Logistik : Das sind die spannendsten Logistik-Startups

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Quadratische Funktion

Wie beliefere ich eine Adresse, die es nicht gibt? Vor allem in armen Ländern ist ungenaue oder fehlende Adressierung ein Problem, das Millionen von Menschen von der Teilhabe an grundlegenden sozialen Aktivitäten ausschließt. Die Lösung des britischen Start-ups what3words.com ist verblüffend einfach: Es unterteilte den Globus in 57 Billionen Quadrate von drei Metern Seitenlänge – und wies jedem Quadrat eine Kombination aus drei Worten zu. Die Kodierung ist also in beide Richtungen eindeutig und unverwechselbar, die Wortkombination zudem sehr einfach zu merken. Das System ist über App oder online nutzbar und kann in jede andere App, Plattform oder Website integriert werden. Für NGOs ist what3words kostenlos. Zahlreiche Logistiker setzen das System bereits ein, um die Letzte Meile zu optimieren – und mit Dschibuti hat es vor kurzem der fünfte Staat zu seinem offiziellen Adress-Standard gemacht. Dieser Text entsteht übrigens im Quadrat „endlos.ordern.aufdecken“.

Flächenwidmung

Wie hoch der Anteil leerer oder halbleerer Lkw auf den Straßen tatsächlich ist, darüber gibt es unterschiedliche Schätzungen. Zu hoch, jedenfalls. Das Erfurter Start-up Pamyra.de will das Problem durch die intelligente Nutzung von Leerräumen lösen. Pamyra ist im Grunde eine Frachtenbörse, bietet aber ein entscheidendes Zusatztool: Ein Algorithmus errechnet, ob sich im Einzelfall ein Umweg für die Aufnahme einer zusätzlichen Ladung lohnt. Ist die Antwort ja, wird der freie Laderaum gelegentlichen Privatversendern und kleinen Unternehmen ohne feste Transportverträge angeboten. Und zwar für den Versender kostenlos – die Finanzierung soll über die Partner-Speditionen erfolgen. Bis Ende 2017 will Pamyra in einem ersten Schritt ganz Deutschland abdecken.

Gemeinsam frischer?

Der Einstieg von Amazon in die Lebensmittellieferung macht angesichts seiner regionalen Begrenztheit beachtlichen Wind. Unternehmen wie das Berliner fliit.de stellen dem das Modell des Lebensmittel-Zustelldienstes für unterschiedliche Händler entgegen. Postdienste – auch die heimische Post – bieten das zwar ebenfalls, doch fliit will das mit gesteigertem Kundenservice toppen: In Kooperation mit mehreren KEP-Diensten bietet das Unternehmen den Kunden frei wählbare Zeitfenster, Live-Tracking, kurzfristiges Reagieren auf Änderungs-Wünsche oder auch Branding der Zusteller in der CI des jeweiligen Retailers. Den Kurierdiensten beziehungsweise selbstständigen Kurierfahrern verspricht fliit, Tourenplanung und Versandabwicklung komplett zu übernehmen.

Durchblick

Mit dem Aggregieren und Darstellen von Daten haben die beiden eine gewisse Erfahrung. Gernot Singer und Harald Kovacs betreiben seit 2010 die Immobilien-Metasuchmaschine immosuchmaschine.at, und auch eine Preisvergleichs-Seite für gebrauchte iPhones geht auf ihr Konto. Mit PaketCheck.at bieten sie nun einen Versandkostenvergleich für die Angebote von DHL, DPD, GLS, Hermes und der Österreichischen Post. Angesichts der sehr unterschiedlichen Tarifstrukturen lohnenswert, wie Gernot Singer erklärt: „Da teilweise die Größe, teilweise das Gewicht vorrangig für den Preis entscheidend sind, ist ein manueller Vergleich der Angebote umständlich.“ Die Tarife werden täglich automatisiert abgeglichen. Beim Inlandsversand eines Druckers etwa zeigt der Vergleich Preisunterschiede bis zu 31,3 Prozent, beim klassischen Care-Paket von Oma (5 Kilo Marmeladengläser) sind es 54,5 Prozent. Neben Inlandstarifen kann man über Paketcheck auch Auslandstarife nach Deutschland eruieren (wohin rund 70 Prozent der Auslandspakete gehen). Eine eigene Suchfunktion ermöglicht die Auswahl „Nur Shop-Tarife“. Als nächsten Schritt planen die beiden Gründer die Implementierung eines Filial-Finders. Ob es mittelfristig die Möglichkeit der direkten Bestellung geben wird, lässt Gernot Singer offen: „Wir wollen uns zunächst auf die Optimierung des Bestehenden konzentrieren.“

Erster Schritt

An der Last Mile arbeiten sich viele ab. Das Wiener Start-up byrd (getbyrd.com) setzt am anderen Ende an: am Moment, in dem irgendwo ein Privat- oder Geschäftskunde etwas verpackt, um es zu versenden. Wer auf ersteres keine Lust hat, kann nun über die byrd-App den Gegenstand fotografieren, der wird daraufhin von einem Kurier abgeholt, im Lager der Firma transportsicher verpackt und dann über den Kooperationspartner Post verschickt. Für Abholung, Verpackung und Verpackungsmaterial fallen derzeit Kosten von 4,90 Euro zusätzlich zum Post-Tarif an. byrd arbeitet an sechs Tagen in der Woche und verspricht die Abholung auf 30 Minuten genau. Nach der Ausweitung auf das gesamte Wiener Stadtgebiet haben die byrd-Gründer weitere Städte im Visier.

Luftburgen

Noch sind es eher Überschriften denn Konkretes, und die Website dient aktuell vor allem der Suche nach Mitarbeitern. Doch was das kalifornische Unternehmen Natilus.co plant, zeigt, in welchen Dimensionen manche Startups denken: Natilus will eine Transportdrohne für den interkontinentalen Warentransport bauen. 17 Mal schneller als das Schiff und halb so teuer wie Luftfracht, soll die autonom agierende Frachtdrohne von der Größe einer Boeing Triple-Seven in rund 30 Stunden Atlantik oder Pazifik überqueren.

Die angepeilte Kapazität liegt bei rund 90 Tonnen Cargo. Erwartete Frachtkosten: rund 130.000 Dollar pro Flug. Geplante Flughöhe: 20.000 Fuß, also deutlich unter der Reiseflughöhe von Passagiermaschinen. Angetrieben wird der Riese von Turboprop- und Mantelstromtriebwerken. Laut US-Medien hat sich das Unternehmen 750.000 Dollar an Venture Capital geholt.

Da über bewohntem Gebiet keine Flugfreigabe zu erwarten ist, soll der Riese auf dem Wasser starten und landen. Im März berichteten US-Medien, dass noch im Sommer 2017 ein deutlich verkleinerter Prototyp getestet werde. Der soll eine Ladung von rund 300 Kilogramm zwischen Los Angeles und Hawaii transportieren. Firmengründer Aleksey Matyushev wird mit der Aussage zitiert, Natilus wolle eines Tages Hunderte von Drohnen bauen – und diese unter anderem an die großen Paketdienste verkaufen. Denkbar sei auch, einige von ihnen selbst als Fracht-Fluglinie unter dem Logo des jeweiligen Kunden zu betreiben.

Bis 2020 sollen die ersten Natilus-Prototypen in Originalgröße abheben.