Rechtstipp : David gegen Goliath – der Fairnesskatalog der BWB

Seit Jahren werden Beschwerden gegen Geschäftspraktiken von Unternehmen mit großer Verhandlungsmacht in der Lieferkette diskutiert, nur wenige Fälle werden gerichtsanhängig gemacht. Oft sind große Einzelhandelsketten involviert, die Preise, Rabatte, Boni und Vertragsbedingungen mit kleinen und mittleren Lieferanten, auch über nationale Grenzen hinweg, verhandeln. Auf EU-Ebene liegt derzeit ein Vorschlag für eine Richtlinie über unlautere Handelspraktiken in Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Lebensmittelversorgungskette vor. Am 22. Oktober 2018 veröffentlichte die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) ihren „Fairnesskatalog für Unternehmen – Standpunkt für unternehmerisches Wohlverhalten“. Der Fairnesskatalog ist unverbindlich und stellt lediglich die Rechtsansicht der BWB dar. Er ist nicht auf bestimmte Branchen begrenzt und die BWB betont, dass wirtschaftliches Ungleichgewicht je nach Branche zugunsten oder zulasten der Lieferantenseite oder der Abnehmerseite bestehen kann.

So werden im Fairnesskatalog unterschiedliche Arten von wohlverhaltenswidrigen Unternehmenspraktiken beschrieben und in Kategorien eingeteilt. Zu den angeführten Behinderungspraktiken gehören Boykotte, Diskriminierung, Absatzbehinderungen, Preiskämpfe, Marktverstopfung, Rabatte und Treueboni durch marktstarke Unternehmen sowie Meistbegünstigungsklauseln bzw. Bestpreisgarantien. Unter die wohlverhaltenswidrigen Ausbeutungspraktiken fallen das Fordern unangemessen niedriger Einkaufspreise, das Anzapfen (z. B. durch ungerechtfertigte Rabatte oder Konditionen), das Ausnützen einer Monopolstellung, Risikoübertragung, benachteiligende Vertragsbedingungen und das Herbeiführen von Rechtsunsicherheit durch Verweigerung von schriftlichen Verträgen und Vorenthalten von Informationen.

Der Fairnesskatalog beschreibt aber auch die bereits im österreichischen Recht verankerten Möglichkeiten, diesen Behinderungs- und Ausbeutungspraktiken entgegenzutreten. Dazu zählen etwa das Kartellgesetz, das Nahversorgungsgesetz, das Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch.

Bei Verstößen gegen das Kartellgesetz oder das Nahversorgungsgesetz können sowohl die BWB als auch das betroffene Unternehmen ein Verfahren vor dem Kartellgericht anhängig machen. Verstöße gegen das Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb und betreffend unwirksamer Vertragsklauseln müssen vor den allgemeinen Zivilgerichten geltend gemacht werden. In verschiedenen Kombinationen können Anträge auf einstweilige Verfügungen und Abstellungsanträge mit Schadenersatzansprüchen eingebracht werden. Schließlich weist die BWB auch auf ihr kürzlich installiertes „Whistleblowing-System“ hin, das es ermöglicht, Beschwerden auch anonym einzubringen.

Weder die von der BWB beschriebenen Praktiken noch die erwähnten Gesetze sind neu. Doch kleinere und weniger aggressive Unternehmen befürchten immer noch Geschäft zu verlieren, wenn sie sich gegen ihre marktstärken Vertragspartner stellen, vor allem wenn der Verlust eines Vertrages den Ruin für einen Lieferanten bedeuten könnte. In dieser Hinsicht haben sich die Zeiten jedoch geändert. Behörden in ganz Europa – darunter auch die BWB – haben die Ernsthaftigkeit derartiger Situationen erkannt und ihre Unterstützung für fundierte Beschwerden angekündigt. Möglicherweise kommt es zu einer erneuten Auseinandersetzung zwischen David und Goliath und dabei ist es nicht unwahrscheinlich, dass auch der Ausgang derselbe sein wird.

Mag. Dieter Hauck ist Rechtsanwalt und Partner bei Preslmayr Rechts­anwälte. Er ist Experte im Kartellrecht.

Konkret bedeutet dies, dass ein Webshop-Betreiber nicht mehr den Webshop-Zugang für Kunden aus einem anderen EU-Mitgliedstaat durch technische Mittel sperren oder auf eine andere Version des Webshops – ohne ausdrückliche Zustimmung des Kunden – weiterleiten darf. Beispielsweise muss es für einen italienischen Kunden künftig möglich sein, Zugang zu dem österreichischen Webshop eines Anbieters zu erhalten. Jedoch wird ein österreichischer Webshop-Betreiber nicht verpflichtet, eine Lieferung nach Italien durchzuführen. Wenn aber ein Webshop-Betreiber bereits Lieferungen nach Italien anbietet oder der italienische Kunde bereit ist, die Ware in Österreich abzuholen, müssen die Lieferbedingungen diskriminierungsfrei ausgestaltet sein und darf die Lieferung nicht verweigert werden.

Webshop-Betreiber können jedoch weiterhin etwa unterschiedliche Preise in einzelnen EU-Mitgliedstaaten festlegen oder den Versand auf bestimmte EU-Mitgliedstaaten beschränken. Zudem bestehen auch wichtige Bereichsausnahmen, wie etwa Dienstleistungen im Zusammenhang mit urheberrechtlich geschützten Werken (z. B. Musik-Streaming). Für das kommende Weihnachtsgeschäft sollten Webshop-Betreiber also prüfen, ob sie durch die Gestaltung ihrer Webshops, in Formularen oder in ihren Bestell- und Lieferbedingungen ausländische Kunden ungerechtfertigt benachteiligen und entsprechende Anpassungen vornehmen.