D&O-Versicherungen : Das leisten Manager-Haftpflicht-Versicherungen

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Georg Aichinger hat sich mittlerweile an den Umstand gewöhnt. „Vielen Führungskräften ist gar nicht bewusst, dass sie in einer Leitungsfunktion ganz anders und strenger haften als in einem normalen Dienstverhältnis als Angestellter“, beobachtet der Geschäftsführer der Koban Soldora GmbH, der sich seit Jahren mit dem Thema befasst. Manager trifft eine persönliche und unbeschränkte Haftung für Pflichtverletzungen, die sie bei der Ausübung ihrer Tätigkeit begehen. „Letztlich können sie auch der Höhe nach unbeschränkt für eintretende Vermögensschäden in Anspruch genommen werden“, so Aichinger.

Damit das im Fall der Fälle nicht in einer Privatinsolvenz endet, gibt es in Österreich seit etwa Mitte der 80er Jahre dafür das passende Versicherungsprodukt: die Managerhaftpflichtversicherung, auch D&O (Directors & Officers) Versicherung genannt. Geschäftsführer, Vorstände, Aufsichtsräte, Prokuristen oder Compliance Officer können sich damit gegen eine Inanspruchnahme wegen aufgetretener Vermögensschäden wappnen.

Eine solche Versicherung ersetzt einerseits die Abwehrkosten von unbegründeten Haftpflichtansprüchen und andererseits die Kosten zur Befriedigung berechtigter Ansprüche bei Pflichtverletzungen. Zum Wachstum des Geschäftsfelds trägt die wachsende Klagefreudigkeit bei. „Die Anspruchsmentalität und das Begehrlichkeitsverhalten haben sich ganz klar verändert“, so Aichinger. Es kann sehr rasch passieren, dass man als Führungskraft in die Schusslinie gerät. Dann ist eine D&O Versicherung Goldes wert.

Bei einem INDUSTRIEMAGAZIN-Test von 2017, der wissen wollte, wie gut oder schlecht man am Markt für Managerhaftpflichtversicherungen bedient wird, gab es ein erstes AHA-Erlebnis: Etwa die Hälfte der angefragten Versicherungen oder Makler wollten gar kein Offert legen – „aus risikopolitischen Gründen“. Eine Erfahrung, die auch Experte Aichinger als Spezialversicherungsmakler für D&O immer wieder macht: „Ein und dasselbe Risiko wird oft unterschiedlich beurteilt.“

Aus Erfahrung weiß Aichinger, dass die Risikobewertung der Anbieter häufig mit einer Google-Suche beginnt. Finden sich darin negative Berichte zum Unternehmen oder deren Organe, kann das zu einer höheren Prämie oder Nichtlegung eines Angebots führen.

Was in der Regel nicht versichert wird

Die wichtigsten risiko- und prämienrelevanten Informationen sind jedoch Branche, Umsatz, Gewinn, Eigenkapitalquote, wie lange das Unternehmen bereits besteht und ob es Haftungsrisiken aus den USA gibt. „Da der Hauptanwendungsfall für die Organhaftung die Insolvenz ist, sind die finanziellen Kennzahlen natürlich immer maßgeblich“, meint Andreas Schuberth, Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten aus Wien. Risiken aus den USA schließen die Versicherer in aller Regel aus, da es dort bekanntlich zu enormen Schadensersatzforderungen kommen kann.

Manche Branchen bekommen grundsätzlich gar keine D&O-Angebote. HISCOX schließt beispielsweise Finanzdienstleister wie Banken oder Versicherungen, Parteien, Fluggesellschaften, Speditionen, Tabakhersteller, Pharmaunternehmen, Biotechs, Anwälte, Steuerberater, Architekten oder Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energie aus. Hat man das Pech, in einem dieser Bereiche tätig zu sein, muss man sich einer „speziellen Risikoprüfung“ unterwerfen.

Die Offerte, so Aichinger, müssen auf jeden Fall nachverhandelt werden. „Oft ist das, was man am Anfang bekommt, noch gar nicht das, was möglich wäre“, so der Experte. Auf alle Fälle ist aber nicht der Preis allein entscheidend. „Es gibt keinen billigen Jakob und keinen wirklich teuren“, meint Schuberth. Die Prämienvorstellungen schwanken sehr, und es gibt immer wieder Versicherer, die neu auf den Markt kommen und versuchen, Marktanteile zu gewinnen. Außerdem, so Schuberth, soll man sich genau ansehen, was in der Leistungspalette enthalten ist. Entscheidend ist für ihn ein kurzer Ausschlusskatalog: „Wenn man USA-Bestimmungen einmal außen vor lässt, bleibt als einziger Ausschluss oft nur noch die wissentliche oder vorsätzliche Pflichtverletzung.“ Andere Leistungsausschlüsse sind Abweichungen vom Standard.

Und die D&O gelte auch als "relativ beratungsintensive Versicherungsart, und als durchschnittlicher Versicherungsnehmer ist es nicht einfach, eine Auswahl zu treffen“, erklärt Schuberth.

Gute D&O-Deckungen beinhalten heute auch die Mitversicherung des operativen Risikos der Organe. Lange Zeit waren Organe nur in genau dieser Organfunktion versichert, sobald sie operativ tätig waren, stand das nicht mehr unter Versicherungsschutz. Das führte in der Vergangenheit immer wieder zu Abgrenzungsproblemen, etwa wenn ein Bankvorstand eine Kreditentscheidung treffen musste. Fiel der Kredit dann aus, konnte man trefflich darüber streiten, ob der Vorstand als Organ oder in seiner operativen Funktion gehandelt hat.

Wie die Qualität eines Offerts beurteilen?

Wie kann man als Endkunde aber nun die Qualität einer D&O Polizze beurteilen? Laut Aichinger ist das für Laien und „normale“ Makler, die sich nicht auf das komplexe Produkt der Managerhaftpflicht spezialisiert haben, ganz, ganz schwierig. Auch er ist damit konfrontiert, dass die Fälle immer unterschiedlicher werden, vor allem was die Schadensbearbeitung anbelangt.

Hinzu kommt, dass sich die Standardbedingungswerke der Anbieter häufig ändern. Aichinger: „Zum Teil gibt es da jährliche Änderungen, wenn man da nicht am Laufenden ist, kann es sein, dass man das gar nicht mitbekommt, etwa eine Verschlechterung im Wording. Auch die Geschäftspolitik der Versicherer ändert sich ständig. Risikofreudige Versicherer werden auf einmal restriktiv und umgekehrt.“ Eine Volatilität, die auch für die Preispolitik der Anbieter gilt.