Eventmanagement : Das Morgen hat begonnen

Seit Jahrzehnten geübte Praxis in der Star-Wars-Saga: Per dreidimensionalem Hologramm nehmen Menschen an Veranstaltungen in weit entfernten Gegenden des Universums teil. Dank Virtual Reality (VR) dürfte dies schon in naher Zukunft auch auf unserem Planeten möglich sein. Experten sind sich sicher: In wenigen Jahren muss niemand mehr in den Zug oder ins Flugzeug steigen, um bei Konferenzen dabei zu sein. Nicht mehr über Bildschirme, sondern mit dreidimensionalen Avataren, die sprechen, hören, gehen und gestikulieren können, kann dann kommuniziert werden.

Noch klingt die Vorstellung futuristisch, doch klar ist: Zunehmende Technisierung und Digitalisierung werden den Charakter von Konferenzen, Seminaren und Messen in Zukunft dramatisch verändern. So hat etwa unser Streben nach Nachhaltigkeit das Zeug, das "Look and Feel" von Events zukünftig deutlich zu modifizieren. Auch der demografische Wandel verlangt nach Antworten und stellt Eventmanager vor Herausforderungen. Starre Veranstaltungsformate dürften sich auflösen – und Interaktion zum Schlüsselbegriff werden: Frontalvorträge sind passé. In der Zukunft zählen Innovation, Kreativität, Abwechslung und persönliche Weiterentwicklung. Ein Blick in die Zukunft.

Dior macht’s vor

Bereits 2016 könnte der entscheidende Durchbruch im Bereich Technisierung stattfinden: Dann kommt die nächste

Generation von Virtual-Reality-Brillen auf den Markt. Diese erlauben, die Wirklichkeit in einer in Echtzeit computergenerierten interaktiven virtuellen Umgebung wahrzunehmen. Bis jetzt galten die klobigen HMDs (Head-Mounted Displays) als Spielzeug für Gamer und Technik-Freaks. In Zukunft werden sie die Lieblinge der Veranstaltungsindustrie sein: Schon jetzt wird Virtual Reality bei Seminaren für Mediziner eingesetzt, um komplexe Operationen für die Teilnehmer zu simulieren. Das Modehaus Dior lässt seit Juni 2015 Kunden in ausgewählten Geschäften über eigens entwickelte VR-Brillen an Fashion Shows teilnehmen.

Vor allem für die Messebranche hat VR großes Potenzial: Man kann Produkte viel begreifbarer, kreativer und emotionaler präsentieren und sogar virtuelle Unternehmensrundgänge anbieten. Diese neuen Präsentationsmöglichkeiten sowie 360-Grad-Videos, bei denen man das Gefühl hat, hautnah dabei zu sein, bieten einen ersten Vorgeschmack auf die Zukunft. Man muss jedoch im Kopf behalten, dass jegliche Technisierung und Virtualisierung Fragen nach Datenschutz und korrektem Umgang mit Informationen auf- wirft – auch hier müssen die Veran- stalter innovative und überzeugende Antworten finden.

Green Events, Grey Events

Wer gedanklich 25 Jahre zurückstreift, wird realisieren, wie sehr uns Nachhaltigkeitsideen in den letzten Jahren geprägt haben. Dass sich diese Entwicklung fortsetzt, daran besteht unter Experten kein Zweifel. Nur für Mülltrennung, Energiesparideen und einer gratis Öffi-Karte zur Veranstaltung bekommt heute kein Eventmanager mehr ein Nachhaltigkeits-Abzeichen an die Brust geheftet: Der Verzicht auf Papier und Give-aways oder nachhaltiges Catering mit Vegetarischem gehören heute ebenfalls zum Angebot wie die Förderung sozialer und kultureller Initiativen.

Der demografische Wandel und ein neues Familienbild werden sich übrigens auch in der Eventbranche deutlich machen, meinen Experten: Barrierefreiheit, leichte Erreichbarkeit und Virtualisierung helfen, Menschen einzubinden. Gleichzeitig wird auch Kinderfreundlichkeit ein immer größeres Thema: Gerade für Alleinerzieher stellen mehrtägige Events sonst ernsthafte Probleme dar.

Alles außer konventionell

Wie die Schulbildung muss sich auch die Fortbildungsbranche auf die geänderten Informationsbedürfnisse einstellen: Informationen und Analysen sind heute, selbst hochspezialisiert, auf Knopfdruck verfügbar, spannende Diskussionen on demand abrufbar. Stundenlange Frontalvorträge, wie sie noch vor Jahrzehnten üblich waren, werden auch für Eventplaner in Zukunft der Vergangenheit angehören.

Frische Konzepte gibt es längst: Zum Beispiel Pecha Kucha, ein 2003 in Tokio entwickeltes Präsentationsformat, bei dem die Referenten genau 20 Powerpoint-Folien für ihre Präsentationen zur Verfügung haben. Das Besondere daran: Nach jeweils 20 Sekunden wechseln die Folien automatisch. Es gibt keine Möglichkeit, zu stoppen – und keine Möglichkeit, zu überziehen.

Im Gegensatz dazu geht es bei der World-Café-Methode darum, in lockerer Atmosphäre gemeinsam neue Ideen und Ansätze zu sammeln: Dafür wird ein kaffeehausähnliches Setting mit vielen kleinen Tischen aufgebaut, in dem sich die Teilnehmer frei bewegen und in kleinen Gruppen diskutieren können – ihre Ideen notieren sie auf am Tisch befestigten Flipcharts, damit die nächsten Tischbesucher damit weiterarbeiten können.

Oder überlegen Sie, BarCamps (auch Unkonferenzen und Ad-hoc-Nichtkonferenzen genannt) einzubringen: Das sind offene Tagun- gen, deren genaue Inhalte und Programmpunkte zu Beginn von den Teilnehmern selbst entwickelt und im Laufe der Veranstaltung gestaltet und präsentiert werden.

Ende der Schublade

Pecha Kucha und World-Café sind auch gute Bei- spiele dafür, wie man starre Veranstaltungsstrukturen aufbrechen kann. Mit inhaltlichem Schubladendenken kommen Eventmanager zukünftig nämlich, da sind sich Experten sicher, nicht mehr weit: Hybridveranstaltungen lösen immer öfter klassische Veranstaltungsformate ab, Kombinationen sorgen für die nötige Abwechslung.

So finden etwa bei der Leipziger Buchmesse zeitgleich mit der Ausstellung im Rahmen von "Leipzig liest" verschiedenste literarische Events in der ganzen Stadt statt, um das Angebot auf der Messe zu ergänzen und sich von anderen Buchmessen unter- scheiden zu können.

Einen etwas anderen Weg wählen Konferenzveranstalter mit sogenannten Science Slams. Bei diesen Wettbewerben können Experten ihre Forschungsthemen innerhalb einer vorgegebenen Zeit (5–10 Minuten) möglichst unterhaltsam in populärwissenschaftlicher Sprache vortragen. Den Experten ist erhöhte Aufmerksamkeit garantiert – und den Teilnehmer freut’s, wenn das klassische Vortragsgeschehen kontrastiert wird. (Lisa Schwarzenauer)