentralbetriebsrat und jetzige SPÖ-Nationalratsabgeordnete Hermann Krist. „Die haben wirklich Gegenstrategien entwickelt, damit das Unternehmen in Österreich bleibt.“ Im Konkurs kaufte die italienische Safilo-Gruppe dann jedoch Optyl – im Jahr 1996. Mit rund 1000 Mitarbeitern war dies damals die größte Insolvenz des Landes. „Ja, wir haben auch Geld verloren“, ist das Resümee von Investor Hable.

Hightech-Investitionen von Rudolf Fries: Chancen und Herausforderungen

Safilo hielt den Standort Traun mit 450 Mitarbeitern noch bis Juni 2004, dann wurde er geschlossen. „Wir haben damals zumindest zwei Sachen erreicht“, so Hable: „Das Unternehmen ist nicht ganz zerschlagen worden, und die Leute haben noch ein paar Jahre länger Arbeit gehabt.“ Glücklos in Hightech. Wenig Glück brachten Rudolf Fries auch einige Hightech- Investments. So war die Mutterfirma der M & A-Bank, die Techno Holding, an der er Anteile hielt, mit 14,23 Prozent an der Telekom-Firma MCN des Immobilien- Entwicklers Georg Stumpf beteiligt. Diese hatte große Pläne – doch der Ausleseprozess unter den neu gegründeten Telekoms war brutal, 2001 rutschte MCN zuerst in die Insolvenz.

Eine andere New-Economy-Investition dürfte sich ebenfalls nicht gerechnet haben, die Skyway Holding. „Das müssen wir als Misserfolg werten“, kommentiert Franz R. Krejs, Managing-Partner des Horizonte Austrian Technology Fund, eines Venture-Kapital-Gebers. „Zwar existiert das Unternehmen noch, aber es ist gescheitert.“ Neben den Wagniskapitalgebern war eine Fries-Gesellschaft mit 23 Prozent beteiligt. Fries hält noch Anteile an einer weiteren Hightech-Firma. Mit 10,2 Prozent ist seine Familie der größte Investor bei IMS, der Wiener Ionen Mikrofabrikations Systeme GmbH. Das Unternehmen soll, so die Auskunft von Geschäftsführer Maximilian Bayerl, etwa zwei bis drei Jahre vor der Marktreife von nanotechnologischen Lithografiegeräten stehen.

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Strategisches Meisterstück: Kauf von Aktien der Firma Böhler-Uddeholm

All diese Beteiligungen sind allerdings nur Krümel im Vergleich zu jenem strategischen Meisterstück, das Fries beim Kauf der Anteile am Edelstahlkonzern Böhler-Uddeholm gelang. „Wir haben uns vor der Größe nicht geschreckt“, erinnert sich Hable. „Es war alles genau durchgerechnet, der Zeitpunkt richtig, die Bewertungen waren in Ordnung.“ Angeschaut hatte sich das Gespann auch die Voestalpine Stahl sowie die VA Tech, aber bei Ersterer hätte man deutlich mehr Kapital gebraucht, um dann doch an keinem Weltmarktführer beteiligt zu sein. Und bei der – günstigeren – VA Tech schien das Eigenkapital gefährlich knapp.

Böhler-Uddeholm-Generaldirektor Claus Raidl kannte Fries schon, bevor sich dieser in sein Unternehmen einkaufte: „Ich war einmal bei ihm draußen, in seinem Privathaus, um die Möglichkeit zu besprechen, ob man nicht die gesamte ÖIAG in eine Stiftung umwandeln könnte.“ Die Idee sei, glaubt Raidl, von Richard Schenz gekommen, der damals noch OMV-Generaldirektor war und wusste, dass Fries über Stiftungen publiziert hatte. Auch Peter Strahammer von der voestalpine Stahl war dabei.

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Man sei aber bald darauf gekommen, dass man auch bei einer Stiftung die Politik nicht aussperren konnte, und habe die Sache fallen gelassen. Diskreter Kauf. Irgendwann im Jahr 2000 rief dann Rudolf Fries bei Raidl an und fragte: „Wir wollen die ÖIAG-Anteile an Böhler-Uddeholm kaufen. Würden Sie das als Vorstand begrüßen?“ Raidl bejahte: „Weg vom Staat, wir sind dafür.“ Bald darauf meldete sich Fries wieder und berichtete, die ÖIAG sei zu kompliziert, man werde jetzt Aktien am Markt erwerben. Und schon einige Monate später erfolgte die Pflichtmeldung, dass man die Fünf- Prozent-Hürde erreicht habe, dann wurden es zügig 20, 25 Prozent.

„Wir waren selber überrascht, dass das so schnell gegangen ist“, sagt heute Fries-Partner Hable, der als Vizepräsident im BU-Aufsichtsrat sitzt. Die M & A-Bank, von der sich Fries mittlerweile wieder zurückgezogen hat, kaufte die Anteile – wohl vor allem diskret bei internationalen Fonds, ohne allzu sehr den Preis zu treiben. Gekauft wurde etwa im Preisband von 40 bis unter 50 Euro, der Höchststand erreichte vor kurzem über 70, internationale Analysten geben bereits Kaufempfehlungen bis 75 und 80 Euro ab.

