Nutzfahrzeuge : Daimler rechnet heuer bei Nutzfahrzeugen mit Gegenwind

Daimlers Truck-Vorstand Wolfgang Bernhard rechnet auch auf dem wichtigen Heimatmarkt Europa mit einem schwierigen Umfeld. Nach plus 17 Prozent bei den Verkäufen bis zum Juli lasse sich dieses Niveau in Richtung Jahresende sicherlich nicht halten, sagte er anlässlich der Branchenmesse IAA in Hannover.

Die Order in den Auftragsbüchern ließen nach, was Daimler vorsichtig stimme. "Es gibt keinen Grund zur Alarmstimmung", meinte Bernhard. Aber die jüngste Lage stimme ihn eindeutig zurückhaltender.

Gewinn vor Zinsen und Steuern soll 2016 "erheblich" sinken

In Übersee kämpft Daimler bereits wie die gesamte Branche an vielen Fronten mit Problemen. Der wichtige Markt Brasilien etwa liege quasi am Boden. Auch in Indien, wo Daimler vor einigen Jahren ein eigenes Lkw-Werk hochzog, sei das Wachstum im dritten Quartal zum Erliegen gekommen. Die indische Regierung will eine bundesweit einheitliche Mehrwertsteuer einführen - wann und wie hoch, ist aber noch nicht klar. Das verunsichere die Kunden, sagte der Daimler-Manager.

Wegen des Gegenwinds hatte Daimler die Prognose seiner Nutzfahrzeuge bereits vor kurzem gekappt. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern werde 2016 "erheblich" sinken. "Erheblich heißt mehr als zehn Prozent Rückgang", sagte Bernhard. Der globale Absatz werde unter 500.000 Einheiten fallen. Verglichen mit ähnlichen Jahren in der jüngeren Vergangenheit stehe Daimler aber beim Gewinn besser da. "Wir haben mehr Wasser unterm Kiel. Wir sind robuster", sagte Bernhard.

Sparte bei den Marktanteilen gut im Rennen

Bei den globalen Marktanteilen sieht der Manager die Daimler-Sparte gut im Rennen. Im wichtigen nordamerikanischen Markt habe man diesen im bisherigen Jahresverlauf um 2,5 Prozentpunkte auf 41,1 Prozent gesteigert, in Deutschland um 3 Prozentpunkte auf 36,6 Prozent. In Indonesien laufe es dagegen etwas schwächer. Dort werde sich Daimlers Nutzfahrzeugsparte "neu aufstellen", kündigte Bernhard an, ohne Details zu nennen. Einzelheiten folgten in den nächsten Wochen.

Die Kampfansage von VW-Nutzfahrzeugchef Andreas Renschler gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber Daimler sieht Bernhard gelassen. Renschler will VW zum "Champion" im Nutzfahrzeuggeschäft machen und damit den Weltmarktführer Daimler überholen. Bernhard dazu: Daimler sei mit seiner Plattformstrategie zu einer effizienten Produktion schon weit fortgeschritten. VW steckt dagegen mit seinen lange Zeit rivalisierenden Töchtern MAN und Scania damit erst in den Anfängen. Vor gut zwei Jahren hatte Renschler Daimler für den Wechsel nach Wolfsburg verlassen.

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Kürzlich hatte VW ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem US-Lkw-Bauer Navistar angekündigt. Der Konzern will auf dem wichtigen US-Markt unter anderem mit einem gemeinsam entwickelten Motor wettbewerbsfähigere Zugmaschinen anbieten. In drei Jahren soll bei Navistar ein Motor von VW eingesetzt werden.

Daimler werde dagegen bis 2020 nicht nur beim Motor, sondern auch bei Fahrwerk, Getrieben und der Elektronik für die regional unterschiedlichen Produkte einheitliche Plattformen haben, sagte Bernhard. Die Partnerschaft von VW und Navistar habe Daimler nicht überrascht. "Wir sehen das seit zwei Jahren kommen", erklärte der Daimler-Manager. "Selbstverständlich haben wir großen Respekt vor allen Wettbewerbern und beobachten all diese Entwicklungen mit großem Interesse." (APA/dpa/red)