Dass finanzkräftige Taiwaner Maschinenbauunternehmen das Kapitel Portfolioergänzung ernst nehmen, kommt auch Anger Machining zugute. Im Vorjahr machte sich Taiwans drittgrößter Maschinenbauer Tongtai mit dem Erwerb von 76 Prozent der Anteile von Klaus Dirnbergers und Dietmar Bahns mbi-group zum Mehrheitseigentümer des Trauner Transferzentrenherstellers – und rettete die Oberösterreicher akut aus der Liquiditätskrise. Tongtai-Chairman Jui-Hsiung Yen, ein agiler Mitdreißiger, sorgte bald mit der Ankündigung für Aufsehen, dass das Anger-Produkt um ein Drittel günstiger werden müsse. "Dass wir wirtschaftlicher werden müssen, ist ja nicht falsch", heißt es dazu aus Traun. Einsparungen seien etwa durch die stärkere Modularisierung der Maschine und noch mehr Standards möglich. Die Annäherung an den neuen Eigentümer haben sich einige im Unternehmen jedenfalls schwieriger vorgestellt, als sie sich derzeit tatsächlich darstellt: Westlich, hemdsärmelig – mit diesen Attributen belegen Mitarbeiter den Stil des neuen Eigentümers. "Wiewohl die Hierarchien vielleicht nicht mehr ganz so flach sind", meint ein Mitarbeiter.
Der Austausch ist jedenfalls rege: "Die Zusammenarbeit mit Tongtai funktioniert reibungsfrei und pragmatisch, wir haben ein starkes Commitment erhalten", heißt es bei Anger. Vor wenigen Wochen erhielten die Trauner Anschauungsmaterial in Form einer Tongtai-Maschine – "es geht darum, das Produkt kennenzulernen", heißt es in Traun. Anfang März ist Anger auf der Tongtai-Hausausstellung in Kaohsiung mit der Transferzentrentechnologie gesetzt. Das Ticket nach Asien ist gelöst: Die Pläne, einen Anger-Maschinentyp preislich an asiatische Marktanforderungen anzupassen, nehmen laut einem Mitarbeiter konkrete Form an. Komponenten könnten dafür aus Taiwan beschafft werden – oder die Fertigung dieser Maschinen zur Gänze nach Taiwan gehen.
Er gilt als Selfmade-Unternehmer, der trotz geringer Schulbildung, dafür aber mit strategisch klugen Übernahmen das Unternehmen zu stattlicher Größe aufgebaut hat: Jimmy Chu, Chairman der taiwanischen Fair Friend Group (FFG), sorgte mit der Übernahme des Maschinenbauers MAG für Aufsehen. Mit Tongtai-Chairman Jui-Hsiung Yen, der sich mit der Mehrheitsübernahme der mbi-group beim Trauner Maschinenbauer Anger Machining Einfluss sicherte, verbindet ihn laut asiatischen Medien mehr als nur eine gut gefüllte Kasse für Übernahmen: Beide werden als hart arbeitende Personen beschrieben, die einen wichtigen Beitrag zur Taiwaner Wirtschaft leisten. Und ihre Unternehmenswerte klingen auch für westliche Maßstäbe keineswegs fremd: bei FFG werden Nachhaltigkeit und Kundensupport großgeschrieben. Zu den wichtigsten Werten für Angestellte zählen die kontinuierliche Verbesserung mit "selbst- und furchtlosem Einsatz".