F&E zu Covid-19 : Coronavirus: TU Wien entwirft einfaches Sauerstoff-Gerät

Gföhler Harasek TU Wien
© Luiza Puiu

Der österreichweite Lockdown hat vor allem ein Ziel: Die Intensivstationen nicht zu überlasten, denn diese haben nur eine begrenzte Zahl an Beatmungsgeräten. An der TU Wien wurde daher nun ein Sauerstoffgerät entwickelt, das auf einfachen, vielfach erprobten Komponenten beruht und in wenigen Tagen fertiggestellt werden könnte. Die Luft, die von einem handelsüblichen Kompressor kommt, wird mit einer speziellen Membran mit Sauerstoff angereichert. Diese sauerstoffreiche Luft kann dann Patienten mit starken Lungenbeschwerden beim Atmen helfen. Damit ließe sich eine Intubation und eine Beatmung mit einem herkömmlichen Beatmungsgerät verzögern oder ganz vermeiden. Je nach eingesetzter Kompressor- und Membrantrennkapazität könnte ein einzelner Aufbau 20 Personen und mehr gleichzeitig versorgen.

Der Entwurf für das neuartige Sauerstoffgerät stammt von Margit Gföhler, Leiterin des Forschungsbereichs für Biomechanik und Rehabilitationstechnik am Institut für Konstruktionswissenschaften und Produktentwicklung an der TU Wien und Michael Harasek, der sich am Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften seit vielen Jahren mit Membrantechnologie beschäftigt. Medizinisch beraten wurden sie dabei vom Beatmungsspezialisten Alexander Aloy, der Intensivmediziner und Lektor an der TU Wien ist.

Mehr Sauerstoff, höherer Druck

Wenn die Lunge den Körper nicht mehr mit ausreichend viel Sauerstoff versorgen kann, muss sie unterstützt werden. Im Extremfall muss man intubieren und ein Beatmungsgerät verwenden. In vielen Fällen ist es aber ausreichend, die Funktionsfähigkeit der Lunge zu unterstützen, indem man die Patienten mit einem ausreichend starken Luftstrom mit hohem Sauerstoffgehalt versorgt. Genau das lässt sich mit einem relativ einfachen Konzept erreichen.

„Die meisten Komponenten unseres Geräts findet man in einem ganz gewöhnlichen Baumarkt“, sagt Margit Gföhler. Nötig ist ein ölfreier Kompressor, ein Luftfilter, die Verrohrung und ein Behälter zum Befeuchten der Luft – und ein Modul mit einer Spezialmembran zum Erhöhen des Sauerstoffanteils. „Diese Membran ist der einzige nicht ganz alltägliche Bauteil – aber auch diese Membranen sind in der Industrie heute nichts Ungewöhnliches, sie sind kommerziell erhältlich und in ausreichender Menge verfügbar“, ist Michael Harasek überzeugt.

Sauerstoff kommt aus Umgebungsluft

Harasek arbeitet schon lange an Membrantechnologien zum Trennen von Gasen: „Normalerweise leitet man Luft durch eine solche Membran, um Stickstoff zu gewinnen und den Sauerstoff abzuscheiden. Das ist eine schon lange bekannte Technik. Wir müssen dieses Prinzip hier einfach nur umkehren: Wir verwenden nicht den Stickstoff, sondern den angereicherten Sauerstoff.“ Man erreicht so eine Sauerstoffkonzentration von etwa 40 Prozent. Die Luft wird dann temperiert und befeuchtet und mit erhöhtem Druck über zwei Silikonschläuche oder einer Atemmaske in die Nase des Patienten oder der Patientin geleitet. Ein einziger Kompressor kann sauerstoffangereicherte Atemluft für mehrere kranke Personen liefern.

Ein entscheidender Vorteil des Geräts ist, dass es ohne Sauerstoffflaschen auskommt – der Sauerstoff kommt einfach aus der Umgebungsluft. „Das ist wichtig, weil es für das Krankenhauspersonal sehr schwierig ist, immer im Auge zu behalten, welche Sauerstoffflaschen getauscht werden müssen. Und auch die Versorgung mit einer ausreichenden Zahl an Sauerstoffflaschen kann schwierig werden“, sagt Michael Harasek.

„Wir sind bereits mit Firmen im Gespräch, die sich für diese Technik interessieren“, sagt Margit Gföhler. „Aus unserer Sicht ist es technisch jedenfalls möglich, solche Geräte in kurzer Zeit in Betrieb zu nehmen, falls es nötig sein sollte und die derzeit in den Krankenhäusern verfügbaren Technologien nicht mehr ausreichen.“

Das Gerät ist zwar neu, aber der Effekt, den es leistet, ist eine medizinisch anerkannte Maßnahme: „Wir wissen, dass die Gabe von mit Sauerstoff angereicherter Luft bei COVID-19-Kranken mit Atemproblemen sehr hilfreich sein kann“, so Aloy.