Abgelehnte Aufschläge

Böhler-General Raidl ist froh, Fries an Bord zu haben. Er sei, so Raidl, selbst dabei gewesen, als man Fries sehr hohe Aufschläge für einen Blockverkauf seiner Anteile geboten habe: „Da hätte er viel verdienen können, aber er wollte nicht. Ihn interessiert mehr das Eigenkapital als der Börsekurs.“ Raidl ist als altgedienter Verstaatlichtenmanager froh, endlich die ÖIAG aus dem Haus zu haben, inklusive „Bedenkenträger“. „Da sind jetzt Leute, die uns ihr Geld anvertraut haben, da spürt man die Verantwortung noch mehr.“

Rudolf Fries zeigt strategisches Geschick und Fairness in Verhandlungen

Die Investoren seien im Aufsichtsrat umgänglich, stimmten neuen strategischen Investitionen, etwa einem zusätzlichen Werk in Brasilien, nach sorgfältiger Prüfung zu, und auch der eingearbeitete Aufsichtsratspräsident Rudolf Streicher wurde im Amt belassen. „Es ist Fries durchaus recht, dass er aus der zweiten oder dritten Position die Fäden in der Hand hält“, kommentiert Wilhelm Rasinger, Kleinaktionärs-Vertreter im Böhler-Aufsichtsrat. „Aber zwischendurch hält er laufend Kontakt mit dem Vorstand.“ Raidl darauf: „Es gibt keine Bevorzugung einer Aktionärsgruppe. Mich rufen auch andere Aufsichtsräte an.“ Dennoch wünscht sich Rasinger, dass in allen Gesellschaften die Arbeit zwischen den Gremien so reibungslos funktioniere wie bei Böhler- Uddeholm.

„Hart, aber fair“

Ferdinand Lacina lernte Rudolf Fries beinahe beiläufig kennen: „Ich hatte schon zugesagt, in den Aufsichtsrat von Eybl zu gehen, als die Schwierigkeiten plötzlich bekannt wurden. Ich habe mich gefragt: Kneife ich oder gehe ich aufs Eis tanzen?“ In der Zwischenzeit hatte Fries begonnen Anteile an Eybl zu übernehmen und war ebenfalls in den Aufsichtsrat gewählt worden. Lacina: „Ich kann heute rückschauend nur Gutes über ihn sagen. Ohne sein Engagement hätte das Unternehmen nicht überlebt.“

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Der Hut brannte an allen Ecken und Enden, Eybl war nach einer rasanten Expansion überdehnt, die Kapitaldecke löchrig, die Managementstrukturen der Größe nicht adäquat (siehe IM 02/04, „Das Lehrstück“). Lacina glaubt heute, dass auch der Investor Fries von der Fülle an Problemen überrascht wurde. „Er hat aber mit kühlem Kopf reagiert und nicht den schnellen Ausstieg eingeplant.“ Es folgten harte Verhandlungen mit den Gläubigerbanken. Diese konnten nicht zuletzt durch das Einbringen von Kapital durch Fries beruhigt und zur Rückreihung ihrer Darlehen bewogen werden. „Ich habe Dr. Fries als sehr angenehmen Verhandlungspartner erlebt, hart, aber fair“, berichtet einer der Banker, die damals mitzogen. „Er hat nicht mit uns gehandelt, sondern sich schon im Vorfeld genau überlegt, wo unsere Schmerzgrenze liegen könnte.“

Günstig herausgekauft? Die kolportierten Schreiduelle zwischen Fries und dem damaligen Vorstand – und heute noch Aktionär – Rudolf Pauli will Lacina nicht bestätigen.

Rudolf Fries: Die Herausforderungen bei Eybl und seine umstrittene Rolle

„Die harten Auseinandersetzungen – und freundlich waren die Gespräche wirklich nicht – haben unter vier Augen zwischen Pauli und mir stattgefunden.“ Pauli hat übrigens inzwischen die Gesellschaft wegen mangelhafter Information der Gesellschafter geklagt. Auch Kleinaktionärs-Spezialist Wilhelm Rasinger sieht die Fries’sche Rolle bei Eybl in einem nicht ganz ungetrübten Licht. „Rund zehn Prozent Aktien wurden – kurz bevor man mit guten Nachrichten über den sich abzeichnenden Turnaround an die Öffentlichkeit ging – aus dem Firmenbesitz zu einem noch günstigen Kurs an die Fries-Gruppe herausgekauft.

Das wirft einen Schatten auf die sonst vorbildliche unternehmerische Vorgangsweise“, sagt Rasinger. „Denn vorher hat Fries ein ganz wichtiges Signal gegeben, nämlich das Unternehmen nicht gesund zu sparen, sondern am Tiefpunkt durchzustarten – mit einer Vorwärtsstrategie.“

Kurpark Österreich

Auch wenn das Ärgste geschafft ist, die Mühen der Ebene bei Eybl werden Fries noch länger beschäftigen. Die europäische Autokonjunktur bleibt zäh, und in der Zulieferbranche hört man von Unruhe und größerer Fluktuation auf der zweiten Managementebene des Automobilzulieferers. Es kann durchaus sein, dass Fries sein Verhandlungsgeschick auch wieder vor Ort wird einsetzen müssen. Oder trockene, ruhige, besonnene Telefonate führen aus seinem Badener Büro – nur wenige Meter entfernt von den Hasardeuren im gleißend erleuchteten Casino und den gemütlich spazierenden Pensionisten im schattigen Kurpark Österreich. (Reinhard Engel)